Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Versicherungsanstalten 
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Last (Gemeinlast) und die den einzelnen Ver--218) und dem Rundschr. des RVA. vom 10. April 
sicherungsträgern verbleibende besondere Last 
(Sonderlast) zu decken. Die Gemeinlast wird 
gebildet durch drei Viertel der abgerundeten 
(AN. 19, 576) Altersrenten, die Grundbeträge 
aller Invalidenrenten, die Rentensteigerungen 
infolge von Krankheitswochen und die Renten- 
abrundungen (s. Invalidenversiche- 
rung II, III, IV). Alle übrigen Verpflich- 
tungen bilden die Sonderlast der V. Zur Deckung 
  
1901 (AN. 17, 390) zu führen. Das Rechnungs- 
jahr ist das Kalenderjahr (Inv WG. § 165). So- 
weit das Anstaltsvermögen zur Deckung der Ver- 
pflichtungen nicht ausreicht, haftet der Provin- 
zialverband, und wenn auch dieser unvermögend 
ist, der Staat (Garantieverband). Bei 
gemeinsamen V. wird zwischen den einzelnen 
Garantieverbänden die Haftung nach der Be- 
völkerungszisfer verteilt. Die Mittel der V. 
der Gemeinlast werden in jeder V. vom 1. Jan. dürfen für andere als die im Inv WG. vorge- 
1900 ab vier Zehntel der Beiträge buchmäßig 
ausgeschieden (Gemeinvermögen). Dem Ge- 
meinvermögen sind für seinen buchmäßigen 
Bestand von der V. Zinsen gutzuschreiben. Der 
Zinsfuß beträgt nach RK Bek. vom 31. Jan. 1901 
(3Bl. 24) jährlich 3 v. H. S. auch Rundschr. des 
R. vom 25. Febr. 1901 (AN. 17, 266). Ergibt 
sich bei Ablauf der für die Bemessung der Bei- 
träge festgesetzten zehnjährigen Perioden (s. 
Invalidenversicherung VI), daß das 
Gemeinvermögen zur Deckung der Gemeinlast 
nicht ausreicht oder nicht erforderlich ist, so hat 
der BR. für den nächstfolgenden Zeitraum über 
die Höhe des für das Gemeinvermögen buch- 
mäßig auszuscheidenden Teils der Beiträge zwecks 
Ausgleichung der entstandenen Fehlbeträge oder 
Überschüsse zu beschließen. Eine Erhöhung des 
für das Gemeinvermögen buchmäßig auszuschei- 
denden Teils der Beiträge bedarf der Zustimmung 
des RT. Das am 31. Dez. 1899 angesammelt 
gewesene Vermögen der V. und weiter das bei 
Ablauf der zehnjährigen Zeiträume angesammelte 
Vermögen der V., soweit es nicht buchmäßig 
für die Gemeinlast ausgeschieden ist, darf zur 
Deckung der Gemeinlast nicht herangezogen 
werden. Mit Genehmigung des B. kann die V. 
Überschüsse des Sondervermögens im wirtschaft- 
lichen Interesse der Rentenempfänger, Versicher- 
ten und ihrer Angehörigen verwenden (Inv VG. 
§ 45). Die Bestände der Versicherungsanstalten 
sind wie Mündelgelder (s. d.) anzulegen, und 
zwar entscheidet für die Zulässigkeit der Anlage 
in landesgesetzlich zugelassenen Wertpapieren der 
Sitz der Anstalt. Zeitweilig verfügbare Gelder 
können mit widerruflicher Genehmigung des 
HM. in anderer Weise angelegt werden. Mit 
Genehmigung des RVA. können die V. ihr Ver- 
mögen in anderer Weise, insbesondere in Grund- 
stücken anlegen. Wollen sie mehr als ein Viertel 
in dieser Weise anlegen, so bedürfen sie dazu der 
Genehmigung des Provinzialverbandes und bei 
gemeinsamen V. auch der Zustimmung der be- 
teiligten Landesregierungen. Eine solche Anlage 
ist jedoch nur in Wertpapieren oder für die Zwecke 
der Verwaltung, zur Vermeidung von Ver- 
mögensverlusten für die V. oder für solche Ver- 
anstaltungen zulässig, welche ausschließlich oder 
überwiegend der versicherungspflichtigen Be- 
völkerung zugute kommen. Mehr als die Hälfte 
ihres Vermögens darf jedoch eine V. in der be- 
zeichneten Weise nicht anlegen (Inv VG. & 164). 
S. hierzu Rundschr. des RVA. vom 5. Febr. 
1900 (AN. 16, 390). Die V. haben dem RV. 
alljährlich nach Maßgabe der Bestimmungen 
vom 1. März 1901 (AN. 17, 367) übersichten 
über die Geschäfts= und Rechnungsergebnisse 
mitzuteilen. Die Rechnung ist gemäß den Vor- 
schriften des R##A. vom 1. Dez. 1899 (AN. 16, 
  
  
  
sehenen Zwecke nicht verwendet werden. Die 
V. darf andere als die ihr durch das Gesetz über- 
tragenen Geschäfte nicht übernehmen (Inv VG. 
§ 68). Der Entwurf des Voranschlags ist spä- 
testens zwei Wochen vor der Ausschußsitzung 
dem RV. in Abschrift vorzulegen (Inv VW. 
§ 71 Abs. 2). 
III. Statut. Für jede V. wird ein Statut 
erlassen, das den Anforderungen des Inv VWG. 
* 70 entsprechen muß; es bedarf zu seiner Güllig- 
keit der Genehmigung des RVA. Wird die Ge- 
nehmigung versagt, so ist binnen vier Wochen die 
Beschwerde an den B. zulässig. Das gleiche 
gilt für Abänderungen des Statuts (Inv W. 
88 70, 72). 
IV. Organe. Die Organe der V. sind der 
Vorstand, der Ausschuß und die Rentenstellen. 
1. Der Vorstand führt die Verwaltung, 
soweit nicht einzelne Geschäfte durch Gesetz oder 
Statut anderen Organen übertragen sind. Er 
vertritt die V. nach außen und hat die Eigenschaft 
einer öffentlichen Behörde. Seine Geschäfte 
werden durch Beamte wahrgenommen, die die 
Provinz, für deren Bezirk die Anstalt errichtet 
ist, ernennt. Die Bezüge der Beamten und, ihrer 
Hinterbliebenen sind von der V. zu vergüten. 
Außerdem müssen dem Vorstande Vertreter der 
Arbeitgeber und der Versicherten angehören, 
denen eine Besoldung aber nicht gewährt wird. 
Nach Bestimmungen des Statuts können dem 
Vorstande noch andere besoldete oder unbesoldete 
Personen angehören. Die Besoldung für diese 
hat der Ausschuß festzusetzen (Inv VWG. 8 74). Der 
Vorsitzende des Vorstands hat Beschlüsse der Or- 
gane der V., welche gegen die gesetzlichen oder 
statutarischen Vorschriften verstoßen, mit auf- 
schiebender Wirkung unter Angabe der Gründe zu 
beanstanden. Die Anfechtung erfolgt mittels 
Beschwerde an das RVA. (Inv WG. 8§ 75). Im 
Hinblick auf § 93 können auch unwirtschaftliche 
Beschlüsse angefochten werden. Der Vorsitzende 
hat den Beschluß beim RVA. anzufechten (Ad. 
19, 250). Die Anfechtung ist nur insofern zuge- 
lassen, als es sich um vollstreckbare Entschei- 
dungen handelt (AN. 20, 253). 
2. Ausschuß. Der Ausschuß besteht aus 
mindestens je fünf Vertretern der Arbeitgeber 
und der Versicherten, die getrennt von den Bei- 
sitzern der Rentenstellen (s. unter 3) und den 
Vertretern der Arbeitgeber und Versicherten bei 
den unteren Verwaltungsbehörden (s. d.) nach 
der vom HM. entworfenen (Erl. vom 1. Sept. 
1899 — Mhl. 205), von dem Oberpräsidenten 
erlassenen Wahlordnung und unter Leitung eines 
von diesem ernannten Wahlkommissars gewählt 
werden (Inv W. §§ 76, 77). Die Kosten der 
Wahl trägt nicht der Staat (Erl. vom 15. Mai 
1900 — M l. 205). Soweit durch Schreibhilfe
	        
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