Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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schon vorhandenem Unglücke helfen wollen. Zu 
den ersteren gehören namentlich diejenigen, 
welche der Erhaltung nährender Arbeit, der Ver- 
schaffung einer Arbeit (Arbeitsnachweise) oder 
der Gewährung von Mitteln für notwendige 
Ausgaben dienen (Kreditanstalten, auch Bürger- 
rettungsanstalten genannt), sowie die Vor- 
kehrungen, durch welche bei eintretender Arbeits- 
unfähigkeit ein Kapital oder eine Rente ge- 
währt werden soll (Lebensversicherungsvereine, 
Witwen= und Waisenkassen usw.). In letzterer 
Beziehung hat man in neuerer Zeit besonders 
für eine geordnete und weitreichende öffentliche 
Armenpflege Sorge getragen. Daneben gibt 
ess aber noch zahlreiche Privatanstalten zur 
Unterstützung von Armen, Kranken, Hilflosen, 
Gebrechlichen usw. (Asyle, Waisenanstalten, Sie- 
chenhäuser, Krankenhäuser u. dgl.). Soweit 
die W. selbständige juristische Persönlichkeit haben, 
unterliegen sie in gleicher Weise der staatlichen 
Aufsicht wie die juristischen Personen (s. d. III). 
Hinsichtlich der Erbschafts= und Schenkungs- 
steuer, die W. zu entrichten haben, gelten § 12 
Ziff. 2 u. 3, und § 55 des RErb St G. vom 3. Juni 
1906 (Rl. 654), insofern die W. ausschließlich 
mildtätige oder gemeinnützige Zwecke verfolgen. 
Dagegen kommt § 56 Abs. 2 daselbst nicht zur 
Anwendung, weil er nur Schenkungen an einzelne 
bestimmte bedürftige Personen, nicht auch Zu- 
wendungen zum Besten eines unbestimmten Per- 
sonenkreises betrifft. Vgl. auch die Artikel Erb- 
schaftssteuer IId und Schenkungen V. 
Hinsichtlich der Befreiung von der Stempel- 
steuer kommt § 5 Abs. 1d und Abs. 3 LSt G., 
hinsichtlich der Freiheit von der Zahlung der Ge- 
richtsgebühren § 8 Nr. 2 PrGKG. in Betracht. 
W. als solche genicßen, sofern sie nicht zu 
den in den genannten Paragraphen aufgeführten 
Anstalten zu rechnen sind, weder Stempel= noch 
Gerichtskostenfreiheit, doch gibt es eine ganze 
Anzahl von W., denen in noch fortgeltender 
Weise Gebühren= und Stempelfreiheit besonders 
bewilligt worden ist (s. die übersicht ! in Pietsch- 
Brathuhn-Grassow, Die Preuß. Kosten- 
gesetze, 1911, 349). Wegen der Befreiung der 
W. von kommunalen Realsteuern s. § 21 KA. 
und Art. 16 der Anw. vom 10. Mai 1894 zum 
KA. und O#G. 57, 153. Vgl. 
Milde Stiftungen. 
W. an unfertigen Straßen s. Straßen= und 
Baufluchtliniengesetz III. Eine Po- 
lizeiverordnung, welche vorschreibt, daß in einem 
bestimmten Bezirk nur W. errichtet werden 
dürfen, ist ungültig (OV.G. 37, 401). S. Bau- 
Volljährigkeit des Kindes 
weisc. 
  
den Artikel 
Wohngebäude, Verbot der Errichtung von solchen selbständig haben (§ 10). 
  
Wohngebäude, Verbot der Errichtung von W. — Wohnsitz 
sein Heim sucht und findet, daß sich von hier 
aus seine Lebensverhältnisse im ganzen 
bestimmen, hier ihren Sitz haben sollen. Das 
Vorhandensein eines W. an einem Orte wird 
dadurch nicht berührt, daß der dort Wohnende 
an einem anderen Orte einzelne Ange- 
legenheiten oder einzelne Kreise seiner Ange- 
legenheiten besorgt und sich zu diesem Zwecke 
dort eine Wohnung beschafft. Dagegen hat 
jemand einen doppelten (oder mehrfachen) 
Wohnsitz, wenn er — zwar nicht gleichzeitig, 
aber abwechselnd — von mehreren Orten aus, 
an denen er Wohnungen zum dauernden Ge- 
brauch besitzt, seine Lebensverhältnisse im 
ganzen bestimmt (O#G. ö4, 187). — Wer 
geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit 
beschränkt ist, kann ohne Willen seines gesetzlichen 
Vertreters einen W. weder begründen noch auf- 
heben (8 8). Geschäftsunfähig ist, wer noch nicht 
das 7. Lebensjahr vollendet hat oder sich in 
einem die freie Willensbestimmung ausschließen- 
den Zustande krankhafter Störung der Geistes- 
tätigkeit befindet, sofern dieser Zustand nicht 
seiner Natur nach ein vorübergehender ist, oder 
wer wegen Geisteskrankheit entmündigt ist (§ 104). 
Beschränkt in der Geschäftsfähigkeit sind Minder- 
jährige, die das 7. Lebensjahr vollendet haben 
(§ 106), und solche Personen, die wegen Geistes- 
schwäche, wegen Verschwendung oder wegen 
Trunksucht entmündigt oder nach Stellung des 
Entmündigungsantrages unter vorläufige Vor- 
mundschaft gestellt sind (§ 114). — Der W. 
wird ausgehoben, wenn die Niederlassung mit 
dem Willen aufgehoben wird, sie auszugeben (8 7). 
— Eine Militärperson hat ihren Wohn- 
sitz am Garnisonorte. Als W. einer Militär= 
person, die keinen Garnisonort im Inlande hat, 
gilt der letzte inländische Garnisonort des Trupven- 
teils. Diese Vorschriften gelten jedoch nicht für 
solche Militärpersonen, die nur zur Erfüllung der 
Wehrpflicht dienen, oder die nach dem oben Ge- 
sagten nicht selbständig einen W. begründen 
können (§ 9). — Die Ehefrau teilt in der 
Regel den W. des Ehemanns. Eine Ausnahme 
bildet der Fall, daß der Mann seinen W. im 
Auslande an einem Ort begründet, in dem 
die Frau ihm nicht folgt und nicht zu folgen ver- 
pflichtet ist. In diesem Falle sowie in dem, daß 
der Mann keinen W. hat, kann die Frau einen 
Ein ehe- 
lliches Kind teilt den W. des Vaters, ein 
uneheliches den der Mutter, ein an Kindes Statt 
angenommenes den des Annehmenden. Das 
Kind behält den W. so lange, bis es ihn rochts- 
gültig aufhebt. Eine erst nach dem Eintritt der 
erfolgende Legiti- 
Wohnsitz. I. Der Begriff des W. ist zu- l mation oder Annahme an Kindes Statt hat keinen 
nächst ein privatrechtlicher, spielt aber auch im 
öffentlichen Recht eine Rolle. Soweit einzelne 
Einfluß auf den W. des Kindes (§ 11). 
11. Der W. ist im Kommunalrecht von 
Gesetze den Begriff des W. nicht abweichend Bedentung, für die Frage, ob- jemand Ein- 
bestimmen, kommen auch im öffentlichen Rechtswohner einer Gemeinde oder eines Kommu- 
die Vorschriften des Privatrechts über den M. nalverbandes ist. Eine selbständige, von der 
zur Anwendung. Ein W. wird nach BGB. privatrechtlichen abweichende Bestimmung hat 
§. 7) an dem Orte begründet, wo sich jemand hier der Begriff des W. zunächst für die Rhein- 
8 ändig niederläßt. Zur ständigen Nie- provinz durch das G. vom 30. Juni 1884 (6S. 
derlassung an einem Orte gehört der Wille, 307) gefunden, wonach als W. derienige Ort 
dort einen dauernden Ausenthalt zu nehmen, anzusehen ist, in welchem jemand eine Wohnung 
und die tatsächliche Verwirklichung dieses unter Umständen innehat, welche auf die Absicht 
Willens, also daß der Wollende an diesem Orte der dauernden Beibehaltung ciner solchen schließen
	        
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