Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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preises als Erwerbspreis der gemeine Wert vor 
40 Jahren, frühestens aber der am 1. Jan. 1885. 
Ist statt mit dem Preise mit dem Werte zu rechnen, 
so findet die Anrechmung unter 1 und der Abzug 
unter a nicht statt. Bei UÜberlassung eines gemein- 
schaftlichen Grundstücks an einen Mitberechtigten 
oder Gesellschafter bleibt sein Anteil außer Be- 
tracht; bei Erwerb auf Grund mehrerer aufein- 
ander folgender Rechtsgeschäfte ist der von dem 
ersten Erwerber und der an den letzten Ver- 
äußerer gezahlte Preis gegenüberzustellen, bei 
Tausch die Steuer für jeden Tauschgegenstand 
gesondert zu berechnen und zu erheben (88 14 
bis 27). Die Steuersätze sind progressiv 
nach der prozentualen Höhe der Wertsteigerung 
und degressiv im umgekehrten Verhältnis der 
Besitzdauer: die Steuer beträgt nämlich 10 v. H. 
der Wertsteigerung bei einer solchen von nicht 
mehr als 10 00 und steigt um je 1 00 mit je 20, 
von 190 ab aber mit sje 10 % höherer Wert- 
steigerung, bis sie mit 30 v. H. bei einer solchen 
von mehr als 290 0% den Höchstsatz erreicht, wobei 
der höhere Steuersatz die gesamte, nicht nur die 
über den niedrigeren Prozentsatz hinausgehende 
Wertsteigerung ergreift; andererseits ermäßigt 
sich die Steuer für jedes Jahr der maßgebenden 
Besitzdauer um 1, für vor dem 1. Jan. 1900 er- 
worbene Grundstücke aber bis zum 1. Jan. 1911 
um 1½ v. H. ihres Betrages (Beispiel: Wert- 
steigerung W eines am 31. Dez. 1894 erworbenen, 
1917 veräußerten Grundstücks = 60 00, Steuer 
12 12 16 K 1/TÖCKN1 36 —. 
1b0 W—(#0 T. 100 — 1555 W) 
*.n W oder 8,/4 statt 12 v. H. der Wertsteigerung). 
Steuerbeträge unter 20 .K werden nicht erhoben 
(5 28). Für die Steuer haftet der Veräußerer, 
bei dessen Unpfändbarkeit der Erwerber, jedoch 
nicht der Subhastat. Bei Nichtigkeit oder Auf- 
hebung des Rechtsgeschäfts ist die Steuer auf 
Antrag zu erlassen, ebenso in gewissen anderen, 
im § 34 bezeichneten Fällen zu erlassen bzw. zu 
mindern (§§ 29, 32—34). Es besteht für den Ver- 
äußerer und den Erwerber Anmeldepflicht 
hinsichtlich des steuerpflichtigen Rechtsvorganges 
mit Frist von einem Monat, wenn nicht innerhalb 
dieser Frist bereits Auflassung oder Eintragung 
stattgefunden hat, ferner Mitteilungspflicht für alle 
Behörden und Beamten des Reiches, des Staates 
und der Gemeinde, einschließlich der Notare; da- 
gegen tritt die Verpflichtung zur Einreichung einer 
die für Steuerpflicht und Steuerbemessung in Be- 
tracht kommenden Umstände ersichtlich machenden 
Zuwachssteuererklärung nur durch 
besondere Aufforderung und nur für den Ver- 
äußerer ein. Bedenken gegen die Steuererklä- 
rung sind mit dem Veräußerer zu erörtern; führen 
die Erörterungen nicht zur Einigung, so setzt die 
Steuerbehörde auf Grund ihrer eigenen Ermitt- 
lungen die Steuer fest, und der Steuerzahler hat 
die Kosten der Ermittlungen zu tragen, wenn 
rechtskräftig eine um mehr als ½ über seine An- 
gaben hinausgehende Steuer festgesetzt wird. 
Nichterfüllung der Pflicht zur Zuwachssteueran- 
meldung und --erklärung und wissentlich unrichtige, 
zu Steuerverkürzungen zu führen geeignete An- 
gaben sind unter Geldstrafe, bis zum 4fachen Be- 
trage der Steuer, gestellt (§§ 37—42, 50—55). 
  
Wertzuwachssteuer 
Verwaltung und Erhebung der Steuer 
erfolgt nach näherer Bestimmung der einzelnen 
Bundesstaaten; Rechtsmittel gegen den 
— mit Begründung und Rechtsmittelbelehrung 
zu versehenden — Steuerbescheid sind 
a) die binnen eines Monats bei der Steuerbehörde 
anzubringende Beschwerde, soweit sie nicht lan- 
desrechtlich ausgeschlossen wird; b) das landes- 
rechtliche Verwaltungsstreitverfahren oder ein 
landesgesetzlich geordnetes anderweites Ver- 
fahren vor den Verwaltungsgerichten, wenn 
aber ein verwaltungsgerichtliches Verfahren nicht 
besteht oder landesrechtlich ausgeschlossen wird, 
der Rechtsweg (ohne Rücksicht auf den Streit- 
wert I. Instanz Landgericht, letzte Instanz 
Reichsgericht); ob b durch a ausgeschlossen wird 
oder erst nach Durchführung von a zulässig ist, 
bestimmt die Landesgesetzgebung. Nach dem Ent- 
wurf des preuß. Ausführungsgesetzes soll Ver- 
anlagungsbehörde (Zuwachssteueramt) für alle 
Stadt= und die Landgemeinden über 3000 Ein- 
wohner der Gemeindevorstand, in der Rhein- 
provinz und Westfalen für alle Landgemeinden 
der Bürgermeister bzw. Amtmann, im übrigen der 
Kreisausschuß sein und nur der gegen Gemeinde- 
bzw. Kreissteuern zugelassene Rechtsmittelzug statt- 
finden, das OV G. aber — was indes anscheinend 
nicht die Zustimmung des Landtags finden wird 
— ohne öffentliche und in der Regel auch ohne 
mündliche Verhandlung enischeiden. Um dem 
Eigentümer im voraus Klarheit über die Höhe 
einer künftigen Zuwachssteuer zu verschaffen, ist 
auf seinen Antrag jederzeit, ohne daß eine Ver- 
äußerung schon vorliegt, ein Teilbescheid über die 
bis dahin feststellbaren Berechnungsgrundlagen 
gegen eine besondere Gebühr zu erteilen, der mit 
den Rechtsmitteln anfechtbar und für eine spä- 
tere Veranlagung bindend ist (§§ 35, 36, 43—47). 
Der Steueranspruch verjährt in 10 Jahren 
(§ 57). Der Ertrag der R. wird zwischen 
Reich, Staat und Gemeinden bzw. Gemeinde- 
verbänden — die Regelung zwischen letzteren 
beiden ist Sache der Landesregierung — im Ver- 
hältnis von 50: 10: 40 geteilt. Doch sind die 
Gemeinden (Gemeindeverbände) berechtigt, mit 
Genehmigung der Landesregierung durch Satzung 
prozentuale Zuschläge für ihre Rechnung 
einzuführen, die indes weder den vollen Betrag 
ihres Anteils an der Reichssteuer noch mit dieser 
zusammen 30 v. H. der Wertsteigerung übersteigen 
dürfen, aber für die verschiedenen Grundstücks- 
arten und nach der Dauer des für die Steuer- 
erhebung maßgebenden Zeitraums verschieden 
festgesetzt werden können. Gemeinden (Gemeinde- 
verbände), die bereits vor dem 1. April 1909 eine 
W. beschlossen und vor dem 1. Jan. 1911 in Kraft 
gesetzt hatten, erhalten bis 1. April 1915 aus dem 
örtlichen Steueraufkommen mindestens die bis- 
herige Durchschnittseinnahme; von dem hiernach 
nicht der Gemeinde zustehenden Steueraufkom- 
men erhält das Reich ¾/, der Bundesstaat :; 
statt der Zuweisung des Unterschiedes kann der 
RK. der Gemeinde auf Antrag bis 1. April 1915 
Erhebung der Steuer nach ihrer bisherigen 
Satzung gestatten, wobei ihr ihr bisheriger Durch- 
schnittsertrag bleibt und das Mehr an das Reich 
abzuführen ist (§§ 58—60). Rechtsvorgänge aus 
der Zeit nach dem 31. Dez. 1910 bis zum In- 
krafttreten des Gesetzes werden mit einzelnen
	        
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