Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Tauf= und Trauabgaben für Hebammen — Taxen (gerichtliche) 
taubstumm sein. 3. Die Ausbildung muß so weit 
erfolgen, daß sich der Lehrling in seinem Fache 
den Lebensunterhalt verdienen kann, dabei muß 
bei Mädchen die Lehrzeit mindestens ein Jahr 
gedauert haben. Ob die Voraussetzungen vor- 
liegen, ist von der Gemeinde oder Ortspolizei- 
behörde oder durch glaubhafte Sachverständige 
zu bescheinigen. 4. Die volle Prämie von 200 .K 
ist nur nach wenigstens dreijähriger, bei weib- 
lichen Lehrlingen, sofern die Handwerkskammer 
keine längere Lehrzeit vorgeschrieben hat, nach 
eineinhalbjähriger Lehrzeit zu zahlen. Nach 
zweijähriger Lehrzeit sind höchstens 160 4, 
nach ein= bis zweijähriger Lehrzeit höchstens 
120 .K zu zahlen. Bei weiblichen Lehrlingen 
dürfen nach zurückgelegter einjähriger Lehrzeit 
160 K gezahlt werden. 5. Die Prämie wird 
nicht gewährt, wenn der Lehrherr Honorar er- 
halten und weder für den Unterhalt des Lehr- 
lings noch für Gewährung des Arbeitsmaterials 
Sorge getragen hat oder wenn die Eltern des 
Lehrlings oder er selbst zur Zahlung eines 
Lehrgeldes oder einer Entschädigung an den 
Lehrherrn in der Lage sind. Liegen diese Voraus- 
setzungen nicht vor, so entscheidet in den Fällen 
1 bis 5 der HM., im übrigen der Regierungs- 
präsident, im L PB. Berlin der Polizeipräsident. 
Nur der HM. kann die Prämie Ausländern be- 
willigen (Erl. vom 10. April 1905 — HMBl.. 94). 
6. Der Lehrling muß vom Lehrherrn ganz zu 
sich genommen sein, so daß dieser nicht nur für 
seinen Unterhalt gesorgt, sondern auch bei seiner 
technischen Ausbildung Opfer gebracht hat. 
Hiervon kann ausnahmsweise abgesehen werden, 
sofern die Verhältnisse des Lehrherrn oder Lehr- 
lings dies begründet erscheinen lassen. In 
solchen Fällen kann ein Bruchteil der Prämie 
bewilligt werden. 7. Hat der Lehrling die 
Lehre gewechselt, so ist die Prämie grundsätzlich 
nur an den Meister zu zahlen, der die Aus- 
lehrung vollendet hat. Dem früheren Lehr- 
herrn, im Todesfalle seinen Erben, kann ein Teil 
der Prämie gewährt werden, wenn der Meister 
den Wechsel der Lehre nicht verschuldet hat. 
Für die Ausbildung taubstummer Lehrlinge, 
welche die preuß. Staatsangehörigkeit nicht be- 
sitzen, wird die Prämie nicht gewährt (Erl. vom 
8. Jan. 1906 — HMl. 12). 
III. Wegen der Fürsorge für hilfsbedürftige 
T. im Wege der Armenpflege s. Land- 
armenverbände III. Nach Erl. vom 
19. Juli 1906 (MBl. 219) sind die mit Ausfüh- 
rung des Fürsorgeerziehungsgesetzes (s. Für- 
sorgeerziehung) befaßten Behörden mit 
Anweisung dahin zu versehen, daß taubstumme 
Kinder, deren Eltern von der gebotenen Ge- 
legenheit zur Pflege und zum Unterrichte der 
Kinder in Taubstummenanstalten nicht Gebrauch 
machen, der Fürsorgeerziehung überwiesen 
werden. 
Tauf= und Tranabgaben für Hebammen (s. 
Hebammen)) wurden in den älteren Landes- 
teilen auf Grund der Kab O. vom 16. Jan. 1817 
zur Unterstützung der Hebammen auf dem Lande 
erhoben, bei jeder Trauung 3 Silbergroschen, 
bei der Taufe 1½ Silbergroschen. Diese Ab- 
gaben sind in den Prov. Preußen, Branden- 
burg, Pommern, Posen, Schlesien, Sachsen, 
Westfalen und in der Rheinprovinz durch G. 
  
  
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vom 26. Mai 1875 (GE. 223) § 1 aufgehoben 
und die am 1. Jan. 1876 vorhandenen Be- 
stände dieser Unterstützungsfonds den beteiligten 
Provinzialverbänden zur Verwendung im Inter- 
esse des Hebammenwesens überwiesen (§ 4 das.). 
Die Verpflichtung zur Unterstützung derjenigen 
Hebammenbezirke, welche die Mittel zur Aus- 
bildung, Besoldung oder Unterstützung einer 
Bezirkshebamme aufzubringen außerstande sind, 
ist vom gleichen Zeitpunkte ab den Kreisverbän- 
den auferlegt worden (§ 3 das.); diese Ver- 
pflichtung tritt nur ein bei Leistungsunfähigkeit 
des betreffenden Hebammenbezirks, nicht da- 
gegen, wenn die leistungsfähigen Gemeinden 
eines Hebammenbezirks die Unterstützung ihrer- 
seits lediglich ablehnen (O G. 14, 20). 
Taufe s. Pfarrzwang; Stolgebüh- 
ren; Kirchenzucht II. Für die ev.-luth. 
Kirche in Hannover s. das Kirch G. vom 5. April 
1895 (GS. 147), betr. die Ordnung der Kinder- 
taufe, vom 8. März 1895. 
Tauschverträge s. Kauf= und Tausch- 
verträge. 
Taxatoren sind Personen, welche dazu be- 
stimmt sind, den Wert von beweglichen oder 
unbeweglichen Gegenständen abzuschätzen. Ein. 
gewerblicher Betrieb der T. ist gewerbepolizei- 
lichen Beschränkungen nicht unterworfen; eine 
öffentliche Anstellung und Beeidigung von T. 
als solchen ist nicht zulässig, weil sie nicht zu 
den im § 36 GewO. bezeichneten Personen ge- 
hören. Wohl aber werden sachverständige Per- 
sonen als T. auf ihren Antrag oder von Amts 
wegen von Behörden entweder für einen be- 
stimmten Kreis von Angelegenheiten und einen 
bestimmten Bezirk bestellt bzw. beeidet (so die 
Kreis-, Landschafts= und Leihanstaltstaxatoren 
lovgl. wegen der letzteren AKabO, vom 28. Juni 
1826 — GES. 81 — Ziff. 3 und Reglement für 
das kgl. Leihamt zu Berlin — f. d.] sowie die 
gerichtlichen T. Logl. Pr FGG. Art. 130 unter X 
und J Bl. 1900, 48 — s. auch AG. II Tit. 6T) 
oder von Fall zu Fall bestellt (so bei Ent- 
eignungsver fahren le und im Aus- 
einandersetzungsverfahren II). Bei 
Abschätzung von Flurschäden (s. d.) sind sie aus 
einer von der Kreisvertretung vorgeschlagenen 
Reihe von Sachverständigen zu entnehmen. Die 
Beeidigung der T. erfolgt entweder ein für 
allemal (z. B. bei gerichtlichen T., bei Kreis- 
und Leihamtstaxatoren; vgl. auch AOrder vom 
7. Aug. 1846, betr. die Beeidigung der Boniteure 
in der Kur= und Neumark — J# Bl. 1846, 169) 
oder für den einzelnen Fall. 
Taxen (gerichtliche). T. (Feststellungen des 
Werts eines Gegenstandes) werden haupt- 
sächlich zum Zweck eines gerichtlichen Verkaufs, 
einer Auseinandersetzung zwischen Miterben oder 
anderen Miteigentümern oder zur Bestimmung 
des Umfangs von eingetretenen Schäden oder 
Verbesserungen usw. ausgenommen; ausschließ- 
lich zuständig zu ihrer Aufnahme ist das Amts- 
gericht der belegenen Sache (ASGV. 8 26 
Ziff. 2) oder das Ortsgericht (s. d.). Nach 
Art. 119 des PrFGG. vom 21. Sept. 1899 
(GS. 249) sind die älteren Vorschriften über die 
Aufnahme von T. unberührt geblieben. 
I. Im Gebiete des As R. kommen
	        
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