Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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Zweck vor der Staatsregierung geheimgehalten 
werden sollen oder in welchen gegen unbekannte 
Obere Gehorsam oder gegen bekannte Obere 
unbedingter Gehorsam versprochen wird, oder 
zu deren Zwecken oder Beschäftigungen es ge- 
hört, Maßregeln der Verwaltung oder die Voll- 
ziehung von Gesetzen durch ungesetzliche Mittel 
zu verhindern oder zu entkräften; g) des G. 
vom 11. Dez. 1899 (Röl. 699), wonach in- 
ländische Vereine jeder Art miteinander in Ver- 
bindung treten dürfen. Eine vorübergehende, 
nicht mehr in Kraft befindliche Beschränkung der 
Vereins= und Versammlungsfreiheit war durch 
das Sozialistengesetz vom 21. Okt. 1878 ein- 
geführt worden. Neuerdings ist das V. u. V. 
einheitlich für das Deutsche Reich durch das 
Reichsvereinsgesetz vom 19. April 1908 (R- 
Bl. 151), das am 15. Mai 1908 in Kraft getreten 
ist (§ 25), geregelt worden. Zur Ausführung 
dieses Gesetzes sind im Königreich Preußen vom 
Md J. die V. vom 8. Mai 1908 (MBl. 127) sowie die 
Aues #. vom gleichen Tage (Ml. 1909, 11) und 
vom 13. Mai 1908 (MBl. 1909, 14) erlassen 
worden. Durch das bezeichnete Reichsgesetz 
(§F 23) sind die älteren reichsgesetzlichen 
Vorschriften über Vereine und Versammlungen 
aufrechterhalten und nur der Abs. 2 des § 17 
des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869, § 2 Abs. 2 
des EGßStGB., soweit es sich auf die besonderen 
Vorschriften des Landesstrafrechts über Miß- 
brauch des V. u. V. bezieht, und § 6 Abs. 2 des 
E#StPPO., wonach die landesgesetzlichen Vor- 
schriften über das Verfahren bei Zuwiderhand- 
lungen gegen dieses Landesstrafrecht unberührt 
geblieben waren, aufgehoben worden. — Die 
Vorschriften des B#. über Vereine (88 21, 79) 
sind in Kraft geblieben, da sie privatrechtlicher, 
nicht öffentlichrechtlicher Natur sind; nur § 72 
BGB. ist durch 8 
abgeändert (s. Eingetragene Vereine). 
— Von den landesrechtlichen Vor- 
schriften der älteren preußischen Gesetzgebung 
sind durch das Reichsvereinsgesetz nach dessen 
& 24 nicht berührt worden die Bestimmungen 
über kirchliche und religiöse Vereine und Ver- 
sammlungen (s. Vereine IIa und Ver- 
sammlungen 1), über kirchliche Prozes- 
sionen, Wallfahrten und Bittgänge (s. Auf- 
züge), über geistliche Orden und Kongregationen 
(s. Katholische geistliche Orden und 
ordensähnliche Kongregationen), 
über Vereine und Versammlungen zu Zeiten 
der Kriegsgefahr, des Krieges, des erklärten 
KriegslBelagerungs)zustandes, der inneren Un- 
ruhen (s. Aufruhr, Belagerungszustand, 
Vereine IIb, Versammlungen II), 
endlich die Vorschriften zum Schutze der Feier der 
Sonn- und Festtage (s. Fest-, Feiertage); jedoch 
sind für Sonntage, die nicht zugleich Festtage 
sind, Beschränkungen des Versammlungsrechts 
nur bis zur Beendigung des vormittägigen Haupt- 
gottesdienstes zulässig ((. Versammlun--- 
gen II). Die Vorschriften der preuß. V. vom 
11. März 1850 sind hiernach in Kraft geblieben 
1. für die kirchlichen und religiösen Vereine und 
deren Versammlungen (§ 2) und 2. für die 
lirchlichen Prozessionen, Wallfahrten und Bitt- 
gänge (8 10). 
  
das Reichsvereinsgesetz sowohl diese Verord= schriften für 
22 des Reichsvereinsgesetzes 
  
  
Vereins-- und Versammlungsrecht 
nung als auch Art. 29, 30, 38 u. 39 VlU. auf- 
gehoben. 
II. Das Reichsvereinsgesetz ist ein Polizei- 
gesetz. Es regelt die Befugnisse der Polizei 
gegenüber den Reichsangehörigen, welche Ver- 
eine bilden oder zu Versammlungen zusammen- 
treten wollen, und die Verpflichtungen dieser 
Reichsangehörigen gegenüber der Polizei in 
erschöpfender Weise. Hierbei werden von 
ihm die Grenzen, welche für das Einschreiten 
der Polizei zur Aufrechterhaltung der öffent- 
lichen Sicherheit und Ordnung durch die Landes- 
gesetzgebung im allgemeinen gezogen sind (ALZ. 
II, 10 § 17), für das Gebiet des Vereins= und 
Versammlungswesens teils eingeschränkt, teils 
erweitert. Da die besonderen Vorschriften des 
Reichsvereinsgesetzes sich aber nur auf Vereine 
und Versammlungen im Sinne dieses Gesetzes 
beziehen, so unterliegen solche Personenvereini- 
gungen, welche nicht unter den Begriff der 
Vereine (s. d. 1), und solche zusammen- 
kommenden Menschenmengen, welche nicht unter 
den Begriff der Versammlungen ((. d. 1) 
im Sinne des Reichsvereinsgesetzes fallen, den 
polizeilichen Vorschriften des preußischen Landes- 
rechts, nicht denen des Reichsvereinsgesetzes. — 
Die persönlichen Verpflichtungen, welche sich 
aus privatrechtlichen Vertrags= oder Gewalt= 
verhältnissen oder aus öffentlichrechtlichen diszi- 
plinarischen Verhältnissen hinsichtlich des Ge- 
brauchs des V. u. V., insbesondere auch für 
Beamte, ergeben, sind durch das Reichsverecins- 
gesetz nicht berührt. 
III. Von den Bestimmungen des Reichs- 
vereinsgesetzes bezieht sich die Vorschrift des 
1, worin das Recht der Reichsangehörigen, 
Vereine zu bilden und sich zu versammeln, 
anerkannt und die Befugnis der Polizei zu Be- 
schränkungen dieses Rechts begrenzt wird, auf 
Vereine und Versammlungen 
jeder Art. Ebenso finden § 2, der die Be- 
fugnis der Polizei zur Auflösung eines Vereins 
mit strafbaren Zwecken betrifft, auf Vereine 
jeder Art, 8§§ 7—9, welche die Zulässig- 
keit von Versammlungen unter freiem Himmel 
regeln, § 11, der das Erscheinen Bewaffneter in 
Versammlungen verbietet, § 12, der den Ge- 
brauch der deutschen Sprache bei den Ver- 
handlungen mit gewissen Ausnahmen fordert, auf 
alle öfsfentlichen Versammlungen 
ohne Unterschied ihres Zweckes Anwendung. 
Dagegen beziehen sich die Vorschriften des § 13, 
der die Entsendung von Beauftragten der Polizei- 
behörde regelt, und die &8§ 14 und 16, welche 
die Befugnis dieser Beauftragten zur Auflösung 
der Versammlung behandeln, nur auf solche 
öffentlichen Versammlungen, welche sich als 
politische Versammlungen (§ 5) oder als gewerb- 
liche Koalitionsversammlungen (8§ 6 Abs. 3) dar 
stellen oder unter freiem Himmel stattfinden 
(5§P. 7—9) oder eine fremde Sprache gebrauchen 
(§ 12). Ferner enthalten §§ 3 und 4, die 
den Vereinsvorstand und die Vereinssatzung 
betreffen, besondere Vorschriften für poli- 
tische Vereine, S§§ 5 u. 6, welche die 
Anzeige von der Versammlung bei der Polizei 
zum Gegenstande haben, und § 10, der den 
Abgesehen hiervon sind durch Leiter der Versammlung betrifft besondere Vor- 
öffentliche politische
	        
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