Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

938 Weichbild — Wein 
den Wehrpflichtigen mit Ausnahme der durch Bedenken und praktischen Schwierigkeiten zu be 
Dienstbeschädigung zum Militärdienst unbrauch= heben. Der Jahresertrag war auf 11 Mill. Mark 
bar gewordenen und der infolge geistiger oder geschätzt. Der Entwurf eines Nachlaßsteuergesetzes 
körperlicher Gebrechen erwerbsunfähigen auf die ist jedoch mit der Wehrsteuer in der Reichstags. 
Dauer von längsteus 12 Jahren für jedes Jahr kommission abgelehnt worden. M. bestehen 
cine feste Steuer von 4.K und außerdem eine zurzeit u. a. in Osterreich= Ungarn (G. 
nach der Höhe des Einkommens albgestufte vom 13. Juni 1880, betr. die Militärtaxe, den 
Steuer, und zwar von 3 v. H. bei Einkommen Militärtaxfonds und die Unterstützung der hilis— 
von über 6000). K und von 10—148.K bei Ein= bedürftigen Familien von Mobilisierten, geändert 
kommen von mehr als 1000—6000 .K. zahlen: durch G. vom 10. Febr. 1907), und in der 
sollten. Die Vorlage- wurde vom RX. einstimmig Schw eiz (Militärpflichtersatzgesetz vom 28. Juni 
abgelehnt (RTVhdl. S. 1018). Nachdem im Jahre 1878). Die in Frankreich vor Jahren eingeführte 
1903 aus der Mitte des RI. eine Anregung zur W. (G. vom 15. Juli 1889 und G. vom 13. April 
Einführung einer W. oergangen war (Ubdl. 
19/# 03 S. 8331 ff.), wurde bei der Beratung) 
der Reichsfinanzreformvorlage von 1905 in der 
Reiche stagskommission erneut die Frage der Ein- 
führung einer W. erörtert. Die finanzpolitischen,! 
sozialpolitischen und cthischen Bedenken sowie 
die Schwierigkeiton, die sich einer W. in der 
praktischen Durchführung entgegenstellen, ließen 
  
jedoch diese Erörterungen zu keinem Ergebnisse 
kommen (RTuddl. 190506, 1135 ff., Akten- 
stück Nr. 388 und Anl. Nr. 445). Aus den gleichen, 
Gründen ist der in der Folgezeit im RI. wieder- 
holt gestellte Antrag, die W. als Zwecksteuer zur 
Beschaffung der für die Gewährung von Bei- 
bilfjen an Kriegsteilnehmer und für die Ergänzung, 
des Reichsinvalidenfonds erforderlichen Mittel 
einzuführen, stete ohne Erfolg geblieben (vgl.,) 
u. ua. RI hdl. 1907/08 S. 3974 ff., 3987 ff., 
1017 A, Anl. Nr. 287, 766; Vbhdl. 1909°10, 
S. 2632 ff., 2729 ff., Anl. Nr. 384, 391). Anläß- 
lich der Reichsfinanzreform von 1909 haben die 
verbündeten Regierungen eine Lösung des Pro- 
blems durch Verbindung der Wohrsteuer mit der 
vorgeschlagenen Nachlaßsteuer versucht. Nach dem 
cinen Teil der Reichsfinanzreform Vorlagen 
bildenden Entwurf eines Nachlaßsteuergesetzes 
(RI Drucks. 1907/09 Nr. 997) sollte die Wehr- 
steuer in der Form eines Zuschlags zur Nachlaß- 
stener von dem Nachlasse derjenigen wohrpflich- 
tigen Personen, die nicht den nach den Militär- 
gesetzen vorgeschriebenen aktiven Dienst geleistet 
haben, in Höhe von 1,5 v. H. des Nachlasses er- 
hoben werden. Ausgenommen sollten sein die- 
jenigen Wehrpflichtigen, die bei Einführung des 
Weohrgesetzes vom 9. Nov. 1867 schon auf Grund 
der früheren landesgesetzlichen Vorschriften Mili- 
tärdienst geleistrt hatten oder vom aktiven Dienst 
endgültig befreit waren, ferner dieienigen, welche; 
vor der endgültigen Entscheidung über ihre Dienst- 
pflicht oder zwischen ihrer Aushebung und dem 
Ende ihrer aktiven Dienstzeit gestorben sind, ohne 
sich der Gestellungs oder Dienstpflicht entzogen 
  
  
zu haben, ebenso diejenigen, welche infolge einer 
Dienstbeschädigung zum aktiven Dienst untaug- 
lich geworden oder als Kriegsteilnehmer im 
Sinne der Militärpensionsgesetzggebung anzu- 
sehen sind, endlich diejenigen, welche zu drei- 
jährigem aktiven Dienst verpflichtet, wenigstens 
2 Jahre aktiv gedient haben. Ermäßigungen 
sollten eintreten um ½, wenn der Erblasser wenig- 
steons 10 Wochen, um die Hälfte, wenn er wenig- 
srens 1 
während eines Krieges in der militärisch organi- 
sierten Krankenpflege verwendet worden ist. Mit 
dieser Form hoffte man die gegen eine Wehr- 
steuer bestehenden sozialpolitischen und cthischen 
# Bulle de 
(s. 
Jahr aktiven Dienst geleistet hat oder 
1898 Art. 4) ist durch das neuc Militärgesetz, betr. 
die zweijährige Dienstzeit, beseitigt worden. 
Weichbild war ursprünglich ein bildliches Zei- 
chen für ein Landgebiet, innerhalb dessen das 
Recht einer Ortschaft galt. Später wurde hier- 
mit das Gebict einer Stadt und schließlich das 
Recht der Stadt (jus eiritatis) bezeichnet. 
Weichselzopf. Der W. gehört nach dem heuti- 
gen Stande der medizinischen Wissenschaft nicht 
melr zu den eigentlichen Krantheiten, sondern ist 
lodiglich eine auf Verschmutung beruhende Ver 
silzung der Haare. Die sanitätspolizeilichen Vor- 
schriften des Regl. vom S. Aug. 183.5 (GS. 240) 
S§ 34 ff. über die Bekämpfung des W. sind durch 
G. vom 28. Aug. 1905 (G S. 373) § 37 aufgehoben. 
Die Bekämpfung der Weichsclzopfbildung, die 
überwiegend aus abergläubischen Motiven sich 
besonders in den östlichen Provinzen noch ge 
legentlich vorfindet, ist daher beim Mangel sani— 
tätspolizeilicher Vorschriften lediglich im Wegr 
der Aufklärung der Bevölkerung zu erreichen. 
Weideberechtigungen fs. Gemeinheits= 
teilungen. 
Weihbischöfe (episcopl suffraganel) find 
Geistliche, welche den Bischöfen als Gehilfen 
bei Ausübung ihrer bischöflichen Tätigkeit vom 
Papste gewährt werden. Die W. sind nach der 
salute animarum vom 16. Juli 1821 
Bischöfe III) einc ständige Einrichtung 
(,confirmantes suffragnneatus'’). Sie werden 
auf ein Bistum in partibus insiclelium geweihrt 
nund können vermöge ihres ordo episcopalis alle 
den Bischöfen vorbehaltenen Weiheakte gültig 
vorne hmen (ogl. Hinschius, Kirchenrecht?, 176 ff.). 
JIhr Amt ist ein geistliches im Sinne des G. vom 
11. Mai 1373 (GS. 191), betr. die Vorbildung 
und Anstellung der Geistlichen (s. d. 1). Sie üben 
bischöfliche Rechte aus im Auftrage des Bischofs. 
Ihre Wirksamkeit endet daher, von anderen Fal- 
s ten abgesehen, mit dem Tode des Bischofs, sofern 
das Verhältnis ein persönliches zum Bischof war 
und er nicht für die Diözese als solche bestellt war. 
Wein. I. Allgemeines. Bis zu dem 
ersten Weingesetz (G. vom 20. April 1892, betr. 
den Verkehr mit W., weinhaltigen und wein- 
ähnlichen Getränken) war für die Erzeugung des 
W. und den Handel mit W. das G., betr. den 
l Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und 
  
Gebrauchsgegenständen, vom 14. Mai 1879 
(RE#Bl. 115) maßgebend. Da dieses Gesest 
  
eine Bestimmung des Begriffes W. nicht ent- 
hielt, so war nicht festzustellen, welche Be 
lbandlung des Traubensaftes erlaubt sei. Die 
Herstellung von Kunstwein (s. d.) war nur straf- 
bar, wenn sie zum Zwecke der Täuschung im 
Handel und Verkehr erfolgte, während die Straf-
	        
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