Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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wo übrigens der T. „Erneuerungsschein“ genannt 
wird, dem Inhaber neue Zinsscheine nicht verab- 
folgt, sondern sie müssen gegen Vorlegung der 
Schuldverschreibung an deren Inhaber ausge- 
händigt werden. Vgl. im übrigen Zins- 
scheine; Kraftloserklärung von 
Inhaberpapieren: Inhaberpa- 
piere; wegen der Besteuerung s. Reichs- 
stempelsteuer IIau... 
Talsperren. Besondere gesetzliche Bestimmun- 
gen bestehen nur für die genossenschaftliche 
Ausführung von Talsperren'(Sammelbeckenhan- 
lagen (s. Wassergenossenschaften VII). 
Auch das schles. Hochwassergesetz vom 3. Juli 
1900 (GS. 171) sieht die Errichtung von T. 
vor. Man versteht unter T. künstliche Anlagen, 
die vermittelst Sperrdämmen oder Sperrmauern 
das Wasser eines Wasserlaufs aufstauen und 
dadurch die Ansammlung großer Wassermassen 
herbeiführen. 
Zeit, aber erst seit etwa 20 Jahren hat, nament- 
lich durch den verstorbenen Professor Jutze in 
Aachen gefördert und betrieben, der Talsperren- 
bau in Preußen einen erheblichen Aufschwung 
genommen. Die seitdem besonders im Westen 
der Monarchie und in Schlesien ausgeführten 
oder in Angriff genommenen T., einzelne mit 
Fassungsräumen von 50 Mill. Kubikmeter, sind II 
großartige technische Anlagen und scheinen auch 
im Erfolge den an sie gestellten Erwartungen 
zu entsprechen. Die durch die T. bewirkte An- 
sammlung des Wassers kann dem Zwecke der 
Wassernutzung dienen, namentlich der 
Gewinnung von Betriebswasser oder von Speise- 
wasser (für Schiffahrtsstraßen) in regenarmen 
Zeiten, oder dem des Wasserschutzes. Für 
den ersteren Zweck muß das Talsperrenbecken 
regelmäßig gefüllt erhalten werden; soll dagegen 
der Zweck des Hochwasserschutzes erreicht werden, 
so muß das Becken möglichst geleert sein, um 
einen möglichst großen Teil des Hochwassers 
vorübergehend aufnehmen zu können. Beide 
Zwecke nebeneinander lassen sich also nur un- 
vollkommen erreichen, und wenn eine Anlage 
beiden dienen soll, muß eine klare Bestimmung 
darüber getroffen werden, welcher von beiden 
der überwiegende sein soll. Dieser Gesichts- 
punkt kommt sowohl für die Anlage der T. 
wie für ihre Einrichtung und Handhabung in 
Betracht. Das obige schles. Gesetz unterscheidet 
daher konsequent in §§ 43—45 zwischen reinen 
Hochwasserbecken, die nur für den Hochwasser- 
schutz bestimmt sind, und Hoch= und Nutz- 
wasserbecken sowie N u tz= und Hochwasser- 
Einfachere Anlagen dieser Art 
bestehen namentlich im Oberharz seit älterer 
  
  
  
Talsperren — Tanzlustbarkeiten 
auch selbst durch ihre Organe die technische 
Überwachung der Anlagen übernehmen müssen. 
Eine nähere Anweisung hierüber findet sich in 
der „Anleitung für den Bau und 
Betrieb von Sammelbecken“ nebst 
„Muster zu einer Dienstanwei- 
sung für Stauwärter , die durch V. 
der Ressortminister vom 24. Mai 1907 heraus- 
gegeben sind (MBl. 186 ff.), mit Nachtrag vom 
15. Juni 1908 (Ml. 161). Die Anleitung 
gibt unter A den Begriff der Sammelbecken, 
unter B Vorschriften über Vorbereitung, Form 
und Inhalt der Entwürfe, ordnet unter C die 
Genehmigungsbedingungen, unter D, E, Fbdie 
Aufsicht während und nach der Bauausführung 
und schreibt endlich unter D die Aufstellung 
eines Sammelbeckenbuches vor. Dem Stau- 
wärter liegt die Bedienung, Bewachung 
und Beobachtung der Stauanlage ob. Die Aus- 
wahl der Person bedarf der Zustimmung des 
Regierungspräsidenten, die Zulassung ist wider- 
ruflich. Durch seine Vereidigung wird der 
Stauwärter Organ der Polizeibehörde, er hat 
im Dienste das ihm verliehene Amtszeichen zu 
tragen und hat die Anlage gegen Beschädi- 
gungen und Verunreinigungen des Publikums 
zu schützen. 
Tantiemestener s. Reichsstempelsteuer 
Tanzlustbarkeiten. Die Abhaltung von T. 
richtet sich nach den landesgesetzlichen Bestim- 
mungen, die GewO. findet auf sie keine An- 
wendung (GewO. s 33c). Über die Veranstaltung 
von T. sind in allen Regierungsbezirken Polizei- 
verordnungen erlassen. (Über das Verhältnis 
derartiger Polizeiverordnungen zum Reichsver- 
einsgesetz s. K G. vom 15. Okt. 1908 in Ml. 260.) 
In der Regel ist die Einholung polizeilicher Er- 
laubnis vorgeschrieben und der Besuch der T. 
  
anerkannt (KGJ. 16, 329). 
durch Personen unter 15 Jahren verboten. Die 
rechtliche Zulässigkeit solcher Bestimmungen ist 
Dagegen kann 
Frauen, Schülern und Lehrlingen die Teil- 
nahme an T. politischer Vereine nicht verboten 
werden (KG J. 24 C 263). Ebenso ist die Vor- 
schrift ungültig, wonach alle T. um Mitternacht 
an Sonnabenden beendigt werden müssen (KGJ. 
11, 330; 18, 309; 19, 328). Die polizeiliche 
Erlaubnis schützt nicht vor der Bestrafung wegen 
ruhestörenden Lärms (StoB. § 360 Ziff. 11; 
KGGJ. 3, 372). Die polizeiliche Regelung ist nur 
zulässig gegenüber öffentlichen T., das sind 
solche T., bei welchen die Teilnahme einer nach 
Zahl, Art und Individualität unbestimmten 
Mehrheit von Personen freisteht. Die Zu- 
becken, von denen bei ersteren das Interesse lassung von Gästen macht die von einer ge- 
des Hochwasserschutzes 
Wassernutzung im Vordergrunde steht. 
die 
, bei den anderen das der schlossenen Gesellschaft (s. d.) veranstalteten T. 
Für nicht zur öffentlichen. 
Beaufsichtigung der T. gelten Gästen Personen verstanden, die auf Grund 
Dabei werden unter 
mangels besonderer geseblicher Bestimmungen persönlicher oder sachlicher Beziehung von der 
die allgemeinen Vorschriften für Stauanlagen. veranstaltenden Gesellschaft oder ihren Mit- 
Zuständig ist danach die Wasserpolizeibehörde, gliedern eingeladen oder eingeführt sind. Hierbei 
d. i. die Ortspolizeibehörde. 
Bei den Schwierig= macht es keinen Unterschied, ob die Einladung 
keiten, die auch in technischer Hinsicht die wich= an einzelne Personen oder an ganz individuell 
tige Beaussichtigung der Unterhaltung und des 
Betriebes der T. bieten, werden die Ortspolizei- 
behörden 
weisung und Anleitung durch die Landespolizei- 
behörden bedürfen, sondern die letzteren werden 
nicht bloß einer eingehenden An- 
begrenzte Personengruppen, insbesondere an 
andere geschlossene Gesellschaften ergeht (& G. 
20 C 112). Die Abhaltung von T. geschlossener 
Gesellschaften darf von einer polizeilichen Er- 
laubnis nicht abhängig gemacht werden (KG).
	        
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