Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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rechtsverbindlicher Form beteiligt hatten. Die 
öffentlichen Verbände sollten nicht, wie dies 
seinerzeit bei dem Ems-Jade-Kanal, bei der 
Netzekanalisierung, am Dortmund-Ems--Kanal 
entsprechend dem Verfahren, das noch heute in 
der Eisenbahnverwaltung bei Nebenbahnpro- 
jekten üblich ist, gesordert wurde, den Grund und 
Boden unentgeltlich für den Bau zur Verfügung 
stellen oder dessen seitens der Verwaltung fest- 
gestellten Wert beisteuern. Auch sollen sie nicht 
einen fast bestimmten Teil des Baukapitals 
à fonds perdu zuschießen, wie z. B. Kassel bei 
der Fuldakanalisierung oder Berlin bei dem Aus- 
bau der Spree oder der Kreis Lauenburg bei 
dem Elbe-Trave-Kanal. Sie hatten sich vielmehr 
dauernd für die Rentabilität der staatlichen 
Aufwendungen, die Deckung der Betriebs= und 
Unterhaltungskosten, die Verzinsung und Til- 
gung eines Baukostenanteils stark zu machen 
(Wasserstraßengesetz §§ 2—5, 8). Die Verpflich- 
tungen waren am 1. April 1906 sämtlich über- 
nommen (Denkschr. vom 23. Mai 1906, AbgH- 
Drucks. Nr. 393). Ahnliche Ertragsgarantien 
waren übrigens von den beteiligten Kaufmann- 
schaften bereits bei dem Ausbau der Schiffahrt- 
straße zwischen Stettin und Swinemünde und 
des Königsberger Seekanals verlangt worden. 
Wenn an dem Masurischen Kanal (s. d.) neuer- 
dings wieder die Interessenten nur den Grund 
und Boden bereit zu stellen haben, so erklärt 
sich dies daraus, daß die Mittel für das Unter- 
  
nehmen mit dieser Maßgabe bereits 1874 be- 
willigt, dann aber wieder zurückgestellt worden 
waren. Bei der Aufbringung und Unterver- 
teilung der Lasten, welche den Verbänden aus 
den nach dem Wasserstraßengesetz übernomme- 
nen Verpflichtungen erwachsen, finden die Vor- 
schriften über die Mehr= und Minderbelastung 
einzelner Kreise und Kreisteile sowie der §§ 9 
u. 20 des KAG. vom 14. Juli 1893 Anwendung 
(§ 9). Aus den Garanten sind 1906 Finanz- 
beiräte gebildet (s. d.). Daneben sichern 
allen Interessenten die aus ihren Vertretern 
eingesetzten Wasserstraßenbeiräte (s. d.) eine Mit- 
wirkung bei Durchführung der Unternehmungen. 
Von der Möglichkeit, sich an dem Spekulations-= 
grunderwerbe (J. Schiffahrtskanäle I 4) 
in größerem Umfange zu beteiligen, haben die 
Garanten keinen Gebrauch gemacht. Ihre Ent- 
schließung, ob sie bei dem Schleppmonopol (s. d.) 
finanziell mitwirken wollen, steht noch aus. 
IV. Landeskultur. Bei ihren Kanal- 
bauten läßt die Staatsregierung sich nicht nur 
die Verhütung von Schädigungen der 
benachbarten Grundbesitzer an- 
gelegen sein. Sie bietet ihnen darüber hinaus 
nach Kräften Gelegenheit, die landwirtschaft- 
lichen Erträge durch Meliorationen zu 
heben. In dem Gesetze ist sie dazu finanziell 
in erweitertem Umfange instand gesetzt, indem 
zur Verbesserung der Landeskultur eigens eine 
Summe ausgeworfen wird (§ 1 Ziff. 1c). Außer- 
dem glaubt § 11 Abs. 1 noch auf die Notwendigkeit 
hinweisen zu müssen, es bei der seitherigen Praxis 
auch in Zukunft zu belassen und die Organe der 
landwirtschaftlichen Verwaltung an der Auf- 
stellung und Durchführung der Entwürfe zu be- 
teiligen. Wegen des Erwerbs von Fischereibe- 
rechtigungen an Gewässern, die durch staatliche 
Wasserstraßengesetz 
Bauausführungen betroffen werden, s. Gesetz- 
entwurf AbgH Drucks. 1911 Nr. 203. 
V. Schutz der Kanalanlieger. In 
den §§ 12—14 wird die Tatsache gewürdigt, daß 
große Wasserbauten die Verhältnisse in den durch- 
schnittenen Gegenden einschneidender zu berühren 
pflegen, als Eisenbahnbauten, daß Unbilligkeiten 
bei denjenigen Eigentümern hier nicht ausbleiben, 
welche keinen Grund und Boden abzutreten 
haben und daher zur Abwehr von Schäden sich 
auf das allgemeine bürgerliche Recht angewie- 
sen sehen (s. Entschädigung bei Ent- 
eignungen III). Der Kreis der Entschädi- 
gungsberechtigten wird erweitert. Demjenigen 
Betroffenen, der nicht durch die Anordnung von 
Nebenanlagen geschützt werden kann, wird eine 
Geldentschädigung zugesprochen (vgl. schles. Hoch- 
wassergesetz vom 3. Juli 1900 — GS. 171 — NN 12 
Abs. 2 Satz 1). Den Anspruch hat nach dem Wort- 
laute des Gesetzes nur der Grundeigentümer:; 
Dritte, die gegen ihn einen persönlichen oder 
dinglichen Anspruch haben, wie solche z. B. § 11 
Enteign G. aufzählt, scheiden aus. Verletzung 
eines privaten Rechts ist nicht Voraussetzung. 
Ein Verschulden des Staats braucht nicht nach- 
gewiesen zu werden; es genügt, wenn der Scha- 
den auf das staatliche Unternehmen zurückzu- 
füühren ist. Andererseits muß (Abg Drucks. 
1908 Nr. 260 S. 27 zu § 4) die Billigkeit nach 
den Umständen des Falls Schadloshaltung er- 
ffordern, also z. B. nicht sich Nachteile durch 
Vorteile ausgleichen, welche mittelbar oder un- 
mittelbar aus dem Unternehmen erwachsen; vgl. 
BGB. s 829, der noch die persönlichen Verhält- 
nisse des Betroffenen mitgewürdigt wissen will. 
Hat Kläger schon nach gegenwärtigem Rechte, 
nach dem Enteignungsgesetze, nach den nachbar- 
rechtlichen Grundsätzen einen Anspruch, so ver- 
bleibt es hierbei. 
Über die staatlichen Verpflichtungen wird in 
dem anhängigen Enteignungsverfahren, und zwar 
zunächst in der Planfeststellung, dann in der 
Entschädigungsfeststellung entschieden. Wie der 
Eingang des § 13 zeigt, wünscht der Gesetzgeber 
aus praktischen Gesichtspunkten die gleichzeitige 
Behandlung mit den Ansprüchen aus dem Ent- 
eignungsgesetze. Im übrigen finden auf Ansprüche 
aus § 12 die allgemeinen, enteignungsrecht- 
lichen Vorschriften über Ladung, Anhörung von 
Sachverständigen, gütliche Einigung sinngemäß 
Anwendung. Die Vorschriften wegen Voll- 
ziehung der Enteignung scheiden naturgemäß 
aus. Die Hinterlegung geschieht nach BGB. 
Findet eine Erörterung der Ansprüche aus 
§* 12 in dem Enteignungsverfahren nicht statt, 
so geschieht sie in einem Sonderverfahren. Die 
Einleitung dieses abgekürzten Verfahrens kann 
bei allen unter das Wasserstraßengesetz fallenden 
Unternehmungen verlangt werden; den Vor- 
gang geben §§ 17, 18 Kleinbahn G., ohne daß 
freilich wie dort die Inangriffnahme der Bau- 
arbeiten von der zuvorigen Durchführung des Ver- 
fahrens abhängig gemacht wird (AbgH. 16. März 
1909 Spalte 4064; 14. Mai 1909 Spalte 6485). 
Zuständig für das Sonderverfahren ist der Bez A. 
Versagt er die beantragten Nebenanlagen, so 
tritt an ihn die Frage des Ausgleiches durch 
Geldentschädigung heran. Die Entscheidungen 
erfolgen durch ein und denselben Beschluß. 
  
  
 
	        
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