Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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im Dienste des Staates beschäftigten nicht sonst 
versicherungspflichtigen Personen, soweit sie 
nicht Beamte sind (KVG. 8 26b), die V. ein- 
führen. Von dieser Befugnis ist weder im Reiche 
noch in Preußen Gebrauch gemacht, vielmehr 
ist nur eine Kranken fürsorge eingeführt 
worden. 
3. Befreiung von der V. tritt ent- 
weder kraft Gesetzes oder auf Antrag ein: a) Kraft 
Gesetzes sind von der V. befreit Betriebsbeamte 
(s. d.), Werkmeister und Techniker (d. h. die in 
GewO. 8§ 133 a bezeichneten Personen; OVG. 
35, 365), Handlungsgehilfen und -lehrlinge (s. d.), 
die im Geschäftsbetriebe der Anwälte, Notare 
und Gerichtsvollzieher, der Krankenkassen, Be- 
rufsgenossenschaften und Versicherungsanstalten 
beschäftigten Personen, wenn ihr Arbeitsverdienst 
an Lohn oder Gehalt 6⅝8 K für den Arbeitstag 
oder, sofern Lohn oder Gehalt nach größeren 
Zeitabschnitten bemessen ist, 2000 .K für das Jahr 
gerechnet übersteigt (KVG. § 2b). Ferner sind 
nach KVG. 8§ 3 von der V. ausgenommen Per- 
sonen des Soldatenstandes, sowie solche in Be- 
trieben oder im Dienste des Reichs, eines Staates 
oder Kommunalverbandes beschäftigte Personen, 
welche dem Reiche, Staat oder Kommunalver= 
bande gegenüber in Krankheitsfällen Anspruch auf 
Fortzahlung des Gehalts (s. OV G. 15, 391) oder 
des Lohnes oder auf eine den Mindestleistungen 
der Gemeindekrankenversicherung entsprechende 
Unterstützung mindestens für 13 Wochen nach der 
Erkrankung haben und bei Fortdauer der Er- 
krankung für weitere 13 Wochen Anspruch auf 
diese Unterstützung oder auf Gehalt, Pension, 
Wartegeld oder ähnliche Bezüge mindestens im 
1½ fachen Betrage des Krankengeldes haben. 
Diese Ansprüche bino in Preußen und im Reich 
allen Beamten durch übereinstimmende Erlasse 
der Verwaltungschefs zugesichert, z. B. für die 
Beamten der Handels= und Gewerbeverwaltung 
(Erl. vom 19. April 1904 — HM l. 108). b) Auf 
ihren Antrag sind nach KVG. § 3 a von der V. 
zu befreien Personen, welche infolge von Ver- 
etzungen, Gebrechen, chronischen #nheiten 
oder Alter nur teilweise oder nur zeitweise er- 
werbsfähig, sind, wenn der unterstützungs- 
pflichtige AUV. der Befreiung zustimmt. Ferner 
sind für die Dauer des Arbeitsvertrages auf 
lhren Antrag zu befreien Personen, die gegen 
ihren Arbeitgeber für den Fall der Erkrankung 
ein Rechtsanspruch auf eine den Mindestleistungen. 
  
der Gemeindekrankenversicherung entsprechende 
Unterstützung — dazu gehört bei Krankenhaus- 
behandlung auch die Angehörigenunterstützung 
(O#. 39, 333) — zusteht, sofern die Leistungs- 
fähigkeit des Arbeitgebers zur Erfüllung des An- 
spruchs gesichert ist, sowie auf Antrag des Arbeit- 
ebers die in der Land= und Forstwirtschaft be- 
Schaftigten Arbeiter, die einen gleichen Rechts- 
anspruch gegen ihren Arbeitgeber haben (G. 
vom 5. Mai 1886 — RBl. 132 — F 136), 
Lehrlinge, denen durch den Arbeitgeber für die 
während der Dauer des Lehrverhältnisses ein- 
tretenden Erkrankungsfälle der Anspruch auf freie 
Kur und Verpflegung in einem Krankenhaus auf 
die Dauer von 26 Wochen gesichert ist, und Per- 
sonen, welche im Falle der Arbeitslosigkeit in 
einer die V. begründenden Art in Wohltätigkeits- 
anstalten beschäftigt werden, deren Zweck darin 
  
  
Versicherungspflicht 
besteht, arbeitslosen Personen vorübergehend 
Beschäftigung zu gewähren (Arbeiterkolonien 
u. dgl.). Die Befreiung erlischt vor Beendigung 
des Arbeitsvertrags, wenn sie von der Auf- 
sichtsbehörde wegen nicht genügender Leistungs- 
fähigkeit des Arbeitgebers von Amts wegen oder 
auf Antrag eines Beteiligten aufgehoben wird 
oder wenn der Arbeitgeber die befreite Person 
zur Krankenversicherung anmeldet. Die An- 
meldung ist ohne rechtliche Wirkung, wenn die 
befreite Person zur Zeit derselben bereits er- 
krankt war. Wird der Antrag auf Befreiung von 
der Verwaltung der Gemeindekrankenversiche- 
rung oder von dem Vorstande der Krankenkasse, 
welcher der Antragsteller angehören würde, ab- 
gelehnt, so entscheidet auf Anrufen des Antrag- 
stellers die Aufsichtsbehörde endgültig. Bei land- 
und forstwirtschaftlichen Arbeitern steht jedem 
der Beteiligten binnen zwei Wochen gegen die 
Entscheidung über den Befreiungsantrag die Be- 
schwerde zu. Die Verpflichtung des Arbeitgebers 
zur Unterstützung des erkrankten Versicherten 
hört nicht mit der Lösung des Arbeitsvertrags, 
sondern erst mit Ablauf der gesetzlichen Unter- 
stützungsdauer auf (OV . 39, 333). Insoweit im 
Erkrankungsfalle der gegen den Arbeitgeber be- 
stehende Anspruch nicht erfüllt wird, ist auf Antrag 
der befreiten Person von dem zuständigen Träger 
der Krankenversicherung die gesetzliche oder 
statutenmäßige Krankenunterstützung zu gewäh- 
ren. Die zu dem Ende gemachten Aufwendungen 
sind von dem Arbeitgeber zu erstatten. Streitig- 
keiten über Unterstützungsansprüche zwischen 
Versicherten und dem Träger der Versicherung, 
die aus Anlaß der Befreiung von der V. ent- 
tehen, werden durch die Aufsichtsbehörde ent- 
chieden, gegen deren Entscheidung binnen vier 
Wochen nach der Zustellung die Klage im ordent- 
lichen Rechtsweg, und soweit es sich um land- 
und fortwirtschaftliche Arbeiter handelt, binnen 
einem Monat die Klage beim Bezd. zugelassen 
ist. Über Erstattungsansprüche entscheidet der 
BezA. (KVG. § 58 Abs. 1, 2; G. vom 5. Mai 
1886 § 136 Abs. 6; Lu WG. § 29; Allerh V. 
vom 9. Aug. 1892 — GS. 239 — §1 und vom 
29. Aug. 1900 — GE. 317 — § 1). Wegen des 
Versicherungsrechts s. Selbstversicherung. 
4. Streitigkeiten zwischen den Trägern 
der Krankenversicherung einerseits und den Ar- 
beitgebern oder Versicherten andererseits ent- 
scheidet die Aussichtsbehörde, gegen deren Ent- 
cheidung binnen vier Wochen die Klage im 
  
  
ordentlichen Rechtswege zugelassen ist (§5 58 
Abs. 1). 
II. Unfallversicherung. Auch auf 
dem Gebiete der Unfallversicherung wird zwischen 
der gesetzlichen und statutarischen V. unter- 
schieden. 
1. Gesetzliche V. Kraft Gesetzes sind ver- 
sichert alle Arbeiter und Betriebsbeamte (Werk- 
meister, Techniker), letztere sofern ihr Jahres- 
arbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt 3000 4 
nicht übersteigt, wenn sie beschäftigt sind in 
Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, 
Steinbrüchen, Gräbereien (s. Brüche und 
Gruben), auf Werften und Bauhöfen, so- 
wie in Fabriken, gewerblichen Brauereien 
und Hüttenwerken, bei Bauten aller Art, 
in Gewerbebetrieben, welche sich auf die Aus-
	        
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