Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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an eine staatliche Verleihung geknüpft. 
solche Verleihung ist insbesondere nach § 22 
BGB. für Vereine, deren Zweck auf einen 
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, 
zur Erlangung der Rechtsfähigkeit notwendig, 
soweit nicht reichsgesetzliche Vorschriften etwas 
anderes bestimmen. Letzteres trifft z. B. für 
Aktiengesellschaften, Erwerbs= und Wirtschafts- 
genossenschaften, Innungen, Krankenkassen und 
Berufsgenossenschaften zu. Die Verleihung 
steht dem Bundesstaate zu, in dessen Gebiete 
der Verein seinen Sitz hat. Einem Vereine, 
der seinen Sitz nicht in einem Bundesstaate 
hat, kann in Ermangoelung besonderer reichs- 
gesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch 
Beschluß des B. verliehen werden (BB. 8s 23; 
EGB#B. Art. 10). Die Verleihung kann eine 
allgemeine sein, so sind allen bestehenden landes- 
polizeilich genehmigten Versicherungsgesellschaf- 
ten auf Gegenseitigkeit, welche in Preußen ihren 
Sitz haben, mit Einschluß der in Licquidation 
befindlichen die Rechte juristischer Personen ver- 
liehen worden (AE. vom 27. Dez. 1899 — GS. 
1900, 2), oder sie ist eine besondere. Sie er- 
folgt in Preußen durch die zuständigen Minister 
(V. vom 16. Nov. 1899 — GS. 562 — IAnrt. 1; 
Vf. vom 25. Nov. 1899 — Ml. 230, welche 
Verfügung Normalsatzungen für Vereine er- 
wähnt). Wegen der Veröffentlichung der Er- 
langung der Rechtsfähigkeit eines Vereins oder 
einer Stiftung s. die Vf. vom 19. Nov. 1907 
(MBl. 373). Von der V. d. R. ist ferner z. B. 
im Art. 7 § 1 Abs. 3AGBGB. vom 20. Sept. 1899 
(Gö. 177) die Rede, wo unter den Sparkassen, 
die durch staatliche Verleihung Rechtsfähigkeit 
erlangt haben (s. Juristische Personen l), 
außer denen, welchen gemäß § 22 BG. die 
Rechtsfähigkeit verliehen ist, auch noch die öffent- 
lichen Sparkassen, die in Gemäßheit des § 52 
ZG. genehmigt worden, zu verstehen sind. 
Nach Art. 1 § 169 des G. vom 19. Juni 1906 
(GS. 199) erlangen die Knappschaftsvereine 
und die besonderen Krankenkassen innerhalb 
von solchen die Rechtsfähigkeit durch die Be- 
stätigung ihrer Satzung. Bei Stiftungen ent- 
spricht der V. d. R. die zur Entstehung einer 
rechtsfähigen Stiftung erforderliche Genehmigung 
(s. Stiftungen II). Wegen V. d. N. an 
die Kommunalverbände in den Konsulargerichts- 
bezirken vgl. G. vom 3. Juni 1905 (GS. 541). 
S. auch Privileg. 
limann, 
  
Begründet die VBerleihung die Rechts- 
A 
fähigkeit eines Vereins, auch wenn sie nicht hätte ent- 
steben sollen? im Recht 1906, 922; dazu Josef, daselbst 
1071. 
Berleihung der Zollberechtigung s. Ver- 
kehrsabgaben unter II; der fiskalischen 
Vorrechte s. Kunststraßen unter IIb. 
Bermächtnis s. Testamente II. 
Bermahlungsstener, eine Erhebungsart der 
Brausteuer s. Brausteuer III-Bb 1. 
Bermessungsbeamte, VBermessungswesen s. 
Kataster; Katasterverwaltung: 
Landmesser; Landesvermessung. 
Vermögensanzeige s. Steuererklärun- 
en. 
Bermögensstener ist eine direkte (Personal-) 
Steuer (s. Direkte Steuern und Per- 
sonalsteuern), deren Gegenstand das Ver- 
mögen bildet, d. h. das Stammvermögen im 
  
Verleihung der Zollberechtigung — Vermögenssteuer 
Eine'Gegensatz zum Einkommen, also der einer Person 
gehörige, weil nicht periodisch aus dauernden 
Quellen sich ergänzend, ohne Schmälerung seines 
Bestandes nicht zum persönlichen Verbrauch 
verwendbare Sachgütervorrat. Je nachdem 
das Vermögen auch die Steuerquelle, d. h. 
den Sachgütervorrat, aus dem die Steuer unter 
normalen Verhältnissen gezahlt werden muß, 
bildet, oder diese Steuerquelle das Einkom- 
men ist, spricht man von reellen (materiellen) 
und von formellen (nominellen) V. Als dauernde 
Einrichtung können nur V. der letzteren Art in 
Betracht kommen, da die reellen die Steuer- 
quelle allmählich konsumieren, also zur Auf- 
zehrung des Volksvermögens führen; letztere 
sind daher nur anwendbar als vorübergehende 
Steuern in besonderen Notzeiten, wie in Preußen 
im Jahre 1812 (Edikt und Instr. vom 24. Mai 
1812 — GS. S. 49 bzw. 54), wo die V. aber finan- 
ziell völlig versagte. Die formelle V. ist ein ge- 
eignetes Mittel, in Ergänzung der Einkommen- 
stener die Forderung einer Vorbelastung des 
aus Vermögen fließenden, fundierten gegenüber 
dem aus Arbeit fließenden, unfundierten Ein- 
kommens zu verwirklichen und den Mangel der 
alleinigen Einkommensteuer zu heilen, der darin 
liegt, daß sie die in ertraglosen Vermögen vor- 
handene Steuerkraft nicht erfaßt. Eine Er- 
gänzung der Einkommensteuer in diesen beiden 
Richtungen ist ein Gebot der Besteuerung nach 
der Leistungsfähigkeit. Das Einkommen besteht 
in den Erträgen dauernder Quellen der 
Gütererzeugung. Die voraussichtliche Dauer 
des Bestandes oder doch der Ertragsfähigkeit 
dieser Quellen aber ist nach ihrer Art verschieden; 
je kürzer sie ist, um so weniger frei ist das Ein- 
kommen zur Befriedigung der Bedürfnisse der 
Gegenwart, um so mehr von ihm muß zur Für- 
sorge für die Zukunft verwandt werden; um so 
empfindlicher ist daher das Opfer, von dem 
Einkommen noch einen Teil als Steuer abgeben 
zu müssen. Deshalb erfordert die richtig ver- 
standene Opfertheorie, daß dasjenige Einkom- 
men, das aus geistiger oder körperlicher Arbeit 
fließt und daher in seiner Dauer von Leben 
und Gesundheit abhängig ist, geringer besteuert 
wird wie das fundierte, oder umgekehrt ausge- 
drückt, daß letzteres gegenüber ersterem vor- 
belastet wird. Auch ist von zwei Personen mit 
gleich hohem Einkommen derienige, der daneben. 
Vermögen besitzt, welches in seiner derzeitigen 
Anlage keinen Ertrag liefert, leistungsfähiger wie 
der, der solches nicht besitzt; denn er hat mehr 
oder weniger die Möglichkeit, durch Veräußerung 
dieses Vermögens und andere Anlage des 
Kaufpreises in den Besitz ertragbringenden 
Vermögens, also höheren Einkommens zu ge- 
langen. Gerade diejenigen, die in der Lage sind, 
auf einen solchen Umtausch von ertraglosem in er- 
tragbringendes Vermögen zu verzichten, bekun- 
den damit eine besondere steuerliche Leistungs- 
fähigkeit, an der eine gerechte Personalbesteue- 
rung nicht vorübergehen darf. Hierzu bedarf es 
einer die Einkommensteuer ergänzenden B. 
Letztere ist aber auch die geeignetste Form der 
Vorbelastung des fundierten vor dem unfundier- 
ten Einkommen und verdient in dieser Funktion 
den Vorzug vor andern, demselben Zweck 
dienenden steuerlichen Maßnahmen, einem 
 
	        
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