802 Urkundenbeweis
treffenden Beschlusses des Kreistages oder KrA. Glauben versehenen Person (Notar, Schieds-
von dem Landrat und zwei Mitgliedern des mann, Gerichtsvollzieher, zustellender Postbote
Kr A. oder der mit der Angelegenheit betrauten usw.) innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäfts-
Kommission unterschricben und mit dem Siegel kreises in der vorgeschriebenen Form aufsge-
des Landrats versehen sein (KrO. f. d. ö. Pr. nommen sind, und Privaturkunden,, d. i.
#§ 137; für Westfalen und die Rheinprovinz alle übrigen. Jene sind bezüglich des Echtheits-
§ 81; für Hannover § 92; für Hessen-Nassau beweises und der Beweiskraft ihres Inhaltes
§5 93; für Schleswig-Holstein § 124). In Hohen= vor den Privaturkunden bevorzugt. Inländische
zollern tritt hierbei an die Stelle des Kr A. der öffentliche Urkunden, d. i. solche, welche sich
Amtsausschuß und an die Stelle des Landrats nach Form und Inhalt als von einer inländischen
der Oberamtmann (Hohenzoll. Amts= und Behörde oder von einer mit öffentlichem Glau-
Landesordnung §§ 44, 45). — Die Pro= ben versehenen inländischen Person cerrichtet
vinzialverbände werden nach außen in 1 darstellen, haben die Vermutung der Echtheit
allen Angelegenheiten, auch da, wo die Gesetze für sich; ausländische öffentliche Urkunden können
eine Spezialvollmacht verlangen, von dem ohne weiteren Beweis als echt angesehen wer-
Landesdirektor (Landeshauptmann) vertreten. den. Dagegen muß die Echtheit einer Privat-
Nur solche Urkunden, in denen der Provinzial= urkunde stets nachgewiesen werden, sofern nicht
verband Verpflichtungen übernimmt, müssen der Gegner auf die zu dem Zwecke erfolgte
unter Anführung des betreffenden Beschlusses. Vorlegung der Urkunde keine Erklärung abgibt,
des Provinziallandtages bzw. des Provinzial-- in welchem Falle die Urkunde als anerkannt
ausschusses von dem Landesdirektor und von gilt, oder sofern die Untersuchungsmaxime gilt,
wei Mitgliedern des Provinzialausschusses unter= also bei den Ehe-, Kindschafts- und Entmündi-
senrieben und mit dem Amtssiegel des Landes= gungssachen. Der Beweis der Echtheit oder
direktors versehen sein. In denjenigen Fällen, Unechtheit kann durch alle Beweismittel und
in denen es der Genehmigung der Staats= außerdem noch durch das Hilfsmittel der Schrift-
aussichtsbehörde bedarf, ist diese der Ausferti= vergleichung, über deren Ergebnis, nötigenfalls
gung in beglaubigter Form beizufügen. Der nach Anhörung von Schreib-Sachverständigen,
Provinziallandtag ist befugt, für einzelne Ver= zu entscheiden ist, geführt werden. Steht die
waltungszweige in betreff der Vollzichung von Echtheit der Unterschrift einer Privaturkunde
Urkunden und Vollmachten anderweite statuta= fest, so hat auch bei ihr die über der Unterschrift
rische Bestimmung zu treffen (Prov O. 8§ 90, 91; stehende Schrift die Vermutung der Cchtheit
für Hessen-Nassau 8§ 63, 64; für Posen V. für sich. Dasselbe gilt, wenn ein unter der
vom 5. Nov. 1889 §§ 21, 25 und G. vom 19. Mai Urkunde befindliches Handzcichen gerichtlich oder
1889 V Ad; für Hohenzollern Amts= und notariell beglaubigt ist. Den früheren sog.
Landesordnung § 74). — S. auch Voll-Diffessionseid, d. i. die eidliche Ab-
machten. — Uber die Beurkundung von leugung der Unterschrift, kennt die 38 P O. nicht
Grundstücksübertragungen durch einen beson= mehr. Offentliche Urkunden über eine ab-
deren von der Gemeinde bestellten Urkunds= gegebene Ertlärung beweisen den beurtundeten
beamten s. Gerichte IV.
Literatur f. bei Städteordnun
Lanodgemeindeordnungen, serner:
kull, Der Faksimilestempel (Pr BBl. 25, 675): Jebens,
Der besondere Urkundsbeamte (Pr BBl. 23, 81).
gen und
Mar-
Vorgang, also daß die Erklärung abgegeben
worden und dies am angegebenen Orte und
zur angegebenen Zeit geschehen ist, bis zum
Gegenbeweise. Offentliche Urkunden über eine
Urkundenbeweis. I1. Urkunden im weiteren amtliche Anordnung, Verfügung oder Cnt-
Sinne sind alle einen Gedanken körperlich dar-lscheidung begründen vollen Beweis ihres In-
stellende Zeichen (also auch Kerbhölzer, Grenz-!haltes; cin Gegenbeweis ist nicht zulässig. Son-
zeichen), im engeren Sinne nur diejenigen stige öffentliche Urkunden begründen zwar
Gegenstände, auf denen ein Gedanke durch ebenfalls vollen Beweis der in ihnen bezeugten
Schriftzeichen Ausdruck erhalten hat. Der Tatsachen, jedoch ist der Beweis ihrer Unrich-
weitere Begriff, nach welchem aber als bloße tigkeit regelmäßig zulässig. Eine Privaturkunde,
Unterscheidungsmittel gegenüber anderen Stücken die von dem Aussteller unterschrieben oder mit
derselben Gattung dienende Merkmale (z. B. gerichtlich oder notariell beglaubigten Hand-
die Nummern auf Holzhaufen im Walde) noch zeichen versehen ist, begründet den Beweis, daß
nicht Urkunden sind, hat besonders Bedentung die in ihr enthaltene Erklärung vom Aussteller
im Strafrecht bei der Urkundenfälschung (Ste B. abgegoben ist, nicht aber auch, daß sic am an-
§§ 267—280, 363), der engere im Zivilprozuß, gegebenen Orte und zur angegebenen Zeit ab-
indem für den Beweis durch schriftliche Urtunden gegeben ist. Gegenbeweis ist bezüglich der Ab-
(documenta im Gegensatz zu den Urkunden im gabe der Erklärung unzulässig, gestattet bleibt
weiteren Sinnc, den monumenta) besondere aber natürlich der Beweis der mangelnden
Regeln gelten (3PO. §§ 415—444), während Wirksamkeit der Erklärung, z. B. wegen Irr-
auf den Beweis durch nichtschriftliche Urkunden tums. Hiernach ist der Grundsatz der freien
die Grundsätze vom Augenschein und von der Beweiswürdigung den Urkunden gegenüber
freien Beweiswürdigung zur Anwendung kom-mehrfach durchbrochen, im übrigen gilt er aber
men (vgl. auch Beweis und Beweis- auch beim U., so namentlich auch darüber, ob
aufnahmo). und inwieweit die Beweiskraft einer Urkunde
1I. Bei den Beweisurkunden unter= durch Cinschaltungen, Durchstreichungen, Ra-
scheidet man öffentliche, welche von einer dierungen oder sonstige äußere Mängel auf-
öffentlichen Behörde (vgl. Behörden, öf-gehoben oder geändert ist. Die Antretung
fentliche) innerhalb der Grenzen ihrer Amts-= des U. gestaltet sich verschieden, ic nachdem
befugnisse oder von einer mit böffentlichem sich die Urkunde in den Händen des Beweis-