Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Wege (öffentliche) 
Willen der Wegepolizei kann niemand einen 
öffentlichen W. schaffen. Dies gilt auch dann, 
wenn etwa auf Grund des G. vom 2. Juli 1875 
(GS. 561) Fluchtlinien festgestellt sind, da die 
Genehmigung des Fluchtlinienplans sich nur auf 
das Straßenprojekt bezieht, nicht aber auf die 
Schaffung der Straße als solcher (Pr VBl. 
26, 639). Als Mittel, die Schaffung eines öffent- 
lichen W. durchzusetzen, steht dem Eigentümer 
und dem Wegebaupflichtigen nur die Beschwerde 
an die Aufsichtsbehörde der Wegepolizeibehörde 
zu (O## . 36, 217). Andererseits kann auch nie- 
mand gegen den Willen der Wegepolizeibehörde, 
das öffentliche Verkehrsbedürfnis vorausgesetzt, 
die Schaffung verhindern (O# G. 17, 322). 
III. Einteilung und Detlassie- 
rung. A. Einteilung. Für die Ein- 
  
923 
17, 74). In der Regel sind diese W. rechtlich 
als Privatwege anzusehen, die tatsächlich für den 
öffentlichen Verkehr benutzt werden. Die für 
ihre Herstellung und Unterhaltung erwachsenden 
Kosten, als welche insbesondere die Kosten für 
ihre Absteckung in Betracht kommen, trägt nach 
dem ME. vom 17. Aug. 1893 (MBl. 254) das- 
jenige essort, welches das Gewässer verwaltet. 
B. De klassierung. Für die Versetzung 
eines W. in eine Klasse von geringerer Ver- 
kehrsbedeutung ist die Bezeichnung Deklassie- 
rung gebräuchlich. Sie ist in den älteren Pro- 
vinzen Sache der Wegepolizeibehörde, soweit 
sie nicht, wie die Umwandlung von Land- und 
Heerstraßen im Sinne des ALR. II, 15 4 in 
Kommunikationswege, der Landespolizeibehörde 
zukommt (O##G. 35, 261) oder, wie die De- 
teilung der öffentlichen W. sind in den ver= klassierung von Kunststraßen, unter besonderen 
schiedenen Gesetzgebungen und innerhalb der rechtlichen Gesichtspunkten steht. 
einzelnen Gesetze verschiedene Gesichtspunkte 
maßgebend. Man unterscheidet: a) nach der 
Art der bestimmungsmäßigen Be- 
mnutzung: Fahr-, Reit-, Radfahr= und Fuß- 
wege; b) nach dem allgemeinen Ver- 
kehrszweck und der Verkehrsbe- 
deutung: Land= und Heerstraßen einerseits 
und Kommunikationswege, Vizinalwege und Ge- 
meindewege, die sog. kleinen W. (vgl. westpreuß. 
Provinzialrecht vom 4. Mai 1796 8§ 9, 20) an- 
dererseits (Gebiet des ALR.), Hauptlandstraßen, 
Nebenlandstraßen, Nebenwege (vgl. über den 
Begriff der Nebenlandstraßen und Nebenwege 
OVG. 46, 264) und Fußwege (Prov. Schleswig- 
Holstein ohne Lauenburg), Landeschausseen, 
Landstraßen und Gemeindewege (Prov. Han- 
nover), Distriktsstraßen, Vizinal(Verbindungs)= 
wege, Landwege, Gemeinde- und Ortswege 
(Reg.-Bez. Kassel), Provinzial= und Vizinal- 
straßen (großh. hess. Landesteile), Verbindungs- 
wege und Vizinalwege (nass. Gebietsteile), Pro- 
vinzial-, Vizinal-, Nachbar-, Gemeindenebenwege 
(Rheinprovinz), unmittelbare und mittelbare 
Landstraßen, Nachbarwege und Gemeindewege 
(hohenzoll. Lande) usw.; c) nach dem beson- 
deren Verkehrszweck: Mühlen--, Kir- 
chen--, Schul--, Waldzufuhr= usw. Wege, das sind 
die sog. beschränkt öffentlichen W., 
die nur für einen besonderen Zweck dem öffent- 
lichen Verkehr gewidmet sind, für diesen aber 
dem Publikum als solchem zur Verfügung stehen. 
Vgl. über den Unterschied zwischen diesen be- 
schränkt öffentlichen W. und jederzeit 
offenen W. im Sinne des § 14 des Ansiede- 
lungsgesetzes vom 25. Aug. 1876 (GS. 407) 
O.-32, 379; 43, 409; d) nach dem Träger 
der Wegebaulast: Staats-, Provinzial- 
(Bezirks-), Kreis= und Gemeinde= (Wegever- 
bands-) sowie Nachbarwege und solche, die auf 
Grund besonderen Titels, insbesondere Hebe- 
rechtes unterhalten werden; e) nach der tech- 
nischen Herstellung: Kunststraßen 
(Dammstraßen, Chausseen), ausgebaute oder un- 
ausgebaute Landstraßen (Prov. Hannover) und 
Nebenwege (Prov. Schleswig-Holstein), chaus- 
sierte Verbindungswege (nass. Landesteile). Eine 
besondere Art der öffentlichen W. sind die sog. 
Eiswege, wie sie in dem östlichen Seile der 
Monarchie über das Eis von Flüssen, Seen und 
Hafssen vielfach regelmäßig benutzt werden (O# . 
  
In Schleswig-Holstein beschließt an- 
statt der Wegepolizeibehörde der Provinzialland- 
tag vorbehaltlich der Genehmigung der Ressort- 
minister über die Versetzung von Hauptlandstraßen 
in die Klasse der Nebenlandstraßen oder Neben- 
wege, oder von Nebenlandstraßen in die Klasse 
der Nebenwege (G., betr. die Abänderung der 
Wegegesetzgebung für die Prov. Schleswig- 
Holstein usw., vom 26. Febr. 1879 — GS. 94— 
§§ 1—3; O#. 36, 296). 
In Hannover beschließt unter Zustim- 
mung des Provinzialausschusses und unter Be- 
stätigung des Oberpräsidenten über die Ver- 
weisung einer Landstraße in die Klasse der Ge- 
meindewege der Kreistag (Wegegesetz vom 
28. Juli 1851 in der Fassung des G. vom 
24. Mai 1894 — GS. 82 — 5 14). 
Im Reg.-Bez. Kassel beschließt unter 
Zustimmung des Regierungspräsidenten der Lan- 
desausschuß über die Verweisung eines W. aus 
der Klasse der Landstraßen oder Landwege. Die 
Erklärung eines W. zum Landweg oder Ge- 
meindewege kann nur mit Zustimmung im er- 
steren Falle des Kreises, im letzteren Falle der Ge- 
meinde erfolgen, denen die Wegebaulast zufällt. 
Die Zustimmung der Gemeinde kann auf Antrag 
eines Beteiligten durch Beschluß des BezA. er- 
gänzt werden (§ 4 des G., betr. die Landwege 
im Reg.-Bez. Kassel, vom 2. Aug. 1909 — GS. 
741). S. züber Deklassierung von Chausseen 
Kunststraßen III; Landstraßen. 
IV. Eigentum und Privatrechte 
Dritter an öffentlichen W. Die öf- 
fentlichen W. sind unbeschadet ihrer Bestimmung 
für den öffentlichen Verkehr, einschließlich des 
darüber befindlichen Luftraums (O#G. 36 S. 238, 
243) und des Erdkörpers unter ihnen (O#G. 
51, 246), Gegenstand des Privateigentums. Für 
gewisse W. sind die Eigentumsverhältnisse durch 
das Gesetz geregelt. So sind die Land= und Heer- 
straßen Eigentum des Staates (ALK. II, 14 § 21; 
II, 15 8§ 2, 8, 18—20), die Provinzialchausseen 
Eigentum des Provinziall Kommunal)verbandes 
(Dotationsgesetz vom 8. Juli 1875 — GS. 497 
— § 18 Abs. 2); die linksrhein. W. sind domaine 
public (Ecker S. 86 ff.). Für Kreis= und Gemeinde- 
wege bestehen im allgemeinen solche Vorschriften 
nicht. Das Privateigentum am Wegegrundstück 
ist wegerechtlich ohne entscheidende Bedeutung. 
Es ist insbesondere für die Offentlichkeit des W.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.