Synagogengemeinden (Judenschaften) 685
Durch diese Bestimmung soll verhindert werden, gegen Verwaltungsvorschriften eine Ordnungs-
daß die Waren als zuckerhaltige in den Handel strafe von 1 bis zu 300 4t vorgesehen (§8 7—10
gebracht werden. Der Wiederverkauf ist nur des G.).
Apothelen gestattet, die aber dabei ihrerseitsst Ent ädigung der Süßstoff-
gleichfalls vorstehenden Beschränkungen unter- fa n rike z aei dach die Einführung 1 Bt
worfen sind. Für Waren, die sich nicht als stoffmonopols der unter a erwähnten Fabrik ge-
Nahrungs= und Genußmittel darstellen, gelten schädigten Süßstoffabriken haben eine vom B.
diese Beschränkungen nicht. Es dürfen daher nach bestimmten Regeln unter Ausschluß des
5. B. kosmetische Mittel, die unter Verwendung Rechtsweges festgestellte Entschädigung erhalten.
von Süßstoff hergestellt werden, von den Her-Eine solche — von geringerem Betrage — er-
stellern an beliebige Wiederverkäufer, z. B. hielt auch jene Fabrik, da auch sie infolge der
Drogisten, abgegeben und von diesen weiter Verminderung des Absatzes an Süßstoff sowie
vertrieben werden (§§ 2, 5 des G.; Ausfest. der Kontrollmaßregeln des Gesetzes eine Ein-
§§ 9 Abs. 3, 12, 11—17). Bezüglich der Waren, buße erleidet. Die Fabriken waren gehalten,
bei deren Herstellung die Verwendung von einen gewissen Teil ihrer Entschädigung an die-
Süßstoff gemäß §# 7 Abs. 5 der Auss Best. höheren jenigen Beamten und Arbeiter abzugeben, die
Ortes gebilligt worden ist (b 2 3) — z. B. infolge des Verbotes der Herstellung von Süß-
Saccharin-Struchningetreide (Abg3 Bl. 1903, stoff entlassen werden mußten (§ 11 des G.).
210), Zahnpulver, Zahnseife, Zahn= und Mund- lep, Die deutsche Sühstolsaesetgebung, Tübingen
wasser, Lebertran, Rizinusöl (a. a. O. S. 439), 1904„ Rheinboldt in der Zeitschrift für Zollwesen
Kolapastillen (a. a. O. S. 505), aromatisches und Reichssteuern, 1903, 101.
Jodeisensesamöl (a. a. O. S. 510), Hämalbumin- Synagogengemeinden (Indenschaften) sind
essenz (Abg BBl. 1904, 143) — vgl. das Nähere öffentlichrechtliche Vereinigungen der in einem
Abg BBl. 1905, 754. Die Verwendung von bestimmt abgegrenzten Bezirke wohnenden
Süßstoff oder füßstoffhaltigen Waren, die der Juden zum Zwecke der Befriedigung ihrer
Verbraucher von algabeberechtigten Per= gemeinsamen religiösen Bedürfnisse (Kultus,
sonen bezieht, ist ohne Einschränkung gestattet. Begräbnisplätze usw.). Die Bildung der S. be-
JInsbesondere ist es zulässig, die nach b in be= ruht danach auf dem Lokalprinzip; Verbände
liebiger Menge aus Apotheken beziehbaren der S., wie sie in anderen Staaten und auch
Süßstofftabletten im Haushalt an Stelle vonF zum Teil in den neueren Provinzen bestehen,
Zucker zu verwenden. Ob diese Regelung nicht sind in den älteren Provinzen nicht eingeführt.
eine Gefährdung des Aufkommens an Zucker= Die Bildung der S. beruht in den alten
steuer in sich schließt, muß abgewartet werden. Provinzen auf dem G. vom 23. Juli 1847
d) Ausfuhr von Süßstoff. Daß der über die Verhältnisse der Juden (GS. 263)
Fabrik Fahlberg, List & Co. die Ausfuhr von §§ 35 ff. (Wegen der Prov. Posen s. V.
Süßstoff bei Einhaltung bestimmter Förmlich-vom 1. Juni 1833 — GS. 66; KabO. vom
keiten freisteht, wurde bereits unter a angeführt. 24. Juni 1844 — GS. 259; G. vom 23. Juli
Im übrigen ist die Ausfuhr unbeschränkt ge- 1847 §§ 68 ff.; G. vom 24. Mai 1869 — GS. 838;
stattet; insbesondere greifen für die Ausfuhr G. vom 28. Juli 1876 — GS. 353 — PFT7.) Die
von süßstoffhaltigen Waren die für den Ver= Bildung erfolgt nach Anhörung der Beteiligten
kauf esolcher Waren sonst vorgesehenen Be= durch den Regierungspräsidenten (in Berlin
schränkungen nicht Platz (AusfBest. § 16 Abs. 3). den Polizeipräsidenten), welcher auch mit der
e)Strafvorschriften. Souweit nicht gleichen Maßgabe über die Auflösung der S.,
nach den unter a bis c erwähnten Bestimmungen die Anderung ihrer Bezirke und die Errichtung
die Herstellung von Süßstoff oder dessen Zu-= von Filialgemeinden Bestimmung trifft (8§ 36
setzung bei der gewerblichen Herstellung von a. a. O.; s. auch § 53). Die einzelnen S. besitzen
Nahrungs= oder Genußmitteln, oder die Ein= in bezug auf ihre Vermögensverhältnisse die
fuhr, das Freihalten oder der Verkauf von Rechte juristischer Personen (§ 37). Die S
süßstoffhaltigen Nahrungs= oder Genußmitteln wird durch einen aus mindestens 3 und höchstens
gestattet ist, sind diese Handlungen mit Strafe 7 Mitgliedern bestehenden Vorstand und eine
bedroht. Bei vorsätzlichen Zuwiderhandlungen aus mindestens 9 und höchstens 21 Mitgliedern
tritt, insofern nicht die Bestimmungen des bestehende Repräsentantenversammlung vertre-
VBG., insbesondere also dessen Strafvorschriften ten (§§ 38—40). Die Repräsentanten und eine
wegen Verletzung von Einfuhrverboten, Platz ebenso große Anzahl von Stellvertretern werden
greifen, Gesängnis bis zu 6 Monaten und Geld= von den männlichen, volljährigen, unbescholte-
strafe bis zu 1500 4 oder eine dieser Strafen, nen Mitgliedern der S., welche sich selbständig
bei fahrlässigen Zuwiderhandlungen Geldstrafe ernähren und mit der Entrichtung der Abgaben
bis 150 oder Haft ein. Neben diesen Strafen für die S. während der drei letzten Jahre nicht
nötigenfalls aber auch unabhängig von ihnen, im Rückstand geblieben sind, gewählt, und zwar
kann auf Einziehung erkannt werden. An Stelle auf sechs Jahre; alle drei Jahre scheidet die
der Einziehung ist im Falle der Unausführbar-] Hälfte aus. Die Repräsentantenversammlung
keit bei vollendetem Süßstoffschmuggel auf Wert= wählt den Vorstand. Die Amtsdauer der Vor-
ersatz zu erkennen (RG. vom 28. April 1908 — standsmitglieder, deren Wahl der Genehmigung
AbgBBl. 296). In ähnlicher Weise wird der- des Regierungspräsidenten unterliegt, ist in
jenige bestraft, in dessen Besitz oder Gewahr= gleicher Weise geregelt (§§ 41—43). Der Vor-
sam Süßstoff in Mengen von mehr als 50 g stand führt die laufende Verwaltung, stellt die
gefunden wird, wenn er nicht den Bezug des Verwaltungsbeamten an und hat die Gemeinde
Süßstoffes von einer zur Abgabe befugten nach außen zu vertreten. Die Repräsentanten-
Person nachweist. Außerdem ist für Verstöße versammlung überwacht die Verwaltung des