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arten (§ 2) und in der Zeit vom 1. März
bis 1. Okt. das Fangen und die Erlegung von
V. und das Feilbieten sowie der Verkauf
lebender und toter V. überhaupt (8§ 3). Die in
§ 8 des Reichsgesetzes von 1888 zugunsten des
Krammetsvogelfanges vorgesehenen Bestim-
mungen sind in das Gesetz von 1908 nicht über-
gegangen. Auch der Krammetsvogelfang unter-
liegt daher den allgemeinen Vorschriften des 8§2.
Wegen der dem G. nicht unterliegenden V.
ogl. auch hier die Strafvorschrift im § 33 des
Feld= und Forstpolizeigesetzes. Unberührt bleiben
nach § 5 Abs. 1 des G. vom 3. Juni 1908 die
landesgesetzlichen Vorschriften, die im Interesse
der Jagd und Fischerei das Töten von V. ge-
statten. Die Abs. 2 u. 3 das. ermächtigen ferner
die Landesregierungen, Ausnahmen von den
Schonungsgeboten zuzulassen, wenn V. in
Weinbergen, Gärten usw. schädlich auftreten,
serner zu wissenschaftlichen und Lehrzwecken
und für den Fang von Stubenvögeln zu ge-
wissen Zeiten und Orten. Neben der im § 6
angedrohten Strafe kann nach § 7 auf die
Einziehung der verbotswidrig in Besitz ge-
nommenen V. usw., sowie der zu der Straftat
gebrauchten oder bestimmten Werkzeuge er-
kannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem
Verurteilten gehören oder nicht. Wegen der
jagdbaren V. f. Jagdrecht; Jagd-
barkeit; Jagdvergehen; Schonzeit
des Wildes II; wegen des Zerstörens von
Nestern und des Ausnehmens von Eiern oder
Jungen durch den Nichtjagdberechtigten gelten
auch hier die Vorschriften des § 368 Ziff. 11
St GB. und §33des Feld= und Forstpolizeigesetzes.
Vgl. auch Erl. vom 25. Mai 1908 (MBlM-L. 270),
betr. Versuchs= und Musterschutzstation in Seebach,
Kreis Langensalza. S. auch Vogelhandel.
v. Welser, Kommentar, 1910.
Vogelhandel. Durch G., betr. Abänderung
der GewO., vom 29. Juni 1908 (RE Bl. 473)
ist unter die Gewerbebetriebe, die bei Unzu-
verlässigkeit entzogen werden können (GewdO.
§ 35), der Handel mit lebenden Vögeln auf-
genommen worden. Über die Untersagung ent-
scheidet auf Klage der Ortspolizeibehörde (O VG.
20, 343) nach ZG. 8 119 Ziff. 1 der Kr A. in
Stadtkreisen und in den zu einem Landkreise
gehörigen Städten mit mehr als 10 000 Einw.
der BezA. Nach GewO. 8§ 38 Abs. 4 kann die
Zentralbehörde Vorschriften über die Buch-
führung und polizeiliche Kontrolle dieser Gewerbe-
treibenden erlassen. Die Eröffnung des Gewerbe-
betriebes ist nach § 35 Abs. 7 der Ortspolizeibehörde
(Ausf Anw. z. Gew O. vom 1. Mai 1904 Nr. 7, 10
— HMBl. 124) besonders anzuzeigen. Wegen
Überwachung des Gewerbetreibenden s. AusfAnw.
z. Gew O. vom 1. Mai 1904 Ziff. 60 (HM l. 123).
Bolkshochschulkurse bilden einen Teil der Be-
strebungen, welche unter dem Begriff des
Volksbildungswesens zusammengefaßt werden.
Dasselbe begreift insbesondere die Errichtung
von Volksbibliotheken, öffentlichen Lesehallen,
Fortbildungsschulen, Einrichtung gemeinverständ-
licher Vorträge usw. Die V. wollen nach Art
und Form des Hochschulunterrichts durch eine
systematisch zusammenhängende Reihe von Vor-
trägen aus den hauptsächlichsten Wissensgebieten
für alle, die nach wirklicher gründlicher Be-
Vogelhandel — Volkshochschulkurse
lehrung verlangen, eine ständige Einrichtung sein.
Die Entwicklung ist in den einzelnen Ländern
eine sehr verschiedene gewesen. Die dänischen
Volkshochschulen als Winterschulen für junge
Leute, als Sommerschulen für junge Mädchen,
beruhen auf der bäuerlichen Verfassung. Sie
sind Internate, welche der ländlichen Bevölke-
rung ein weitergehendes Wissen in Geschichte,
Geographie, Mathematik, Physik, Landwirt-
schaft, Zeichnen, Handarbeit usw. in freier Weise
durch Vorträge, Kurse, Unterhaltung, Übungen,
Diskussionen vermitteln. Es bestehen 71 der-
artige Schulen, die von etwa 6000 Schülern
besucht werden (s. auch Rein, Handb. der
Pädagogik 9, 703; zwei ähnliche Einrichtungen
bestehen im nördlichen Schleswig). Vom ent-
gegengesetzten Standpunkt geht die englische
University-Extension-Bewegung aus. Die
großen Hochschulen Cambridge und Oxford sen-
den ihre Lehrer und Graduierten in alle Städte,
um durch Reihen von Vorträgen in Verbindung
mit Besprechungen und schriftlichen Arbeiten,
Darbietung von Lektüre über einzelne Wissens-
gebiete das wissenschaftliche Interesse in die
weitesten Kreise zu tragen. Für London hat
eine besondere Gesellschaft für die nördlichen
Distrikte, die Victoria-Universität in Manchester,
die Aufgabe übernommen. Die Zahl der Zyklen
und Zuhörer ist großen Schwankungen unter-
worfen; während die Gesamtzahl der Zyklen
von 1887 bis 1893 von 260 mit 30 000 Hörern
auf 700 mit 57 000 Hörern stieg, fiel im Cam-
bridger und Oxforder Bereich von 1891 zu 1893
die Zahl der Hörer von 47 000 auf 34 000. Die
Bewegung hat sich nach Schweden, Norwegen,
Belgien, Holland und Frankreich fortgepflanzt.
In Österreich hat insbesondere die Wiener Uni-
versität sich 1893 der Sache angenommen und
brachte es 1896 auf 6172 Zuhörer. 1897 fanden
22 Vorlesungen zu je 6 Stunden statt. Graz
und Prag sind nachgefolgt. In der Schweiz
bestehen seit 1895 volkstümliche Vorlesungen in
Zürich und Bern. In Deutschland sind Ansätze
ähnlicher Bestrebungen in den Vorlesungen des
„Freien deutschen Hochstifts“ in Frankfurt a. M.,
in den Unternehmungen der Comenius-Gesell-
schaft in Jena, in privaten Veranstaltungen in
Kassel, in Vereins= (zum Teil von Hochschul-
lehrern geleiteten) Einrichtungen in Königsberg
(1900 6 Zyklen mit 485 Hörern) und Breslau
(25 Zyklen mit 2368 Hörern), vor allem aber
in der Humboldt-Akademie in Berlin, die, 1878
von dem wissenschaftlichen Zentralverein be-
gründet, von 1882—1896 im ganzen mehr als
1000 Vortragszyklen von über 25 000 Hörern
veranstaltete. Sie hatte 1900 in 6 Lehrstätten
218 längere Zyklen. Die Hörerzahl ist von 1882
bis 1900 von 536 auf 9594 gestiegen. Abweichend
von der englischen Zentralisation stellt hier nach
dem Statut eine freie genossenschaftliche Or-
ganisation den Träger der Lehranstalt dar. Der
Vorteil dieser Einrichtung ist die enge Fühlung
mit den betreffenden Volkskreisen; die Vor-
tragenden rekrutieren sich aus Universitäts-
lehrern, Gymnasiallehrern, Beamten, Privat-
gelehrten, Schriftstellern usw., 1901 waren es 61.
Einen neuen Anstoß schien die Sache zu erhalten
durch einen Antrag hervorragender Berliner
Universitätslehrer an den Senat der Universität