Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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Guttmann, 
würdigung: Maa 
in der St P. 
Unmündige. Das röm. Recht gewährte den 
Minderzjährigen, d. i. nach ihm noch nicht 25 Jahre 
Alten, bis zum 7. Lebensjahre keine, vom 
7. Jahre ab bis zur Geschlechtsreife, an deren 
Stelle man später als festen Termin das 14., 
bei Mädchen das 12. Lebensjahr setzte, nur 
eine sehr beschränkte Geschäftsfähigkeit und von 
da ab, also den mündigen Minderjährigen, 
ursprünglich vollkommene, später eine in ein- 
zelnen Beziehungen beschränkte Geschäftsfähig- 
keit. In Deutschland war die Unmündigkeit 
meist auf 12 Jahre, später 15 und 18 Jahre 
bestimmt; teilweise schied man auch die Zeit 
von 12 Jahren (,zu seinen Jahren kommen") 
und die von 21 Jahren (,zu seinen Tagen 
kommen"). Demnächst jedoch wurde das röm. 
Recht in der erweiterten Form angenommen, 
daß alle Minderjährigen als geschäftsbeschränkt 
galten, die Beschränkung sich aber mit der 
Mündigkeit (14 und 12 Jahre) abschwächte. 
Das B0(9. hat nach dem Vorgang einzclner 
Partikulargesetze den letzteren Unterschied be- 
seitigt, so daß jetzt grundsätzlich kein Unter- 
schied zwischen U. und zwischen mündigen 
Minderjährigen mehr besteht. S. Minder- 
jährige. 
Unpassierbarkeit öffentlicher Wege. 
Unmittelbarkeit und freie Beweis- 
ß5. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit 
Nach 
§ 10 des Feld= und Forstpolizeigesetzes vom 
1. April 1880 (G. 230) wird mit Geldstrafe 
bis zu 10 K oder Haft bis zu drei Tagen be- 
straft, wer, abgesehen von den Fällen des § 368 
Ziff. 9 St GB., unbefugt über Grundstücke 
reitet, karrt, fährt, Vieh treibt oder über Acker, 
deren Bestellung vorbereitet oder in Angriff 
genommen ist, geht. Der Zuwiderhandelnde 
bleibt straflos, wenn er durch die schlechte Be- 
schaffenheit eines an dem Grundstück vorüber- 
führenden und zum gemeinen Gebrauch be- 
stimmten Weges oder ein anderes auf dem 
Wege befindliches Hindernis zu der UÜber- 
tretung genötigt worden ist. Mit anderen Worten 
und genauer, er erhält unter den obigen Voraus- 
setzungen die Befugnis zur straflosen Benutzung 
der angrenzenden Grundstücke. Die gleiche 
Befugnis gewährt § 4 des schles. Wegereglements 
vom 11. Jan. 1797 für den Fall, daß Landstraßen 
nicht in vorgeschriebener Breite hergestellt oder 
unterhalten waren (s. Anlieger). Esbenso 
implizite Nr. 16 des pomm. Wegereglements 
vom 25. Juni 1752 und für Posten, Extraposten, 
Kuriere und Estafetten § 17 des Reichspost- 
gesetzes vom 28. Okt. 1871 (Rl. 347). Im 
letzteren Falle ist dem Eigentümer Anspruch 
auf Schadenersatz ausdrücklich vorbehalten, aber 
auch sonst dürfte er in der Lage sein, sich 
an den Wegebaupflichtigen zu halten; vgl. 
Germershausen, Wegerecht Bd. 1, 3. Aufl., 
S. 208. 
Unschädlichkeitszengnisse. 
selle von einem Grundstück abveräußert wird, 
o gehen die auf diesem Hauptgrundstück haften- 
den Schäden und Lasten auf das Trennstück 
mit über und können der Regel nach nur durch 
Wenn eine Par- I 
  
Unmündige — Unschädlichkeitszeugnisse 
keiten und Kosten, die, namentlich bei kleineren 
Trennstücken, oft in keinem Verhältnis zu deren 
Werte stehen. Zur Beseitigung dieser Schwierig- 
keiten dienen die — im Anschluß an die aus 
anderer Veranlassung ergangenen Vorschriften 
des Ediktes vom 9. Okt. 1807 (GS. 170) — 
eingeführten U. Maßgebend sind für sie die 
zunächst für die alten Provinzen erlassenen 
Gesetze vom 3. März 1850 (GS. 145) und vom 
27. Juni 1860 (GS. 384), die später in dem 
Reg.-Bez. Kassel ausschließlich der vormals 
großh. hess. Gebietsteile und in die hohenzoll. 
Lande durch G. vom 15. April 1885 (G S. 115), 
in die Prov. Schleswig-Holstein durch G. vom 
22. April 1886 (GS. 139) und endlich in das 
Gebiet des rhein. Rechtes durch G. vom 12. April 
1888 (GS. 52) § 76 eingeführt worden sind. 
Für die Prov. Hannover sind im wesentlichen 
übereinstimmende Vorschriften durch das G. 
vom 25. März 1889 (GS. 65) gegeben; diese 
sind durch G. vom 19. Aug. 1895 (GS. 481) 
auf das Gebiet von Frankfurt a. M. und auf 
die vormals hess. Gebictsteile der Prov. Hessen- 
Nassau und durch das AGBGB. Art. 20 auf 
das Gebiet des vormaligen Herzogtums Nassau 
und die Insel Helgoland ausgedehnt. Für das 
Geltungsgebiet des G. vom 3. März 1850 und 
das — 1890 bestehende — Geltungsgebiet des 
G. vom 25. März 1889 gelten außerdem die 
Vorschriften des G. vom 15. Juni 1890 (GS. 226). 
Alle diese Bestimmungen sind ausdrücklich auf- 
rechterhalten und noch in einzelnen Punkten 
erweitert durch Art. 19 AGBB., während 
die grundbuchmäßige Behandlung der U. durch 
das AGGB0O. vom 26. Sept. 1899 (GS. 307) 
Art. 20 einheitlich geregelt ist. Hiernach ist 
die Abveräußerung einzelner Gutsparzellen (länd- 
licher oder städtischer Grundstücke) gegen Kapital 
oder Rente auch ohne Einwilligung der Roal- 
berechtigten zulässig, sofern bei landschaftlich be- 
liehenen Gütern die Kreditdirektion, bei anderen 
die Auseinandersetzungsbehörde bescheinigt, daß 
die Abveräußerung den gedachten Interessenten 
unschädlich ist. Unter derselben Bedingung ist 
auch die Vertauschung einzelner Gutsparzellen 
gegen andere Grundstücke und endlich auch die 
unentgeltliche Veräußerung zu öffentlichen Zwek- 
ken zulässig. Ein solches „Unschädlichkeitszeugnis“ 
darf nur erteilt werden, wenn das Trennstück 
im Verhältnis zu dem Hauptgute von geringem 
Wert und Umfang ist und wenn — abgesehen. 
von den unentgeltlichen Abtretungen zu öffent- 
lichen Zwecken — die auferlegte Geldabgabe 
oder das verabredete Kaufgeld den Ertrag oder 
den Wert des Trennstücks erreicht. Hierbei 
wird, wenn die Belastungen, von denen das 
Trennstück befreit werden soll, noch auf anderen 
Grundstücken desselben Eigentümers haften, die 
Gesamtheit der belasteten Grundstücke als Haupt- 
grundstück behandelt. Bei Rentengütern 
kann das U. auch bei der Abveräußerung größerer 
Trennstücke erteilt werden, wenn die Sicherheit 
der Realberechtigten dadurch nicht vermindert 
wird (G. vom 27. Juni 1890 — GS. 209 — 81 
Abs. 5). Bei unentgeltlichen Ab- 
tretungen zu öffentlichen Zwek- 
  
  
  
eine Mitwirkung der Gläubiger — Löschungs-ken (Wege= und Straßenanlagen u. dgl. m.) 
bewilligung — beseitigt werden. Hierdurch 
entstehen manche Schwierigkeiten, Weitläufig- 
  
ist die Ausstellung des U. außerdem an die Be- 
dingung geknüpft, daß die durch die öffentliche
	        
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