Umsatzsteuer bei Besitzwechsel von Grundstücken 753
des seßhaften Bürger-, Handwerker= und besseren erwerbs, nicht aber auch unter den der freiwilligen
Arbeiterstandes schont. Gleichwohl eignet sie Veräußerung u. a. Eigentumserwerb durch An-
sich nur zur Ergänzung, nicht zur Ersetzung der wachsen, wie er sich z. B. beim Ausscheiden von
Realsteuern vom Grundbesitz. Denn sie müßte Miteigentümern beim Eigentum zu gesamter
dann, um allein dasselbe zu bringen, wie mit] Hand vollzieht, ferner durch Gesamtrechtsnach-
lepteren, eine Höhe erreichen, die, namentlich folge (OB. 52, 129; 54, 111; Pr BBl. 21, 149;
wenn sie nicht mit einer Wertzuwachsstener mit 20, 687; OV#G. vom 4. März und 19. April 1909
enorm starker Progression nach der prozentualen — VII C 30/09 und 515/08 — u. a.). Statt
Höhe des Wertzuwachses verbunden wäre, zu an den Eigentumserwerb kann die Stenerpflicht
einer solchen Fernhaltung des Grundbesitzes vom auch an das ihn vorbereitende obligatorische
Markte führen könnte, wie sie einer rationellen Rechtsgeschäft geknüpft, es darf aber nicht, indem
Wohnungs= und Bebauungspolitik hinderlich sein sie an jedes den Eigentumsübergang bezweckende
würde. Mit Rücksicht auf diese kann es sogar oder bewirkende Rechtsgeschäft geknüpft wird,
ratsam sein, von der Einführung von Umsatz= dem Steuergläubiger die Wahl gelassen werden,
steuer gänglich abzusehen. Dasselbe gilt dort, wo
von einer Merkantilisierung des Grundbesitzes
überhaupt noch keine Rede ist und daher in der
Hauptsache freiwillig Eigentumswechsel erfolgen,
wenn sie durch dic wirtschaftlichen oder Familien=
verhältuisse der Eigentümer geboten sind. Dar-
über, daß wohl eine Verbindung der Umsatzsteuer!
verträge von dem ersten Veräußerer auf den
mit einer Wertzuwachesteuer, aber nicht ihre Er-
setzung durch diese angezeigt ist, vgl. Mert-
zuwachssteuer. Die Umsatzsteuern haben,
nachdem den Kommunalaussichtsbehörden durch
Erl. vom 26. Febr. 1895 (Ml. 112) das Muster
einer Steuerordnung, das dann durch Erl. vom
5. April 1896 (MBl. 71) durch ein anderes er-
set ist, mitgeteilt war und die Ressortminister
auch in geeigneten Fällen weitgehende Abwei-
ob er das obligatorische oder das dingliche
Rechtsgeschäft besteuern will (O##. 57, 131
und in mehreren andern Entscheidungen vom
6. Okt. und 8. Dez. 1910 und 23. Jan. 1911,
mu. a. VII C 129, 212, 218, 289, 327, 352,
366/10). Erfolgt die Auflassung auf Grund
mehrerer, nur obligatorischer Veräußerungs-
letzten Erwerber, so kann die Steuer nach den
Erwerbspreisen sämtlicher Veräußerungsgeschäfte
erhoben werden (OVG. 38, 105; 48, 92; Pr VBl.
25, 217; 27, 610; 29 S. 171 u. 537; 30, 107).
Nicht soll die Steuer erhoben werden bei Ver-
äußerung an — leibliche (OV#G. 54, 22; vom
17. Dez. 19068 — VII C 488) — Abkömmlinge auf
Grund lästigen Vertrages oder wenn einzelne
chungen zugelassen haben, eine ungemein weite Teilnehmer an einer Erbschaft ein Nachlaßgrund-
Verbreitung gefunden: sie bestehen gegenwärtig stück usw. erwerben (Kreis= und Provinzialabga-
zweifellos in der Mehrzahl der Städte, und ihr bengesetz § 6 Ziff. 1, wo für den „Erwerb durch
Aufkommen war hier mit Ausschluß Berlins für Erbgang, durch Enteignung und durch Ubergabe-
1905 auf 163¾ Mill. Mark, d. i. 47½20 desjenigen vertrag zwischen Verwandten auf= und abstei-
aller indirekten Gemeindesteuern veranschlagt; gender Linie“" Steuerfreiheit gesetzlich vorge-
aber auch in Landgemeinden mit lebhafterem schrieben ist; im übrigen Mustersteuerordnung §3;
Grundbesitzwechsel haben sie Eingang gefunden. O#. 50, 91; 51 S. 94 u. 100; 52, 122; OV6.
Der Auss Anw. vom 29. Sept. 1906 zum Kreis= vom 5. Juli 1909 — VII C148 — und über den
und Provinzialabgabengesetz vom 23. April 1906 Begriff des „Übergabevertrags“ OVG. vom
(Ml. 277) ist in Anlage 1 dann ein neues, be= 9. Febr. und 16. März 1911 — VII C 482/10
reits mittels Erl. vom 7. Juli 1906 (Ml. 221) be= und 17/11). Zur Zahlung der Steuer können
kanntgegebenes, auf Gemeinden und Kreise zu-- sowohl Erwerber wie Veräußerer als Ge-
geschnittenes Muster einer Umsatzsteuerordnung samtschuldner oder nur einer von beiden
beigefügt. Seitdem haben die Umsatzsteuern auch für verpflichtet erklärt werden; bei Zwangs-
in den Kreisen weite Verbreitung gefunden. versteigerungen wird naturgemäß nur der Er-
II. Gestaltung im einzelnen. Ge= werber haftbar zu machen sein; unzulässig
genstand der Besteuerung soll nur der ab- ist es, wenn die Auflassung auf Grund mehrerer
gelcitete Eigentumserwerb unter Lebenden, mit das Recht auf Auflassung begründender Rechts-
Ausschluß desjenigen von Todes wegen, auf geschäfte erfolgt ist, auch dieienigen haftbar zu
Grund einer Schenkung unter Lebenden im machen, die nur an solchen sog. Zwischengeschäften,
Sinne des RErb StG. vom 3. Juni 1906 (Re#Bl. nicht an der Auflassung beteiligt waren (OVG.
65 1) und im Enteignungsverfahren, sein. Ein 56, 144). Der Regel nach sollen sowohl die sach-
abgeleiteter Eigentumserwerb liegt stets dann lichen als auch die persönlichen Stempelsteuer-
vor, wenn die Sache bereits Gegenstand des Eigen= befreiungen und eermäßigungen der Landes-
tums eines anderen war und in dessen Eigentums= gesetze überhaupt oder nach dem neuen Muster
recht sukzediert wird (OVG. vom 6. Jan. 1910 doch die der §§ 4, 5 des Stempelsteuergesetzes,
— VI C 359 u. 393 — u. a.). Der Begriff ist also nicht die des Tarifes zu ihr (s. Stempel-
weiter als der des nach den früheren Mustern steuer, preußische) auch auf die Umsatz-
und den ihnen nachgebildeten Steuerordnungen
der Steuer unterworfenen Eigentumserwerbes
auf Grund freiwilliger Veräußerung; denn eine
solche liegt nur vor, wenn zur Ubertragung des
Eigentums Auflassung und Eintragung des Eigen-
tumswechsels erforderlich waren und stattgefun-
den haben, dann allerdings auch in solchen Fällen,
wo sich die Veräußerung als Erfüllung einer er-
zwingbaren Rechtspflicht darstellt. Daher füällt
unter den Begriff des abgeleiteten Eigentums-
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Berwaltung. 2. Aufl. II.
steuer entsprechende Anwendung finden, mit der
Maßgabe, daß Gemeinden (Gutsbezirke) und
Verbände von solchen wegen aller Erwerbsge-
schäfte und unter Voraussetzung der Gegenseitig-
keit außerdeutsche Staatsoberhäupter, Staats-
kassen und diesen gleichgesrellte Anstalten, Kassen,
diplomatische Vertreter u. dgl. befreit bleiben
sollen. Jedoch soll nach Erl. vom 12. Sept. 1896
(Ml. 188) an den Befreiungen des Stempel-
steuergesetzes nicht unter allen Umständen fest-
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