930 Wegegerechtigkeiten
geführt. In Betracht kommt außerdem noch der
Zollvereinsvertrag vom 8. Juli 1867 (B# l.
81). Derselbe bestimmt im Art. 22, daß Chaussce-
gelder oder andere statt derselben bestehende Ab-
gaben, ebenso Pflaster-, Damm-, Brücken= und
— Wegegesetzgebung
im wesentlichen ihren Abschluß gefunden. Die
letzten Reste der aus ihr entspringenden, aufs den
Vorschriften des ALgR. II, 15 8#§ 11, 12 ff. be-
ruhenden Unterhaltungspflicht des Staates ver-
schwinden mit der Durchführung der Ubertra-
Fährgelder oder unter welchem anderen Namen gung der fiskalischen Landstraßenbaulast auf kom-
dergleichen Abgaben bestehen, ohne Unterschied, munale Verbände. Soweit übrigens das pro-
ob die Erhebung für Rechnung des Staates oder vinzielle Recht das Kommunalprinzip für die
eines Privatberechtigten, namentlich einer Kom-Wegebaulast hinsichtlich der Kommunikations-
munc, geschieht, sowohl auf Chausseen als auch wege nicht anerkannte, ist die Praxis bestrebt
auf unchaussierten Land- und Heerstraßen, welche
die unmittelbare Verbindung zwischen den an-
einander grenzenden Vereinsstaaten bilden und
auf denen ein größerer Handels= und Reise-
verkehr stattfindet, nur in dem Betrage beibe-
halten oder neu eingeführt werden können, als
sic den gewöhnlichen Herstellungs= und Unter-
haltungskosten angemessen sind.
hebungen von Torsperr= und Pflastergeldern
sollen auf chaussierten Straßen da, wo sie noch
bestehen, den vorstehenden Grundsätzen gemäß
aufgehoben, die Ortspflaster den Chaussee-
strecken dergestalt eingerechnet werden, daß davon
nur die Chausscegelder nach dem allgemeinen
Tarif zur Erhebung kommen. Die bestehenden
Tarise für die dem W. hiernach noch unter-
liogenden Straßen schließen sich den örtlichen Ver-
hältnissen an und sind in ihren Ansätzen sehr
verschieden gestaltet. Nach den für die Prov.
Hannover bestehenden Gesetzen über die Wege-
gelderhebung vom 1. Dez. 1834 (Hann GS. I,,
338), vom 13. Juli 1856 (HannG. 1, 199) und
vom 12. Aug. 1858 (HOann#S. I, 261) darf auch
auf den nicht zu den Chausseen gehörigen Straßen
W. erhoben werden. S. im übrigen Chaussee-
geld IV und Verkehrsabgaben.
Wegegerechtigkeiten s. Dienstbarkeiten
an öffentlichen Wegen, Wege löf-
fentliche) unter IV.
Wegegesetzgebung. I. Allgemeines.
Die Entwicklung des Wegerechts stand zuerst unter
dem Gesichtspunkte des Privatrechts, trat dann
in eine Periode der Verstaatlichung der wich-
tigeren Verkehrswege und bewegt sich jetzt auf
dem Boden des öffentlichen Rechts (vgl. v. Reitzen-
stein bei v. Stengel, Wörterbuch des deut-
schen Verwaltungsrechts 2, 814). Das Ad#n#.
konnte vermöge seines subsidiären Charakters ent-
scheidenden Einfluß nicht gewinnen. Seine
wegerechtlichen Vorschriften beruhen teils auf
dem Regalitätsprinzip (Land= und Heerstraßen,
S& 1 ff. II, 15, vgl. das.), teils sind sie, hinsicht-
lich der Privat= und Fußwege, ganz oder doch
überwiegend privatrechtlicher Natur (§88 63 bis
791, 22). Mit den Kommunikations(Gemeinde)=
wegen befaßt es sich nur mittelbar bei Regelung
der Hand= und Spanndienste (88 37 Ziff. 1, 38
bis 43 II, 7). In den verschiedenen provinziellen
Bestimmungen, die in erster Linie maßgebend
blieben, finden sich Anklänge an die erste Periode
noch mehrsach. Zum überwiegenden Teile regeln
jedoch die Wegereglements jener Zeit die Wege-
baulast bezüglich der Kommunikationswege be-
reits auf der öffentlichrechtlichen Grundlage des
Kommunalprinzivs. Die Verstaatlichungsepoche
gehört der Rechtsgeschichte an. Sie hat mit
dem Ubergange der Staatschausseen auf die Pro-
vinziall Kommunalverbände auf Grund des
Dotationsgesetzes vom 8. Juli 1875 (GE. 497)
Besondere Er-
gewesen, sich darüber hinwegzusetzen. Vielfach
haben die Gemeinden die Wegebaulast als Ge-
meindelast übernommen und durch die Recht-
sprechung der Verwaltungsgerichte ist diesem, den
Bedürfnissen des Verkehrs= und des kommu-
nalen Lebens entsprechenden Streben in richtigem
Verständnis entgegengekommen. Die Gesep
gebung hat in dieser Richtung vollkommen versagt:
abgesehen von der Regelung des Kunststraßen-
wesens, die freilich ebenfalls vielfach nur zogernd
erfolgte (vgl. darüber bei Kunststrasen
unter 1), ist auf dem Gebiete des Wegerechts ge-
setzgeberisch seit der friderizianischen Zeit bie
gegen Ende des 19. Jahrh. in Preußen nichts
Wesentliches geleistet worden. Zwar erkannte
man allgemein die Reformbedürftigkeit an und
die Regierung war Jahrzehnte hindurch leb
haft bestrebt, den Erlaß einer allgemeinen Wege-
ordnung zustande zu bringen. Alle Anläufe
scheiterten indessen, wie v. Rönne, Wegepolizei
S. 396 bervorhebt, „an den Schwierigkeiten,
welche die kleinlichen Sonderinteressen der ein-
zelnen Provinzen und ihre ständischen Vertretun-
gen den wohlmeinendsten und für das allgemeine
Wohl des Landes förderlichsten Bestrebungen
der Staatsregierung entgegenzustellen vermocht
haben.“
II. Versuche zur Vereinheitli-
chung des preuß. Wegerechts. Die
Vorarbeiten für eine durchgreifende Reform der
altpreuß. Wegebaugesetzgebung in Gestalt einer
allgemeinen Wegeordnung nebmen
ihren Anfang bereits im Jahre 1808 (Mot. zum
Entwurf einer Wegeordnung für den preuß.
Staat — Drucks. des Abg H. 1875 Nr. 21 — und
v. Rönne, a. a. O. S. 391 ff.). Sie wurden
seitens der Staatsregierung mit geringen Unter-
brechungen bis in die siebziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts fortgesetzt und führten zur Auf-
stellung von nicht weniger als elf Entwürfen.
deren letzter auf Grund Allerhöchster Ermaächti.
gung vom 22. Okt. 1877 an den Landtag gelangte.
Seine Behandlung war hier indessen wiederum
eine derartige, daß sich die Staatsregierung von
der Aussichtslosigkeit der Vorlage nicht nur,
sondern des Planes einer einheitlichen Regelung
des Wegewesens überhaupt überzeugen musßite.
Sie entschloß sich deshalb, von der Wiedervor-
legung des Entwurses abzusehen und die Reform
nach Maßgabe des Bedürfnisses durch Wege-
ordnungen für die einzelnen Provinzen durchzu-
führen. Dies geschah zuerst in der Prov. Sachsen,
i wo die Unmöglichkeit, auf Grund des völlig ver-
alteten Wegerechts den stetig wachsenden Be-
dürfnissen des Verkehrs gerecht zu werden, in
Verbindung mit den Unzuträglichkeiten einer
uUnverhältnismäßig großen staatlichen Land
straßenbauverwaltung die Neuregelung beson-
ders dringlich erscheinen ließ. Sie erfolgte mittels