Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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Kind bedürftig ist. Der Unterhalt umfaßt den 
gesamten Lebensbedarf sowie die Kosten der Er- 
ziehung und der Vorbildung zu einem Berufe. 
Unter gewissen Voraussetzungen dauert die Pflicht 
bis über das 16. Lebensjahr des Kindes hinaus. 
Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geld- 
rente zu gewähren, die für drei Monate voraus- 
zuzahlen ist, und kann auch für die Vergangenheit 
verlangt werden. Die Mutter des Kindes hat 
dem Vater und dessen Erben gegenüber Anspruch 
auf Erstattung der Kosten der Entbindung und 
des Unterhalts für die ersten sechs Wochen nach 
derselben sowie auf den Ersatz weiterer Auf- 
wendungen, die infolge der Schwangerschaft oder 
der Entbindung etwa notwendig werden. Den 
gewöhnlichen Betrag der zu ersetzenden Kosten 
kann die Mutter verlangen, ohne den Nachweis, 
daß und welche Kosten sie selbst gehabt hat. 
Wegen der Pfändung gegenüber den Unterhalts- 
beiträgen für u. K. s. Abtretung lV. Weil 
einerseits in der Zeit unmittelbar nach der Ge- 
burt das Leben der u. K. am meisten bedroht 
und das Elend der außerehelichen Mutter am 
größten ist, andererseits die allgemeinen Vor- 
schriften des Prozeßrechts über Arrest und einst- 
weilige Verfügung hier nicht ausreichen, wo 
es sich nicht um einen bedingten oder betagten, 
auch nicht um einen künftigen, sondern um 
einen nur möglicherweise entstehenden. Anspruch 
handelt, bestimmt der § 1716 BB., es könne 
schon vor der Geburt des Kindes auf Antrag 
  
Uneheliche Kinder 
scheidung ohne vorgängige mündliche Verhand- 
lung durch Beschluß, in anderen Fällen durch 
Urteil. Wegen der Vollziehung der einstweiligen 
Versügung kommt nach ZPO. 83 936 die Be- 
stimmung im § 929 das. zur entsprechenden An- 
wendung; nur unter besonderen Umständen kann 
der Vollzug gegen Sicherheitsleistung ausgehoben 
werden (ZP. 8 939). Nach der Geburt des 
Kindes ist der § 1716 BGB. nicht mehr an- 
wendbar, sondern es kann dann der Erlaß einer 
einstweiligen Verfügung nur noch nach Maßgabe 
der §§ 935 ff. 8PO. erfolgen. Andere Maß- 
nahmen zur Sicherstellung der Ansprüche der 
Mutter und des u. K. vor dessen Geburt außer 
denen, welche der § 1716 gewährt, deren prak- 
tische Durchsetzung aber gegenüber widerwilligen 
Vätern regelmäßig auf große Schwierigkeiten 
stößt, sind nicht zulässig; insbesondere kann nicht 
zu dem Zwecke der Leibesfrucht ein Pfleger be- 
stellt werden (KG J. 22 A 30). Durch Vf. vom 
21. Juni 1910 (MBl. 231) ist ein Verfahren, bei 
welchem die Mutter eines u. K. mit ihrer Bitte, 
das Kind in von ihr ausgemittelten Pflegestellen 
unterzubringen oder zu belassen, abgewiesen und 
gezwungen worden war, das Kind aus den Be- 
zirken der betreffenden Gemeinden herauszu- 
nehmen, trotzdem die Pflegegelder von ihr regel- 
mäßig bezahlt worden waren, als gegen die Vor- 
schriften des Freizüg G. vom 1. Nov. 1867 ver- 
stoßend bezeichnet und, um im Einzelfalle die 
Unterbringung schutzbedürftiger Kinder in Pflege- 
der Mutter durch einstweilige Verfügung an= stellen rasch und zweckentsprechend durchführen 
geordnet werden, daß der Vater den für die ersten 
drei Monate dem Kinde zu gewährenden Unter- 
halt alsbald nach der Geburt an die Mutter 
oder an den Vormund zu zahlen und den er- 
forderlichen Betrag angemessene Zeit vor der Ge- 
burt zu hinterlegen habe, und es könne in gleicher 
Weise auf Antrag der Mutter die Zahlung des 
gewöhnlichen Betrags der nach § 1715 Abs. 1 
zu ersetzenden Kosten — d. i. der gewöhnlichen 
Entbindungskosten und der Kosten des Unter- 
halts für die ersten sechs Wochen nach der Ent- 
bindung — an die Mutter und die Hinterlegung 
des erforderlichen Betrags angeordnet werden. 
Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist 
nicht erforderlich, daß eine Gefährdung des 
Anspruchs glaubhaft gemacht wird. Dagegen 
sind notwendig die Glaubhaftmachung (s. Be- 
weis und Beweisaufnahme I) der 
Schwangerschaft der Antragstellerin und vor 
allem die der Vaterschaft des Anspruchsgegners, 
also der Tatsache, daß dieser der Mutter innerhalb 
der Empfängniszeit beigewohnt hat. Der Antrag 
wird abgewendet, wenn der in Anspruch Ge- 
nommene glaubhaft macht, daß auch ein anderer 
der Antragstellerin innerhalb der Empfängnis- 
zeit beigewohnt hat, oder daß es den Umständen 
nach offenbar unmöglich ist, daß die Antrag- 
stellerin das Kind aus der Beiwohnung mit 
ihm empfangen hat (8 1717). Die Mittel zur 
Glaubhaftmachung sind die gewöhnlichen (3P. 
§* 294: alle Beweismittel mit Ausnahme der 
Eideszuschiebung, 
auch Versicherung an Eides 
  
  
Statt; keine Beweisaufnahme, welche nicht so- 
fort erfolgen kann). Ebenso richten sich die Zu- 
ständigkeit des Gerichts und das Verfahren 
nach den allgemeinen Regeln (3P0. s 
913 ff.). 
zu können, den Gemeindebehörden und Ge- 
meindewaisenräten empfohlen worden, mit den 
in ihrem Bezirke vorhandenen oder ihre Wirk- 
samkeit auf diesen erstreckenden Jugendschutz= und 
Wohltätigkeitsvereinen rege Fühlung zu halten 
und deren Mitwirkung in Anspruch zu nehmen. 
Das u. K. hat gegenüber dem Vater keine 
Unterhaltspflicht. Verwandtschaft, wegen deren 
eine Ehe nicht geschlossen werden darf, besteht 
auch zwischen einem u. K. und dessen Abkömm- 
lingen einerseits und dem Vater und dessen 
Verwandten andererseits (BG#B. 3 1310 Abs. 3). 
III. Ein u. K erlangt die rechtliche 
Stellung eines ehelichen dadurch, 
daß sein Vater mit der Mutter die Ehe schließt 
(BG. § 1719), sog. Legitimation durch nach- 
folgende Ehe. Dabei gilt der Ehemann der 
Mutter als der Vater des vor der Ehe geborenen 
Kindes, wenn er in der Zeit vom 181. bis 302. Tage 
vor der Geburt der Mutter beigewohnt hat, es 
sei denn, daß es den Umständen nach offenbar 
unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus 
dieser Beiwohnung empfangen hat. Die er- 
ceptio plurium ist hier nicht zugelassen (§ 1720). 
Ferner kann ein u. K. auf Antrag seines Vaters 
durch eine Verfügung der Staatsgewalt, nämlich 
der Landesregierung des Bundesstaats, dem der 
Vater angehört, in Preußen des IM., wenn 
es sich um Annahme eines adligen Namens 
handelt, jedoch nur mit Genehmigung des Königs 
(V. vom 16. Nov. 1899 — GS. 562 — Art. 13), 
wenn der Vater ein Deutscher ist, der keinem 
Bundesstaat angehört, des RK., für ehelich er- 
klärt werden. Durch eine solche Ehelichkeitserklä- 
rung, auf die, anders als bei der Volljährig= 
§l 935 ff., keitserklärung (s. d.), kein Anspruch besteht, die 
In dringenden Fällen ersolgt die Ent= vielmehr nur eine Gnadensache ist und nicht
	        
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