Tingeltangel — Titel 719
am 30. September 1910 vorhandenen Schuld-] Verhältnissen des Gemeindebezirks entsprechen-
summe unter Hinzurechnung auch der ersparten den Anzahl von Personen die Erlaubnis bereits.
Zinsen erfolgt (G., betr. Anderungen im Finanz= erteilt ist. Über die Erteilung und Versagung
wesen, vom 15. Juli 1909 — RGl. 743). Die der Erlaubnis beschließt der Kr A. (St A.), in den
Ausführung sowohl der Zwangs= wie der freien zu einem Landkreise gehörenden Städten mit
T. kann erfolgen durch freihändigen Ankauf von mehr als 10 000 Einw. der Magistrat (Allerh V.
Stücken der Anleihe zum Tageskurs bis auf Höhe vom 31. Dez. 1883 — GS. 1884, 7 — § 1 a).
der Tilgungssumme, wie es in Preußen und im Der Antrag auf Erteilung der Erlaubnis ist bei
Reiche — soweit keine Verrechnung auf neue der Ortspolizeibehörde unter Beifügung einer
Anleihen erfolgt — geschieht, oder durch Aus= Handzeichnung nebst Beschreibung des zum Be-
losung, d. h. Aufruf durchs Los bestimmter (triebe bestimmten Lokals einzureichen (Ausf Anw.
Nummern der Obligationen zur Einlösung gegen z. Gew O. vom 1. Mai 1904 — HMl. 123 —
den Nenn= oder einen bei der Begebung der An- Ziff. 49). Auf Klage der Ortspolizeibehörde
leihe bestimmten höheren Wert zu einem be= kann die Erlaubnis durch den Kr., in Stadt-
stimmten Termin, nach welchem die Verzinsung kreisen und in den zu einem Landkreise gehören-
der trotz Aufrufes nicht eingelösten Stücke aufhört. den Städten mit mehr als 10 000 Einw. durch
Der T. gleichzuachten ist eine Verrechnung auf den Magistrat aus den unter Ziff. 1 angeführten
neue Anleihen, dergestalt, daß die zu begebende Gründen entzogen werden (Allerh V. vom 31. Dez.
neue Anleihesumme um den Betrag der Tilgungs--1883 — GS. 1884, 7— 8 4a). S. auch Unter-
raten älterer Anleihen niedriger bemessen wird, sagung von Gewerbebetrieben.
es sei denn, es bestünde den Gläubigern gegenüber Die Polizcibehörden sind angewiesen, den Be-
eine rechtliche Verpflichtung zur effektiven T. Vgl. trieb der T. sorgfältig zu überwachen (Erl. vom
im übrigen die Artikel Reichsanleihen; 13. Jan. 1895 — MBl. 19). Nicht zum T. ge-
Staatsanleihen;: Provinzialan= hört die gewerbsmäßige Veranstaltung von In-
leihen; Kreisanleihen; Gemein= strumentalmusik ohne höheres Kunstinteresse
deanleihen. (CV. 17, 386; K G J. 7, 241: 9, 183) und die
Sschwarz, Schuldentilaung in den agrößeren euro· Schaustellung von Tieren. Auf T. finden die
päischen und deutschen Staaten, Berlin 1897. Vorschriften der GewO. über die Beschäftigung
Tingeltangel (GewO. § 33 a) ist die öffent= von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern
liche und gewerbsmäßige Veranstaltung von (§S8 135— 139 a) keine Anwendung (GewO.
Singspielen, Gesangs= und deklamatorischen Vor= § 134 Abs. 1 Ziff. 3). Wegen der Stempelpflicht
trägen, Schaustellungen von Personen oder thea- der Erlaubniserteilung zum Betrieb eines T. f.
tralischen Vorstellungen ohne höheres Kunstinterr Genehmigungen (Stempelpflicht)
esse (s. d.) in Wirtschafts= oder sonstigen Räumen S. auch Musikaufführungen, Kine-
oder die gewerbsmäßige Uberlassung solchermatographen.
Räume zu Veranstaltungen dieser Art. Unter T. TZitel. I. T. ist entweder eine mit einem be-
im eigentlichen Sinne versteht die Praxis nur stimmten Amte, einer Rangstellung oder ähn-
Singspielhallen niedrigster Gattung, welche durch lichen Vorrechten verbundene (Amtstitel),
die Art der Darbietungen und den ganzen Ge= oder eine unabhängig von einem Amte, bzw.
schäftsbetrieb (Zurschausitzen der Sängerinnen, dem Inhaber eines Amtes für seine Person
Verkehr derselben mit dem Publikum, Animier= besonders verliehene Benennung (O#. 38, 443).
kellnerinnen usw.) auf die Sinnlichkeit der Be-T. und Rang, welche mit einem Amte ver-
sucher wirken und diese zu Ausgaben verleiten bunden sind, werden durch die darüber ausgefer-
sollen. T. besserer Art werden Varietés genannt. tigte Bestallung (s. Beamte, allgemein III)
Zum Betriebe der T. ist eine Erlaubnis erforder= verliehen (ALR. II, 10 § 84) und bleiben den
lich; sofern Schauspiele ohne höheres Kunst= Beamten auch nach ihrer auf ehrenhafte Weise er-
interesse aufgeführt werden sollen, ist außerdem folgten Entlassung (Erl. vom 2. Febr. 1813 —
die Konzession als Schaufpielunternehmer ein= M Bl. 25); ein T. in diesem Sinne ist jedoch dann
zuholen (OV G. 41, 313). Die Darbietung dieser nicht vorhanden, wenn es sich um eine Bezeich-
Vorstellungen als stehender Gewerbebetrieb be= nung handelt, welche lediglich dazu dient, den
darf auch für Dritte, denen der Inhaber des Lo-Geschäftskreis des Beamten zu bezeichnen und
kals die Veranstaltung in seinem Lokale für eigene seine amtliche Stellung nach außen hin erkenn-
Rechnung gestattet, nicht der ortspolizeilichen Er= bar zu machen, ihm aber eine über die Amts-
laubnis aus § 33b (O# G. 47, 328). Eine öffent= dauer hinausreichende Rangstellung oder Bevor-
liche Veranstaltung liegt vor, wenn sie für jeder= rechtigung in keiner Weise verleiht, z. B. die
mann zugänglich ist, dabei genügt es, wenn die Amtsbezeichnung „Gemeindevorsteher“ (O#.
Lustbarkeit von anderen als individuell bezeich= 52, 440), „Polizeikommissar“ (O. 53, 438;
neten Personen besucht werden kann (Erl. vom wegen des Titels „Bürgermeister“ s. Aßmann
23. Febr. 1889 — Ml. 38; O#. 9, 406; in der Kommunoalen Rundschau 2, 477). Dem-
18, 422; 35, 436). Die Erlaubnis, die durch entsprechend ist in den gedachten Fallen für die
Nichtgebrauch nicht erlischt (Gew O. §.49; OVG. Aberkennung des T. in Gemäßheit des § 16 Abs. 2
48, 308), ist nur dann zu versagen, 1. wenn gegen des Disziplinargesetzes vom 21. Juli 1852, nachdem
den Nachsuchenden Tatsachen vorliegen, welche das Amtsverhältnis selbst bereits aufgehört hat,
die Annahme rechtfertigen, daß die beabsichtigten kein Raum gegeben. Was die Verleihung von T.
Veranstaltungen den Gesetzen oder guten Sitten betrifft, die nicht mit dem Amte verbunden sind,
zuwiderlaufen werden; 2. wenn das zum Be= so erfolgt dieselbe mittels besonderer Urkunden
triebe des Gewerbes bestimmte Lokal wegen (Patente), gleichgültig, ob sie Beamten zuteil
seiner Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen werden oder nicht (Kab O. vom 17. Sept. 1836).
Anforderungen nicht genügt; 3. wenn der den! Die Verleihung von T. steht auf Grund § 7