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richte, welches das V. erlassen hatte, zu ent-
scheiden. Für das V. hat das G. vom 1. Juni
1909 (RGBl. 475) eine abgekürzte Form zu-
gelassen (5 313 Abs. 3 ZPO.). In Ehesachen ist
ein V. gegen den Beklagten unzulässig (5 618
Abs. 5). Die Vorschriften über das V. finden
auch in der Berufungs= und der Revisionsinstanz
mit einer gewissen Besonderheit entsprechende
Anwendung (§§ 542, 560).
III. Die St P S. kann wegen der Pflicht
des Strafrichters, die Wahrheit von Amts
wegen zu erforschen, keine V. haben. Das
Ausbleiben des Angeklagten in der Haupt-
verhandlung vermag nicht zu seiner Verurtei-
lung, sondern nur zu seiner Vorführung oder
Verhaftung zu führen (5 229). Nur ganz aus-
nahmsweise kennt die St PO. ein Verfahren
ohne den Angeklagten; auch hierbei ist aber so
zu verhandeln, als ob dieser anwesend wäre
(§§ 231, 232, 318—337, 427). Ahnliche Grund-
sätze gelten im jetzigen Militärstrafprozesse
(MeteO. vom 1. Dez. 1898 — RBl. 1189 —
§§ 278 ff., 356 ff.).
IV. Auchi im Verfahren der freiwilligen
Gerichtsbarkeit, in welchem ebenfalls
das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung
der Tatsachen erforderlichen Ermittelungen zu
veranstalten und die geeignet erscheinenden
Beweise aufzunehmen hat (FG#G. 8§ 12), kann,
wie nicht von einem V., weil es darin über-
haupt keine Urteile gibt, so auch sonst nicht
von einem Versäumnisverfahren die Rede sein.
Nur in einem besonderen Falle des Verfahrens
zur Auseinandersetzung von Miterben (FG.
§ 91) führt die Versäumnis zu der Annahme
eines Einverständnisses des Beteiligten, und
in einem anderen Falle, beim Ordnungsstraf-
verfahren in Handelssachen (§ 134), kann beim
Nichterscheinen des Beteiligten nach Lage der
Sache entschieden werden.
V. Im Verwaltungsstreitverfah-
ren sind nach dessen Grundlagen gleichfalls ein
V. und ein eigentliches Versäumnisverfahren
nicht möglich. Erscheinen oder verhandeln
beide Parteien oder eine von ihnen nicht in
der mündlichen Verhandlung, so ist nach Lage
der Sache zu enischeiden; es können hierbei
jedoch die von der Gegenpartei vorgebrachten
Tatsachen für zugestanden erachtet werden
(LVG. § 79). Dies gilt auch dann, wenn das
Gericht zur Aufklärung des Sachverhältnisses
das persönliche Erscheinen der Partei angeord-
net hatte (§ 68 Abs. 2). Es darf also selbst in
dem letzteren Falle nicht ohne weiteres zu un-
gunsten des Ausgebliebenen entschieden, sondern
nur die erstrebte Aufklärung als nicht geglückt
angesehen werden (ovgl. Urteile II). Ahnliche
Bestimmungen enthalten § 11 der V., betr.
das Verfahren vor den Schiedsgerichten für
Arbeiterversicherung, vom 22. Nov. 1900 (Rl.
1017) und § 33 der V., betr. das Verfahren des
Reichsversicherungsamts, vom 19. Okt. 1900
(Rl. 983), sowie §8 10 der V. über das Ver-
fahren vor den Schiedsgerichten zur Entscheidung
von Knappschaftsangelegenheiten vom 29. Nov.
1907 (GS. 301) und § 12 der V. über das Ver-
fahren vor dem Oberschiedsgericht in Knapp-#Isa
schaftsangelegenheiten vom 30. Nov. 1907 (GS.
312). S. auch Persönliches Erscheinen.
Verschluß (im Zoll= und Steuewerkehr) — VBerschwender
Berschluß (im Zoll-= und Stenerverkehr).
Zum Zwecke der Festhaltung der Menge oder
der Identität der Waren werden diese im Pait-
verkehr vielfach unter amtlichen V. gesetzt.
Der V. erscheint entweder als Raum= oder
Kolloverschluß (Packstückverschluß). Beim
Raumverschluß werden die Räume (Lager-
räume, Eisenbahnwagen, Schiffe usw.), in kasten
sich die Packstücke oder unverpackten Waren
befinden, beim Packstückverschluß die Packstücke
(Säcke, Kisten, Fässer usw.) unter V. gesetzt;
im Lagerverkehr (s. Niederlagen) kommt
ausschließlich der Raumverschluß zur Verwen-
dung. Der V. wird bewirkt durch Kunst-
schlösser, Bleie oder Siegel (V36.
§. 94). Die Verschlußanlage kann nicht ver-
hindern, daß die verschlossene Ware ganz oder
teilweise entnommen wird, sie soll nur die Tat-
sache der Entnahme erkenntlich machen. Zu
diesem Zwecke soll der V. so angelegt werden,
daß eine Entnahme von Waren ohne sichtbare
Spuren zu hinterlassen nicht möglich ist. Die
Tatsache der Verschlußverletzung wird
im Zollverkehr nach § 151 V.8G. mit einer Geld-
buße bis zu 900 .K geahndet; von der Strafe
befreit nur der Nachweis, daß die Verletzung
durch einen unverschuldeten Zufall entstanden
sei. Wegen der sonstigen Folgen der Verschluß-
verletzung s. VBG. § 96. Auch bei den übrigen
indirekten Steuern spielt der V. (Steuer-
verschluß) eine Rolle. Er dient zum Schutze
der noch unversteuerten steuerpflichtigen Ware
gegen Zugriffe Unbefugter und zwar sowohl
in der Erzeugungsstätte kuell. . B. Brannt-
weinvoahchsab # Ue II, 4), als auch
bei der Versendung der Ware unter Steuer-
kontrolle (( Steueraufsicht). Mitunter
steht die Erzeugungsstätte selbst unter Steuer-
verschluß (uvgl. z. B. Zuckersteuer IIIf, 2).
Auch die Verschließung von Betriebsgeräten be-
hufs Verhinderung unbefugter Benutzung oder
dgl. findet sich (vgl. z. B. Branntwein-
verbrauchsabgabe IIc, 5). Die Ver-
letzung des V. ist auch hier mit Strafe, unter Um-
ständen mit der Hinterziehungsstrafe bedroht.
Verschnittwein ist ein Wein, der mit Wein
vermischt ist (Coupage, Verstechen, Vermischen).
V. sind keine gefälschten oder nachgemachten
Weine (Weingesetz vom 7. April 1909 — RGBl.
393 — § 2). S. Wein I12.— Roter Trauben-
wein und frischer Most zu solchem Wein, beide
in gewisser Beschaffenheit in Fässern oder Kessel-
wagen eingehend, unterliegen, sofern sie unter
amtlicher Überwachung zum Verschneiden ver-
wendet werden, als Verschnittweine
vertragsmäßig dem ermäßigten Zollsatz von 15 .#K
für den Doppelzentner (Vertragsbestimmungen
zu Nr. 180 des ZollT.). Die besondere Zoll-
ermäßigung für V. beruht auf der Erwägung, daß
sie die Verwertung der inländischen verschnittbe-
dürftigen Weinc fördert. Die näheren Bestim-
mungen über ihre Zollbehandlung, gibt der Ab-
schnitt 11 der Weinzollordnung (381. 1909, 333).
Berschuldung des ländlichen Grundbesitzes s.
Entschuldung und Landwirtschaft-
liche und Grundeigentumsstati-
tik zu 7.
Verschwender. Die Verschwendung hat mehr-
fach im Rechte Bedeutung. Innächt bildet sie