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des anderen Vertragsstaates zu erhöhen. Mit
der Bindung ist vielfach eine Ermäßigung der
Sätze des autonomen Tarifs oder auch die
Gewährung der Zollfreiheit verbunden, viel-
fach ist sie aber auch der alleinige Zweck der
Vereinbarung, so daß im Vertragstarif die
gleichen Zollsätze erscheinen, wie im autonomen.
Die Gewerbetreibenden genießen dabei zwar
keine Zollermäßigung für ihre Erzeugnisse, sie
haben aber den wesentlichen Vorteil, daß sie
bei der Anknüpfung von Handelsbeziehungen
nach dem Vertragsstaat für die Dauer des
Vertrages mit festen Zolsätzen rechnen können.
II. Der deutsche Z. Der autonome
Tarif vom 25. Dez. 1902 (REBl. 303), in
Gültigkeit seit dem 1. März 1906, trat an die
Stelle des Tarifs vom 15. Juli 1879 (RG-
Bl. 212). Er ist in beschränktem Umfange ein
Doppeltarif, indem er für Roggen, Weizen und
Spelz, Malzgerste und Hafer Mindestzölle fest-
setzt. Näheres s. Getreide (Verzol-
lung). In seiner Einteilung weicht er wesent-
lich von seinem Vorgänger ab. Während dieser
in alphabetischer Reihenfolge in 43 Nummern
ebensoviel Hauptwarengruppen benannte und
diese in zahlreiche Untergruppen (Positionen)
einteilte, enthält jener eine nach volkswirtschaft-
lichen Gesichtspunkten geordnete, in 19 Ab-
schnitte und verschiedene Unterabschnitte ein-
geteilte Warenübersicht von 946 durch-
laufenden Nummern. Die 19 Abschnitte
enthalten 1. in Nr. 1—220: Erzeugnisse der
Land= und Forstwirtschaft und andere tierische
und pflanzliche Naturerzeugnisse; Nahrungs-
und Genußmittel; 2. in Nr. 221—246: Mine-
ralische und fossile Rohstoffe; Mineralöle; 3. in
Nr. 247—264: Zubereitetes Wachs, feste Fett-
säuren, Paraffin und ähnliche Kerzenstoffe,
Lichte, Wachswaren, Seifen und andere unter
Verwendung von Fetten, Olen oder ¾ . Handausgaben erschienen.
e-
hergestellte Waren; 4. in Nr. 265—390; C
mische und pharmazeutische Erzeugnisse, Farben
und Farbwaren; 5. in Nr. 391—543: Tierische
und pflanzliche Spinnstoffe und Waren daraus;
Menschenhaare; zugerichtete Schmuckfedern;
Fächer und Hüte; 6. in Nr. 544—569: Leder
und Lederwaren, Kürschnerwaren, Waren aus
Därmen; 7. in Nr. 570—586: Kautschukwaren;
8. in Nr. 587—594: Geflechte und Flechtwaren
aus pflanzlichen Stoffen mit Ausnahme der Ge-
spinstfasern; 9. in Nr. 595—600: Besen, Bürsten,
Pinsel und Siebwaren; 10. in Nr. 601—648:
Waren aus tierischen oder pflanzlichen Schnitz-
oder Formerstoffen; 11. in Nr. 649—673:
Papier, Pappe und Waren daraus; 12. in
Nr. 674—677: Bücher, Bilder, Gemälde; 13. in
Nr. 678—712: Waren aus Steinen oder an-
deren mineralischen Stoffen (mit Ausnahme
der Tonwaren), sowie aus fossilen Stoffen;
14. in Nr. 713—734: Tonwaren; 15. in Nr. 735
bis 768: Glas= und Glaswaren; 16. in Nr. 769
bis 776: Edle Metalle und Waren daraus; 17. in
Nr. 777—891: Unedle Metalle und Waren
daraus; 18. in Nr. 892—925: Maschinen, elektro-
technische Erzeugnisse, Fahrzeuge; 19. in Nr. 926
bis 946: Feuerwassen, Uhren, Tonwerkzeuge,
Kinderspielzeug. Die im autonomen Tarif fest-
gesetzten Zollsätze sind durch die Tarifverträge
(j. Handelsverträge) mit Belgien, Bul= den.
Zolltarifgesetz — Zoll und Zollwesen
garien, Griechenland, Italien, Osterreich-Ungarn,
Rumänien, Rußland, Schweden, der Schweiz
und Serbien in weitem Umfange beseitigt (durch
Gewährung der Zollfreiheit), ermäßigt oder ge-
bunden. Die Gesamtheit der hiernach sich er-
gebenden Zollsätze bildet den Vertragstarif.
Dieser findet Anwendung auf die Erzeugnisse
Agyptens, Athiopiens (Abessiniens), Argentiniens,
Belgiens, Boliviens, Bulgariens, Chiles, Däne-
marks, Ekuadors, Frankreichs einschließlich der
Kolonien und auswärtigen Besitzungen sowie
des Fürstentums Monaco, Griechenlands, Groß-
britanniens einschließlich der Kolonien und aus-
wärtigen Besitzungen, jedoch mit Beschränkungen
in bezug auf Kanada, Guatemalas, Honduras,
Italiens einschließlich der Republik San Marino,
Japans, Kolumbiens, Liberias, Marokkos, Mexi-
kos, Montenegros, Nicaraguas, der Niederlande
einschließlich der Kolonien und auswärtigen Be-
sitzungen, Norwegens, Osterreich-Ungarns ein-
schließlich des Fürstentums Liechtenstein, Para-
guays, Persiens, Portugals, Rumäniens, Ruß-
lands, Salvadors, Sansibars, Schwedens, der
Schweiz, Serbiens, Spaniens, der Türkei,
Tunis, Uruguays, Venezuelas und der Ver-
einigten Staaten von Amerika, ferner auf die
Erzeugnisse der deutschen Zollausschlüsse (s. d.),
Kolonien und Schutzgebiete einschließlich des
Pachtgebietes Kiautschoun (s. Handelsver-
träge und Meistbegünstigung). So-
weit Vertragssätze nicht ausgeworfen sind, gelten
die autonomen Sätze. Diese gelten ihrem
ganzen Umfange nach für die Erzeugnisse der
oben nicht genannten Länder, z. B. Chinas.
Der unter Berücksichtigung der Tarifverträge
(mit Ausnahme des schwedischen) sich ergebende
Z. (autonomer und Vertragstarif) ist in zwei
im Reichsamt des Innern und im Reichs-
schatzamt hergestellten, im Buchhandel käuflichen
Während die des
Reichsamts des Innern alle Vertragssätze unter
Angabe der ihnen zugrunde liegenden Verträge
enthält, führt die für den gewöhnlichen Ge-
brauch, insbesondere den Handgebrauch der
Zollabfertigungsbeamten bestimmte Ausgabe des
Reichsschatzamts nur die zur Anwendung ge-
langenden Sätze ohne Angabe ihrer Quellen
auf; Vertragssätze, die durch weitergehende,
an andere Staaten bewilligte Zollbefreiungen
oder Ermäßigungen überholt sind, desgleichen
bloße Bindungen autonomer Sätze sind in der
letzteren Ausgabe nicht berücksichtigt; dagegen
sind neben den Zollsätzen auch die Tarasätze
(s. Zoll B IV 3) angegeben. Zur richtigen
Anwendung des Z. dient nach § 12 V.8 G. das
Warewverzeichnis (s. d.). Wegen der Stellung-
nahme der deutschen Zolltarifpolitik zu Frei-
handel und Schutzzollsystem s. Schutzzölle.
ATrautvetter, Das neue beutsche Zolltarifrecht,
Berlin 1905, und die von der Großherzoglich Badischen
Zolldirektion heraus 2egebenen: Zolldienstlichen Erläuterun-
gen zum neuen Zolltarise, Karlsruhe 1905.
Jolltarifgesetz s. Zoll Bl.
Joll und Zollwesen. A. Allgemeines.
Unter Zöllen im technischen Sinne versteht man
öffentliche Abgaben von Waren, die aus Anlaß
von deren Verbringung aus einem öffentlich-
rechtlich abgegrenzten Gebiet (Zollgebiet) in
ein anderes ohne Gegenleistung erhoben wer-
Sie bilden eine Unterart der indirekten