Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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werbe ausgenommen, die nach GewO. § 35 
untersagt werden können (s. Untersagung 
von Gewerbebetrieben). Personen, 
die das Gewerbe der V. beginnen, haben der 
Ortspolizeibehörde bei Eröffnung des Betriebes 
eine besondere Anzeige zu erstatten (Gew. 
§ 35 Abs. 6). Wegen Überwachung des Be- 
triebes s. Auss Anw. z. GewO. vom 1. Mai 
1904 Ziff. 60 (HMBl. 123). 
Biehzählungen s. Landwirtschaftliche 
und Grundeigentumsstatistik 11. 
Biehzucht. Die Förderung der V. ist Auf- 
gabe der landwirtschaftlichen Verwaltung. Sie 
erfolgt in negativer Richtung durch den Aus- 
schluß ungeeigneter Vatertiere von der Paarung 
(s. Körordnungen), positiv durch Über- 
weisung von Subventionen aus den beim Mf 'L. 
bestehenden Dispositionssonds zur Förderung 
der V. und des Molkereiwesens und der Ge- 
flügelzucht, sowie aus den im Extraordinarium 
des Staatshaushaltsetats ausgebrachten Ver- 
stärkungsfonds zur Förderung der Land= und 
Forstwirtschaft in den östlichen und den west- 
lichen Provinzen. Für ihre Verwendung werden 
utachtliche Außerungen des Landesökonomie- 
ollegiums zugrunde gelegt. Die Verwaltung 
erfolgt zum größeren Teile durch die Landwirt- 
schaftskammern oder doch unter deren tätiger 
Mitwirkung. Die Höhe der den einzelnen Pro- 
vinzen zufließenden Unterstützungen werden in 
den Ergänzungsbänden zu Thiels landw. Jahrb., 
als „Statistische Nachweisungen aus dem Ge- 
biete der landwirtschaftlichen Verwaltung in 
Preußen“ veröffentlicht. In einer Anzahl Pro- 
vinzen ist den Gemeinden in den Landdkreisen 
die Verpflichtung zur Bullenhal- 
tung gesetzlich auferlegt; in der Rheinprovinz 
durch G. vom 27. Juni 1890 (GS. 217), in Hessen- 
Nassau und Schlesien durch G. vom 19. Aug. 
1897 (GS. 393), in Sachsen durch G. vom 
7. Juni 1899 (GS. 115), in Hannover und 
Westfalen durch die G. vom 25. Juli 1900 
(GS. S. 305 bzw. 320). Hiernach sind Gemein- 
den in Landkreisen, in denen die Anzahl der zum 
Decken gehaltenen Bullen eine ungenügende ist, 
verpflichtet, eine dem Bedarf entsprechende 
Anzahl von Bullen anzuschaffen und zu unter- 
bhalten. Die Zahl ist als eine ungenügende 
anzusehen, wenn nicht auf jedes volle oder an- 
gefangene Hundert Kühe und deckfähige Rinder 
mindestens ein Bulle vorhanden ist. Die Ent- 
scheidung, ob die Notwendigkeit der Gemeinde- 
bullenhaltung im Sinne des Gesetzes vorliegt, 
hat der Kr A., in der Rheinprovinz die Kommunal- 
aussichtsbehörde, hier mit der Einschränkung, 
daß der Kr A. einzelne Gemeinden von den Vor- 
schriften des Bullenhaltungsgesetzes ganz oder 
teilweise entbinden kann, wenn wegen besonderer 
wirtschaftlicher Verhältnisse ein Bedürfnis zur 
Anwendung des Gesetzes nicht vorliegt. Der 
Kr A. kann die Zusammenlegung mehrerer Ge- 
meinden zu einem Bullenhaltungsverbande ge- 
nehmigen; er kann solches anordnen, wenn 
eine oder mehrere Gemeinden für sich außer- 
stande sind, den gesetzlichen Vorschriften zu 
entsprechen. — Gegen die Entscheidung des 
KrA. ist die Beschwerde an den Provinzialrat 
zulässig. — Für Stadtkreise kann aus Antrag 
beteiligter Vichbesitzer durch die Kommunal- 
  
Viehzählungen — Vikar 
aussichtsbehörde angeordnet werden, daß auch 
hier die Bestimmungen dieses Gesetzes ange- 
wendet werden. An die Stelle des KrA. tritt 
dann der BezA. — Die Unterhaltung der Ge- 
meindebullen darf nicht an den Mindestfordern- 
den im öffentlichen Aufgebot vergeben werden. 
Auch ist das sog. Reihumhalten dieser Bullen 
unzulässig. Für die Aufbringung der Kosten 
der Bullenhaltung sind die Bestimmungen über 
die Aufbringung der Gemeindelasten bzw. so- 
weit es sich um Bullenhaltungsverbände handelt, 
die Lasten der Zweckverbände (s. d.) maßgebend. 
Für das Gebiet des rhein. Bullenhaltungsgesetzes 
ist vorgeschrieben, daß die Kosten nach Beschluß 
der Gemeindevertretung entweder als allge- 
meine Gemeindelasten zu behandeln oder ganz 
oder teilweise durch zu erhebende Sprunggelder 
oder durch eine besondere auf die Viehbesitzer 
nach Maßgabe ihres Bestandes an Kühen und 
deckfähigen Rindern zu verteilende neue Steuer 
aufzubringen sind. Von einer solchen Steuer 
sind diejenigen Viehbesitzer befreit, deren eigene 
Bullenhaltung für ihren Bestand genügt. Be- 
schließt die Gemeindeversammlung weder in 
dem einen noch in dem anderen Sinne, so 
sind die Kosten der Gemeindebullenhaltung als 
allgemeine Gemeindelasten aufzubringen (G. 
vom 27. Juni 1890 § 3). Nach dem Vorbilde 
der Bullenhaltungsgesetze ist in den Landkreisen 
der Prov. Hessen -- Nassau den Gemein- 
den ebenfalls die Verpflichtung zur Beschaffung 
und Unterhaltung von Ziegen böcken durch 
G. vom 12. Juni 1909 (GöS. 675) auferlegt. 
Die Bestimmungen des Gesetzes entsprechen im 
allgemeinen denen des Bullenhaltungsgesetzes 
für diese Provinz. In der Regel ist für je 80 
deckfähige Ziegen ein Bock zu halten. Wenn die 
Zahl der deckfähigen Ziegen einer Gemeinde 
weniger wie 30 beträgt, kann der Gemeinde 
die Verpflichtung zur Haltung des Bockes nicht 
auferlegt werden. Indessen kann durch Be- 
schluß des Kr A. die Bildung von Bockhaltungs- 
verbänden benachbarter Gemeinden augeordnet 
werden. Bei der Berechnung der erforderlichen 
Anzahl von Böcken kommen nur solche Böcke 
in Betracht, die auf Grund einer vom Regie- 
rungspräsidenten nach Maßgabe der 88§ 137, 139 
und 140 des LVG. vom 30. Juli 1883 erlasse- 
nen Körordnung angekört sind. 
Bikar ist die Bezeichnung für die dem Pfarrer 
beigeordneten Hilfsgeistlichen, " farrvikare, 
Pfarrgehilfen (s. Pfarrer, sowie 
Hilfsgeistlichenfonds und wegen 
ihrer Stellung im Gemeindekirchenrat § 4 
Abs. 2 KGSO. vom 10. Sept. 1873); ferner 
für die im Falle der Erledigung einer Pfarr- 
stelle bzw. bei Behinderung des Pfarrers mit 
der Verwaltung der Pfarrstelle beauftragten 
Geistlichen, Pfarrverweser (pgl. hierzu auch 
§ 56 des Kirchl. DisziplG. vom 16. Juli 1886 — 
KG# Bl. 81). Auch die ein eigenes Benefizium 
innerhalb eines kath. Pfarrbezirks innehabenden 
Geistlichen werden stellenweise V. genannt (ogl. 
hierzu Hirschius, KR. 2, 321 ff.). In der 
ev. Kirche besteht an einzelnen Stellen die Ein- 
richtung der sog. Kreisvikare, d. h. von 
Geistlichen, welche, ohne eine Pfarrstelle zu be- 
sitzen, nach Bedürfnis zur Aushilfe bei der 
pfarramtlichen Tätigkeit innerhalb der ganzen 
 
	        
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