Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Verdingung (Vergebung, Submission) 
und dem Mindestgebote dürfen keineswegs stets 
auf das Bestreben zurückgeführt werden, den 
Mitbewerber um jeden Preis zu unterbicten. 
Geflissentlich zu hoch gesetzte Gebote, Irrtum in 
der Selbstkostenberechnung, Geschäftsgeheimnisse 
und viele andere Umstände spielen dabei häufig 
eine wesentliche Rolle. Offentliche Ausschrei- 
bungen sind richtiger Auffassung nach keine 
von öffentlichen Behörden oder Beamten vor- 
genommenen Versteigerungen im Sinne des 
§ 270 PrStGB. vom 11. April 1851 (G S. 101), 
früher Pr V. vom 14. Juli 1797 (Rabe, Edikten- 
sammlung 4, 204) gegen die Mißbräuche 
bei solchen Versteigerungen; vgl. hierzu R#t. 
übersteigt. 
35, 303; 37, 139; R#/3. 51, 401; 60, 273; auch 
AbgH D tuch. 1901/05 Nr. 911. Immerhin lassen 
sich Winkelverträge, durch welche Bewerber vom 
Mitbieten abgehalten werden, nach allgemeinen 
Rechtsgrundsätzen anfechten (Dernburg, Bürger- 
liches Recht 2, 182; DJ3Z. 12, 59). 
fb) Unter Ausschluß der Offentlichkeit können 
unter einer beschräntten Zahl von Unternehmern 
zu engerer Bewerbung ausgeschrieben 
vorden: 1. Leistungen und Lie ferungen, die 
nach ihrer Eigenart nur ein beschräntter Kreis 
von Unternehmern in geeigneter Weise ausführt, 
Leistungen und Lieferungen, bezüglich deren 
3 einer öffentlichen Ausschreibung ein annehm— 
bares Ergebnis nicht erzielt worden ist, 3. sonstige 
Leistungen und Lieferungen, deren überschläg- 
licher Gesamtwert den Betrag von 5000 4A 
nicht übersteigt, sofern besondere Gründe für 
die Ausschreibung zu engerer Bewerbung vor- 
handen sind. 
c) Freihändige Vergebung ist zu- 
lässig: 1. bei Gegenständen, deren überschläg- 
licher Wert den Betrag von 3000 K nicht über- 
steigt, 2. bi Dringlichkeit des Bedarfs, 3. bei 
Leistungen und Lieferungen, deren Ausführung 
besondere Kunstfertigkeit erfordert, oder unter 
Patent= oder Musterschutz steht, 4. bei Nach- 
bestellung zur Ergänzung des für einen be- 
stimmten Zweck ausgeschriebenen Gesamtbedarfs, 
sofern lein höherer Preis vereinbart wird, als 
für die Hauptlieferung oder -eistung. Das letzte 
Wort über die Preissätze, welche die Verwaltung 
zugestehon will, muß sic sich bei allen Vergebun- 
gen selbst vorbehalten. Sie hat es abgelehnt, 
i non Bicter eröffnet werden. 
z. B. durch eine Vereinbarung mit den Vertretern 
des Handwerks, von vornherein die 
periodisch festzulegen. Jedoch hat sie sich bereit- 
Preise 
erklärt, von den Handwerkskammern benannte 
Sachverständige bei der 
Unterhaltungsarbeiten zu 
6. April 1908 Drucks. Nr. 194). 
Preisermittelung für 
beteiligen (Abg#. 
Durch die 
zuncehmende Bildung von Syndikaten hat man 
sich bei einer Anzahl von Gegenständen gezwun- 
gen gesehen, von einer öffentlichen Vergebung 
ganz abzusehen. Dabei ergab sich indessen, daß 
die Verwaltung keineswegs machtlos in die 
Hand der Syndikate gegeben ist, sondern ihr 
namentlich in Zeiten wirtschaftlichen Nieder- 
ganges ausreichend Schutzmittel zur Verfügung 
stehen, wic Zurückhaltung von Aufsträgen, Ge- 
winnung von außerhalb der Syndikate stehenden. 
Unternehmern. 
II. Verdingungsverfahren. Bei 
allen Ausschreibungen kommt es darauf an, 
daß der Gegenstand in seinen wesentlichen Be- 
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ziehungen bestimmt bezeichnet wird. Für Bau- 
ten sind zur Verabfolgung an die Bewerber 
erschöpfende Anschläge aufzustellen, welche aber 
die von der Bohörde ermittelten Preisansätze 
nicht enthalten dürsen. Das Verfahren des 
Abbietens nach Prozenten des Anschlags darf 
nur noch ausnahmsweise da angewandt werden, 
wo es für einzelne Verwaltungszweige aus- 
drücklich geduldet ist; dahingehende Ausnahme- 
bestimmungen bestehen für Forstbauten bis 
zu 50000 .K und die unter staatlicher Beteiligung 
auszuführenden Kirchen-, Pfarr= und Schul- 
bauten, sofern der Staatsbeitrag 5000 K nicht 
Alle Ausschreibungen sind grund- 
sätlich in einer Weisc zu zerlegen, die auch kleine- 
ren Handwerkern und Gewerbetreibenden die 
Beteiligung ermöglicht. Bei größeren Hoch- 
bauten geschieht demgemäß die Vergebung nach 
den Titeln des Kostenanschlags, den verschiede- 
nen Handwerks= und Gewerbezweigen sich an- 
passend; umfangreichere Titel werden wieder 
in Lose geteilt. Die Ubertragung in Bausch 
und Bogen (Generalentreprise) ist nur im Aus- 
nahmefalle mit Genehmigung der vorgesetzten 
Dienstbehörde zugelasson. Solche Genehmigung 
erfolgt alsdann im allgemeinen nur, sofern es 
sich um landläufige Bauweisen und Einrich- 
tungen handelt und die Baustellen vom Wohn= 
orte des Baubcamten entfernt liegen. Die Be- 
kanntmachung der öffentlichen Ausschreibung 
muß in gedrängter Form diejenigen Angaben 
enthalten, welche für die Entschließung über die 
Beteiligung ausschlaggebend sind. Die An- 
gebote sind schriftlich und verschlossen cinzureichen, 
und zwar spätestens bis zum Beginn der Ver- 
handlung, in welcher die sämtlichen eingegange- 
nen Angebote in Gegenwart der etwa erschiene- 
Nachgebote sind 
ausgeschlossen. Nachträgliche Preisvereinbarun= 
gen sind unzulässig. 
III. Zuschlagserteilung. Vor der 
Erteilung des Zuschlags werden dic in Verfolg 
der öffentlichen Ausschreibung vorliegenden An- 
gobote eingehender sachlicher Prüfung daraufhin 
unterworfen, welches unter ihnen die beste Ge- 
währ für tüchtige und rechtzeitige Ausführung 
bietet. Interessentenvertretungen werden um Aus- 
kunft über die Leistungsfähigkeit nicht ausreichend 
bekannter Unternehmer ersucht. Die niedrigste 
Geldforderung als solche berücksichtigt die Ver- 
waltung keineswegs vorzugsweise; sie würde 
damit gegen ihr cigenes Interesse handeln. 
Andererseits lehnte sic wiederholt ein Ein- 
gehen auf das ihr vielfach empfohlene Mittel- 
gebot ab — dasjenige Gebot, 
welches dem 
Durchschnitt der eingegangenen Angebote, nach 
unten gerechnet, am nächsten kommt. Eine 
mechanisch rechnerische Ermittelung würde dem 
Zufall die Entscheidung in die Hand legen 
und obendrein die Möglichkeit eröffnen, die- 
sem durch Verabredungen unter den Mitbieten- 
den nachzuhelfen. Schleuderangebote, bei denen 
die Forderungen in offenbarem Mißwverhältnis 
zu dem stehen, was nach der Ausschreibung 
verlangt wird, bleiben unberücksichtigt. Be- 
werber, die für die Erfüllung ihrer Verpflich- 
tungen, welche sie mit ihren Handwerkern und 
Arbeitern eingehen, nicht die nötige Sicherheit 
bieten oder von denen bekannt ist, daß sie der
	        
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