Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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aller übrigen Kosten, insbesondere derjenigen gedehnt (§ 10 Nr. 9—12). 
der Desinfektion, kann sich die Polizeibehörde 
an den Eigentümer oder Besitzer der Tiere 
oder Ställe oder an den Tierbegleiter halten. 
Die Gemeinden haften für solche Kosten subsidiär. 
In dem G. vom 18. Juni 1894 sind im wesent- 
lichen Vorschriften über die Lungenseucheimpfung 
getroffen. 
IV. Eine weitere reichsgesetzliche 
Viehseuchenvorschrift enthält auch 
die Novelle zur GewO. vom 6. Aug. 1896 
(RGl. 685) im § 56 b Abs. 3, betr. die vete- 
rinärpolizeiliche Beschränkung und das zeit- 
weilige Verbot des Hausierhandels mit Rind- 
vieh, Schweinen, Schafen, Ziegen und Ge- 
flügel (vgl. R# St. 38, 66). Von seuchenpolizei- 
licher Bedeutung ist ferner § 27 des G. über 
  
die Bekämpfung gemeinge fährlicher Krankheiten 
vom 30. Juni 1900 (Re# l. 306), wonach der 
BR. ermächtigt ist, über die bei wissenschaft= 
lichen Arbciten mit Krankheitserregern 
zu beobachtenden Vorsichtsmaßregeln, sowie über 
den Verkehr mit solchen Erregern und über 
deren Aufbewahrung Vorschriften zu erlassen. 
Hiervon hat der BR. nach der Bek. vom 4. Mai 
1904 (RGl. 159) Gebrauch gemacht. Die dort 
gegebenen Vorschriften sind namentlich für solche 
Erreger von Tierkrankheiten (z. B. Rotz) wichtig, 
  
die auf den Menschen übertragbar sind, bezichen , 
:AusfülmmgsgcfctzcszumRisicksviehicuchcngcsetze 
sichaberauchaufdicEtrcgerallcrderAnzcige- 
pflicht unterliegenden Viehseuchen (vgl. auch die 
Erl. vom 4. März 1910 — MBl MiL. 95 — 
und vom 19. Sept. 1908 — ebenda 3564). 
V. In Preußen sind endlich von neucren 
gesetzlichen Bestimmungen seuchen- 
polizeilichen Inhalts zu erwähnen die 
G. vom 29. Juni 1890 (GE. 221) und vom 
22. April 1892 (GS. 90), betr. die Entschädigung 
für an Milzbrand gefallene Tiere (uvgl. Ent- 
schädigung bei Viehseuchen sowie 
Milzbrand und Rauschbrand). 
Biehseuchengesetze (neuh. Gegenüber der 
außerordentlichen Steigerung des Viehverkehrs 
und der dadurch hervorgerufenen stärteren Ge- 
fahr der Viehscuchenverschleppung und ange- 
sichts des Auftauchens oder 
neuer Seuchen, zugleich auch zur Beseitigung 
gewisser gesetzestechnischer Mängel erschicn eine 
  
Viehseuchengesctze (neu) — Viehseuchenübereinkommen 
2. Die veterinär- 
polizeilichen Befugnisse sind erheblich dadurch 
erweitert, daß Maßregeln nicht nur bei be- 
stimmter Seuchengefahr, sondern auch zum 
Schutze gegen die ständige Gefährdung der Vieh- 
bestände durch Viehseuchen ergriffen werden 
können (§ 17). 3. In gewissen Fällen darf 
der Personenverkehr beschränkt werden (§ 19 
Abs. 2, 3 u. §§ 47, 50, 52, 55). 4. Die Befugnis 
zur polizeilichen Anordnung von Impfungen 
und einer tierärztlichen Behandlung von Tieren 
ist verallgemeinert worden (§8 23, 60). b5. Die 
Befugnis zur Anordnung der Tötung von Tieren 
ist ausgedehnt namentlich auf Maul= und Klauen- 
seuche und Tuberkulose (88 24, 49, 61). 6. Die 
Bestimmungen über die Gewährung von Ent- 
schädigungen für getötete und gefallene Tiere 
sind erheblich erweitert worden, namentlich bei 
Rotz, Milzbrand und Rauschbrand, Maul- und 
Klauenseuche, Tuberkulose (§8 66 ff.). 7. Die 
strafrechtlichen Vorschriften sind unter Einbe- 
ziehung des § 328 StGB. völlig neu be- 
arbeitet worden (88§ 79 ff.). 8. Die Befugnisse 
des BR. zum Erlasse von Ausführungsvor- 
schriften sind erweitert. Es ist zugleich eine 
Mitwirkung von Vertretungen der beteiligten 
Berufsstände bei dem Erlasse allgemeiner Aus- 
führungsvorschriften gesichert (§ 79). Inzwischen 
(1911) ist dem Landtage der Entwurf cines 
vom 26. Juli 1909 zugegangen. Nach den Er- 
llärungen des Msst. in der Sitzung des Abge- 
ordneienhauses vom 3. Mai 1911 ist das In- 
krofttreten des Viehseuchengesetzes vom 26. Juni 
1909 zum 1. Ap#il 1912 in Aussicht genommen. 
Biehseuchenstatistik. Früher für Preußen, 
seit 1. Jan. 1886 für das Reich erhoben, laut 
Beschl. vom 29. Okt. 1885 (Veröffentlichungen 
des Kais. Gesundheitsamts S. 231), val. R#- 
Rundschr. vom 22. Jan. 1892 (das. S. 248). 
Die vierteljährlich ausgenommene und jährlich 
veröffentlichte Statistik bezieht sich auf alle 
veterinärpolizeilich bekämpften Viehseuchen. 
Für die zurzeit wichtigsten von ihnen (RNotz, 
Maul= und Klauenseuche, Lungenseuche und 
Umsichgreifens Schweineseuche, einschl. Schweinepest) ist da- 
neben auf Grund der BRBeschl. vom 8. März 
1894 und 16. Juni 1898 (vgl. Erl. vom 30. Juli 
Umarbeitung des Reichsviehseuchengesetzes ge= 1898 — Veröffentlichungen des Kais. Gesund- 
boten. Nach schwierigen und langwierigen Ver- 
handlungen im Recichstag ist das Viehscuchen- 10 
lich im Rcichs- und Staatsanzeiger veroffent- 
gesetz vom 26. Juni 1909 (RGBl. 519) zustande 
gekommen. 
Kais. Verordnung vorbehalten. 
ergehen kann, müssen die umfangreichen Aus- 
führungsbestimmungen des Bundesrats fertig- 
gestellt und ebenso die landesrechtlichen, zum 
Teil Landesgesetze erfordernden Ausführungs- 
vorschriften erlassen sein. Der BR. hat über 
die Ausführungsvorschriften noch nicht beraten. 
Das neue Gesetz schließt sich in seinem Auf- 
bau völlig an das alte an. Die wesentlichsten 
neuen Bestimmungen sind folgende: 1. Die 
Anzeigepflicht (s. d.) ist gesetzlich auf Rotlauf 
der Schweinc, akute Schweinescuche und auf 
Schweinepest, auf Geflügelcholera und Hühner- 
pest, vor allem aber auf die gefährlichen 
« Das Inkrafttreten ist einer mit! 
Zustimmung des Bundesrats zu erlassenden 
Bevor diese 
  
(ofsenen) Formen der Rindertuberkulose aus- 
heitsamtes S. 720) ein fortlaufender Nachrichten- 
dienst eingerichtet, dessen Ergebnisse halbmonat- 
licht werden. Vgl. die neueren auf die V. be- 
züglichen Erl. vom 21. März und 4. Febr. 1908 
(MBlMfL. S. 133, 195), vom 20. Nov. 1908 
(ebenda 1909, 79), vom 17. Febr. 1910 (ebenda 
S. 94). Die vollständigen Ergebnisse der Statinik 
finden sich in den Jahresberichten des Kais. Ge- 
sundheitsamts über die Verbreitung von Tier- 
seuchen im Deutschen Reiche (Berlin, Verlag 
von Jul. Springer). 
Biehseuchenübereinkommen. Im allgemeinen 
hat sich Deutschland seine Autonomie auf veteri- 
närpolizeilic em Gebiete gegenüber dem Aus- 
lande (K. Einfuhrverbote usw.) auch in 
den mit verschiedenen Staaten abgeschlossenen 
Handelsverträgen durch die in diesen inhalt- 
lich überall wiederkehrende Klausel gewahrt, 
daß die sonst für den gegenseitigen Verkehr
	        
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