Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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ferner nur auf V., welche im Auftrage der 
Wahlberechtigten tätig sein sollen (Wahlaus- 
schüsse oder Wahlkomitees) und keine anderen 
Zwecke neben der Vorbereitung bestimmter 
Wahlen verfolgen. Die Mitgliedschaft dieser 
Wahlvereine braucht aber nicht auf Wahlberech- 
tigte beschränkt zu sein. 
IV. Pflichten und Beschränkun- 
gen der politischen V. Jeder politische 
V. muß nach § 3 des Reichsvereinsgesetzes einen 
Vorstand und eine Satzung haben. Der 
Vorstand ist verpflichtet, binnen einer Frist von 
wei Wochen nach Gründung des V. die Satzung 
sowie das Verzeichnis der Mitglieder des Vor- 
standes der für den Sitz des V. zuständigen 
Polizeibehörde (in Preußen der Ortspolizei- 
behörde) einzureichen. Über die erfolgte Ein- 
reichung ist eine kostenfreie Bescheinigung zu 
erteilen. Ebenso ist jede Anderung der Satzung 
sowie jede Anderung in der Zusammensetzung 
des Vorstandes binnen einer Frist von zwei 
Wochen nach dem Eintritt der Anderung an- 
uzeigen. Die Satzung sowie die Anderungen 
fio in deutscher Fassung einzureichen; Aus- 
nahmen von dieser Vorschrift können von der 
höheren Verwaltungsbehörde (in Preußen dem 
Regierungspräsidenten bzw. dem Polizeipräsi- 
denten in Berlin) zugelassen werden. Die Ein- 
reichung eines Mitgliederverzeichnisses, wie sie 
nach früherem Recht in Preußen vorgeschrieben 
war, ist nicht mehr erforderlich. — Vorstand 
eines V. kann sowohl ein einzelner als auch 
Als Vor- 
eine Mehrheit von Personen sein. 
stand ist jeder anzusehen, der tatsächlich die Ge- 
schäfte des V. leitet. Besteht der Vorstand aus 
mehreren Personen, so sind sie sämtlich für die 
Erfüllung der erwähnten Verpflichtungen ver- 
antwortlich. Zuwiderhandlungen sind nach § 18 
Nr. 1 des Reichsvereinsgesetzes strafbar. Da die 
Satzung der Polizei „eingereicht“ werden 
soll, so muß sie schriftlich abgefaßt sein. 
Es fehlt aber in dem Reichsvereinsgesetz eine 
Bestimmung, wonach die Abfassung einer Sat- 
zung von den Mitgliedern des V. erzwungen 
oder ein politischer V., der keine Satzung auf- 
stellt, ausgelöst werden kann (ugl. OVG. vom 
8. Jan. 1907 in Pr VBl. 28, 785). An sich ist 
auch das Bestehen eines politischen V. von 
dem Vorhandensein einer schriftlichen Satzung 
nicht abhängig (vol. KS J. 21 C 33; Rt. 
38, 236). Ist eine schriftliche Satzung nicht 
vorhanden, so ist es für den Vorstand ebenso 
unmöglich, eine solche der Polizeibehörde ein- 
zureichen, wie die Mitglieder zu ein m Beschlusse 
über die Satzung zu zwingen (vgl. OV. vom 
19. Okt. 1900 — Goltd Arch. 47, 471; anders 
K# J. 26 C 33). 
beschlossenen Satzung herbeizuführen, ist der Vor- 
stand gleichfalls nicht verpflichtet (O VG. 56, 334). 
Auskunft über die Mitglieder oder die Zwecke 
des V. zu verlangen, ist dagegen die Polizei unter 
denselben Voraussetzungen und in denjenigen 
Fällen befugt, in denen sie kraft allgemeiner 
polizeilicher Befugnisse von einzelnen Personen 
Auskunft verlangen könnte (Ausf f. vom 13. Mai 
1908 Nr. 3; O##G. 56, 337). — Ist die Ein- 
reichung des Verzeichnisses der Vorstandsmit- 
glieder oder der Satzung innerhalb der gesetzlichen 
  
Frist gesetzwidrig unterlassen, so bleibt neben 
  
  
Eine Vervollständigung der, 
nisse der V. sind durch §§ 21—79 Bon# geregelt. 
Hiernach sind die V. entweder rechtsfähige oder 
  
Vereine 
der Strafbarkeit des Vorstandes seine Pflicht zur 
Einreichung bis zu ihrer Erfüllung fortbestehen 
(KG I. 24 C 70). — Die Satzung darf auch in 
einer fremden Sprache vom V. aufgestellt 
werden. Der Vorstand muß dann der Polizei 
eine wortgetreue Ubersetzung in die deutsche 
Sprache einreichen, sofern nicht von der höheren 
Verwaltungsbehörde die Einreichung in der 
fremden Sprache gestattet ist. — Zweigvereine, 
Ortsgruppen, Zahlstellen usw. (s. oben 1) sind 
zur Einreichung des Vorstandsverzeichnisses und 
der Satzung nur dann verpflichtet, wenn sie 
selbständige V. und nicht bloß Glieder eines 
Hauptvereins sind (Ausf f. vom 13. Mai 1908 
Nr. 2). Abgesehen von der erwähnten Ver- 
pflichtung der politischen V. zur Einreichung 
des Vorstandsverzeichnisses und der Satzung 
unterliegen sie keiner anderen polizeilichen Be- 
schränkung als der, daß Personen, welche das 
18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht 
Mitglieder dieser V. sein und auch deren Ver- 
sammlungen, sofern es sich nicht um Veranstal- 
tungen zu geselligen Zwecken handelt, nicht 
beiwohnen dürfen (Reichsvereinsgesetz § 12). 
Dieses Verbot erstreckt sich jedoch nicht auf die 
Wahlvereine (s. oben III). Die bezeichneten 
jugendlichen Personen dürfen auch nicht außer- 
ordentliche Mitglieder (mit geringeren Rechten) 
eines politischen V. sein (Jugendabteilung eines 
V.; vgl. Rt. 38, 336) und auch besonderen 
Versammlungen für derartige Mitglieder nicht 
beiwohnen. — Wer als Vorstand oder als Mit- 
glied des Vorstandes eines politischen V. ent- 
gegen dem gesetzlichen Verbot jugendliche Per- 
sonen „in dem Verein duldet“, ist nach § 18 
Nr. 5 des Reichsvereinsgesetzes strafbar. Die 
jugendlichen Personen selbst unterliegen wegen 
ihrer Mitgliedschaft keiner Strafen, sind aber 
nach § 18 Nr. 6 des Reichsvereinsgesetzes strafbar, 
wenn sie in einer politischen Versammlung an- 
wesend sind (s. auch Ausf Vf. vom 13. Mai 1908 
Nr. 18). — S. auch oben II. Z 
V. Versammlungen politischer 
V. Die Versammlungen der politischen V. sind 
entweder öffentliche oder nichtöffentliche. Sind 
sie keine öffentlichen ('Versammlun- 
gen III), so unterliegen sie nicht den Vorschriften 
des Reichsvereinsgesetzes. Sind sie dagegen öffent- 
liche, so finden auf sie die allgemeinen Vorschriften 
über öffentliche Versammlungen und, sofern es 
sich nicht um Veranstaltungen zu geselligen 
Zwecken handelt, auch die besonderen über 
politische öffentliche Versammlungen (s. Ver- 
sammlungen III) Anwendung. — S. auch 
Geschlossene Gesellschaften. 
VI. Privatrechtliche Verhält- 
nisse der V. Die privatrechtlichen Verhält- 
nichtrechtsfähige (s. Eingetragene Ver- 
eine). Auch ein nichtrechtsfähiger V. kann nach 
§ 50 Z PO. verklagt werden und hat dann in 
dem Rechtsstreite die Stellung eines rechts- 
fähigen V. Eine Anderung haben die erwähnten 
Vorschriften des BGB. durch das Reichsvereins- 
gesetz nur insofern erfahren, als durch dessen 
§ 22 die Vorschrift des § 72 BGB. dahin gefaßt 
worden ist, daß der Vorstand eines eingetragenecn 
V. dem Amtsgericht auf dessen Verlangen jeder-
	        
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