Volksschulen — Volljährigkeit
auf Einrichtung volkstümlicher Hochschulkurse in
den verschiedenen Stadtteilen. Es wird dabei
insbesondere die Notwendigkeit betont, gegen-
über der gesellschaftlichen Zersplitterung eine
einheitlichere Gestaltung der allgemeinen Bil-
dung und Gesittung herbeizuführen. Der An-
trag wurde vom Senat abgelehnt. Ein privater
Verein Berliner Hochschullehrer hat sodann die
volkstümlichen Kurse seit 1898 veranstaltet. 1907:
1000 Hörer. Neuerdings treten auch Studenten
als Lehrer auf (Berlin 1908: 57 mit 235 Hörern).
— Im ganzen bestehen in Deutschland bisher,
soweit bekannt, 15 derartige Einrichtungen. Ne-
benher werden von den einzelnen Universitäten
Ferienkurse für bestimmte Stände mit begrenzten
Zielen abgehalten, für Lehrer naturwissenschaft-
liche (Berlin, Göttingen), archäologische (Berlin,
Bonn), neuphilologische (Greifswald), ferner in
Marburg, Göttingen, Frankfurt a. M. neuer-
dings auch besondere Kurse für Volksschullehrer
(Münster i. W.). Unterrichtskurse für Frauen
bietet insbesondere das 1868 begründete Vik-
toria-Lyzeum in Berlin. Die Vormittagskurse
sind für Mädchen, welche eben die Schule ver-
lassen haben; die Nachmittagskurse für Lehre-
rinnen usw., meist über Geschichte, Kunst, Lite-
ratur. Die Hochschulkurse sollen und wollen
keine Halbbildung fördern, sie sollen kein Wis-
sensgebiet erschöpfen, aber durch die Art der
Darbietung Anregung zu selbständigen Studien
und zu einer Vertiefung des Wissens geben;
sie wollen die Selbständigkeit des Denkens bil-
den, sie wollen aber auch in jedem einzelnen
ein tiefseres Verständnis für die Entwicklung und
die Aufgaben des nationalen Lebens erziehen.
Sie haben eine intellektuelle, ethische, soziale
und nationale Bedeutung (s. zu Vorstehendem
Hirsch, Volkshochschulen, Berlin 1901; Schultze,
Volkshochschulen 1897; Rein und Flesch, Volks-
hochschulkurse, 1900).
Bolksschulen s. Schulen.
Bok,sschulgesetze s. Schulgesetzgebung.
Bolkswirtschaftsrat war eine durch V. vom
17. Nov. 1880 (GS. 367) eingesetzte Körper-
schaft, welche, aus Vertretern der verschiedenen
wirtschaftlichen Interessengruppen zusammen-
gesetzt, dazu bestimmt ist, die Entwürfe zu
wichtigeren Gesetzen und Verordnungen aus
dem Gebiete des Handels, der Industrie und
der Land= und Forstwirtschaft zu begutachten.
Der Versuch, auf diese Weise eine Gesamtver-
tretung der verschiedenen wirtschaftlichen Er-
werbszweige zu bilden, hat sich nicht bewährt,
und es ist daher von einer weiteren Einbe-
rufung des V., dessen Einrichtung auch für
das Reich in Aussicht genommen war, abge-
sehen worden, zumal auch die Bewilligung von
Mitteln für die Einrichtung sowohl vom preuß.
AbgH., wie vom RT. abgelehnt wurde.
Bolkswohlfahrtszentralstelle s. Zentral-
stelle für Volkswohlfahrt.
Bolkszählungen s. Bevölkerung und
Bevölkerungsstatistik.
Bolljährigkeit. Mit der V., früher Groß-
jährigkeit genannt, wird die volle Handlungs-
und Geschäftsfähigkeit, insbesondere mit der
Folge der Beendigung der elterlichen Gewalt,
für einen Mann auch die Ehemündigkeit (s. d.)
erlangt. Sie tritt mit der Vollendung des
883
21. Lebensjahres ein (BGB. 8 2), d. i. mit
Ablauf des dem Geburtstage vorangehenden
Tages, dem Anbruche des 22. Geburtstags (BG.
§* 187 Abs. 1). Der König und die Mitglieder
des Königlichen Hauses sowie des Hohenzollern-
schen Fürstenhauses werden bereits mit dem
vollendeten 18. Lebensjahre volljährig. Für die
ehemaligen Reichsunmittelbaren bewendet es
bei der Regel (EB. Art. 57, 58; G., betr.
das Alter der Großjährigkeit, vom 17. Febr.
1875 — RGBl. 70 — § 2). Nach erlangter
V. hat das Alter nur noch ausnahmsweise be-
sondere rechtliche Bedeutung, so das vollendete
31. und 70. Lebensjahr bei der Todeserklärung
(BuB. §14), das 50. Lebensjahr für die Fähig-
keit zur Annahme an Kindes Statt (§ 1744), das
60. als Ablehnungsgrund für die Übernahme
und Weiterführung einer Vormundschaft (8§ 1786,
1889). Die rechtliche Stellung eines Volljäh-
rigen, mit Ausnahme derjenigen Rechte und
Pflichten, welche im Be. (z. B. 8§8 1305,
1726, 1749) oder in anderen Gesetzen ausdrück-
lich an die Vollendung des 21. Lebensiahres
oder an die V. geknüpft oder in Willenserklä-
rungen als hieran geknüpft anzusehen sind, kann
einem Minderjährigen durch Volljährigkeits-
erklärung verschafft werden. Diese erfolgt
stempelfrei (PrKG. 8§ 29) durch Beschluß des
Vormundschaftsgerichts und setzt Vollendung
des 18. Lebensjahres sowie die Einwilligung
des Minderiährigen voraus, wenn derselbe noch
unter elterlicher Gewalt steht, auch die des
Gewalthabers, es sei denn, daß dem letzteren
weder die Sorge für die Person noch die Sorge
für das Vermögen des Kindes zusteht, oder
daß es sich um eine minderjährige Witwe handelt.
Der Einwilligung des Vormundes oder Pflegers
bedarf es nicht. Die Volljährigkeitserklärung
soll nur ausgesprochen werden, wenn sie das
Beste des Minderjährigen befördert, worüber
nach § 1847 BG#B. Verwandte und Verschwägerte
zu hören sind, und wobei nicht bloß wirtschaft-
liche, sondern auch sittliche Momente in Be-
tracht kommen (Ko#J. 27 A 15), und nur ent-
weder auf Antrag des Minderjährigen selbst oder
auf den desjenigen gesetzlichen Vertreters des-
selben, welchem die Sorge für die Person zu-
steht. Sie ist aber nicht wie die Ehelichkeits-
erklärung Gnadensache (s. Uneheliche Kin-
der III), sondern hat, wenn die vorgenommene
Prüfung das Vorhandensein der gesetzlichen
Voraussetzungen ergibt, zu erfolgen. Gegen die
Zurückweisung des Antrags auf Volljährigkeits-
erklärung findet die gewöhnliche, gegen den
Beschluß, welcher die V. eines Minderjährigen
erklärt, die sofortige Beschwerde statt. Die
Verfügung, durch welche der Minderjährige für
volljährig erklärt wird, tritt erst mit der Rechts-
kraft in Wirksamkeit (BGB. §§ 3—6; FG.
§ 19 Abs. 1, 20 Abs. 1, 56, 60 Ziff. 3, 29 Abs. 2).
ber Volljährigkeitserklärung während des
Ruhens der elterlichen Gewalt des Vaters s.
KGJ. 37 A 48. Sachlich zuständig zur Voll-
jährigkeitserklärung sind in Preußen die Amts-
gerichte (FMGGG. § 35) außer für die Mitglieder
der in den Art. 57, 58 EGBGB. genannten
Familien. Wegen der örtlichen Zuständigkeit
sind die §§ 43, 36 FG#G. maßgebend. Die
elterliche Gewalt hört stets mit der V. auf (BGB.
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