Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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rechnet, findet der Antrag auf Wiedereinsetzung 
nicht mehr statt. Der Antrag muß schriftlich oder 
zu Protokoll, und zwar, wenn es sich um den Ein- 
spruch oder die Berufung handelt, beim Vor- 
sitzenden der Veranlagungskommission, wenn es 
sich aber um die Beschwerde handelt, bei dem der 
Berufungskommission angebracht werden. Die 
Entscheidung hat die für das versäumte Rechts- 
mittel zuständige Behörde. Die durch Erörte- 
rung des Antrags auf W. i. d. v. S. entstehenden 
baren Auslagen trägt in allen Fällen der An- 
tragsteller (Erg St G. § 48; Ausf Anw. Art. 74). 
Vgl. auch ONGSt. 6, 373; 7, 172; 9, 353. 
Buder, Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 
nach der Reichszivilprozeßordnung; Schultzenstein, 
Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die 
Versäumung von Notfristen in Buschs S. 39, 11 Wag- 
ner, Die stillschweigende Wiedereinsetzung in den 
vorigen Stand im Pr BBl. 21, 281. 
Wiederinkurssetzung s. Außerkursset- 
zung. 
Wiesenbaschulen (und Wiesenbaumeister). 
Die W. gehören zu den niederen landwirtschaft- 
lichen Lehranstalten (s. Landwirtschaft- 
licher Unterricht IV). Sie bezwecken die 
theoretische und praktische Ausbildung von jungen 
Leuten, insbesondere von Bauernsöhnen, auf 
dem Gebiete des Wiesenbaus und der Dränage. 
Die W. sind nicht staatliche Anstalten, sondern 
von Provinzialverwaltungen, Landwirtschaftskam- 
mern oder Vereinen errichtet und verwaltet, ein- 
zelne sind mit Wegebau= und Baugewerksschulen 
verbunden. Von den vorhandenen W. zu Kö- 
nigsberg i. Pr., Bromberg, Schleusingen, Son- 
derburg und Siegen ist die zu Siegen die älteste 
(errichtet 1853 von dem Kultur= und Gewerbe- 
verein für den Kreis Siegen) und die bedeutendste 
(mit rund 210 Schülern). Statuten, Lehrpläne 
und Prüfungsordnungen sind nicht veröffentlicht, 
aber bei den Anstalten erhältlich. Die Anstalten 
in Siegen, Königsberg und Schleusingen stehen 
mit der staatlichen Meliorationsbauverwaltung 
dadurch in besonderer Verbindung, daß die bei 
ihnen ausgebildeten Wiesenbaumeister 
die Anwartschaft auf Anstellung im staatlichen 
Meliorationsdienst (als Meliorationsbauwarte, 
vgl. Meliorationsbaubeamte) erhal- 
ten. Bei der Siegener Anstalt ist der Kursus fünf- 
jährig, alsdann wird die theoretische Entlassungs- 
prüfung abgelegt und der Zögling nach dem Be- 
stehen zur praktischen Ausbildung in der Meliora- 
tionsbauverwaltung beschäftigt. Hierauf erfolgt 
nach zwei Jahren die praktische Entlassungsprü- 
sung an der Anstalt, mit deren Bestehen das Prä- 
dikat als Wiesenbaumeister erworben wird. Die 
beiden anderen Anstalten bilden ebenfalls Wiesen- 
baumeister aus, doch sind ihre Einrichtungen nicht 
ganz dieselben. 
Wild s. Jagdbarkeit; Schonzeit 
des Wildes; Wildschaden. 
Wildbretstener ist in Preußen eine indirekte 
Gemeindesteuer auf den Verbrauch von Wild- 
bret. Nach Erl. vom 24. April 1848 (GS. 131) 
konnten diejenigen Städte, in welchen Mahl= und 
Schlachtsteuer erhoben wurde, mit Genehmigung 
des Md J. und des FM. W., deren Maximalsätze 
in dem Erlaß bestimmt sind, einführen. KA##.- 
§ 11 gestattet allen Gemeinden die Einführung 
einer W. und Geflügelsteuer; die Sätze können 
abweichend von dem Erl. vom 24. April 1848 
  
Wiederinkurssetzung — Wildschaden 
bemessen werden. Durch § 13 ZollTG. vom 
25. Dez. 1902 werden diese Steuern nach der 
Ansicht der preuß. Regierung nicht berührt, da 
Wildbret und Geflügel nicht zu „Vieh, Fleisch, 
Fleischwaren“ im Sinne dieser nur die Aus- 
schließung einer Belastung der ärmeren Klassen 
mit Kommunalabgaben von Lebensmitteln be- 
zweckenden Gesetzesvorschrift gehören (vgl. jedoch 
O## G. 39, 100). 
Wilddiebstahl. Die strafgesetzlichen Bestim- 
mungen finden sich in §§ 292—295 St# B., 
vogl. auch Jagdvergehen. 
Wildes Bauen s. Straßen = und Bau- 
fluchtliniengesetz III. 
Wildgärten (Tiergärten) s. Jagdver- 
gehen und Schonzeit des Wildes. 
Wildhandel, Beschränkungen mit Rücksicht 
auf die Schonzeit, s. Schonzeit des 
Wildes. 
Wild= und Rinderseuche. Die W. u. R. wird 
zurzeit veterinärpolizeilich wie Milzbrand und 
Rauschbrand (s. d.) behandelt, obwohl sie eine von 
diesen Seuchen verschiedene, durch einen anderen 
Bazillus hervorgerufene Krankheit darstellt. Sie 
befällt vornehmlich Rot= und Schwarzwild, auch 
Rinder, selten Pferde, Hausschweine, und hat 
eine sehr hohe Sterblichkeitszisser. Die Seuche 
ist in größerer Ausdehnung zuerst in Bayern be- 
obachtet worden, hat sich seitdem aber auch in 
Norddeutschland gezeigt, z. B. im Kreise Schlüch- 
tern, Reg.-Bez. Kassel, in Oberschlesien und in der 
Prov. Posen, ohne jedoch hier eine nennenswerte 
Ausdehnung zu erlangen. — Es hat sich neuer- 
dings gezeigt, daß die Feststellung der W. u. R. 
schwierig ist und daß vielleicht Fehldiagnosen zu 
irrigen Auffassungen über die Verbreitung der 
Seuche Anlaß gegeben haben. Durch Erl. vom 
18. März 1908 (MlMf L. 195) sind Vorschriften 
über die Sicherung der Diagnose durch Impfung 
von Versuchstieren ergangen. — In dem Vieh- 
seuchengesetz vom 26. Juni 1909 (s. Vieh- 
seuchengesetze, neu) ist die W. u. R. 
ausdrücklich der Anzeigepflicht und veterinär- 
polizeilicher Bekämpfung unterworfen. 7# 
Wildschaden. 1. W. ist der von jagdbaren 
Tieren auf und an Grundstücken angerichtete 
Schaden. Die auf den W. bezüglichen gesetz- 
lichen Bestimmungen wollen entweder der An- 
richtung solcher Schäden vorbeugen oder dem 
Beschädigten einen angemessenen Schadenersatz 
sichern. Solange das Wild einen Gegenstand 
der freien Okkupation bildete oder solange doch 
wenigstens jeder Grundeigentümer befugt war, 
das auf seinem Lande befindliche Wild sich an- 
zueignen, war jedermann in der Lage, sich gegen 
W. zu schützen, und es konnte niemand für den 
durch das Wild angerichteten Schaden verant- 
wortlich gemacht werden. Dieses änderte sich, als 
mit dem Aufkommen der Jagdrechte an fremdem 
Grund und Boden (s. Jagd und Jagd- 
recht II) die Befugnis des Grundbesitzers zur 
Aneignung des Wildes geschmälert oder ganz 
entzogen und damit die Möglichkeit des Selbst- 
schutzes genommen wurde. Gleichwohl gelang es 
— wenigstens zunächst — den Jandberechtigten, 
eine Verpflichtung zum Ersatz des W. von sich 
fernzuhalten, obwohl die erfolgende übermäßige 
Hege des Wildes vielfach zu großer Bedrückung 
des Bauernstandes führte und neben anderem
	        
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