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1. die Konterbande, d. h. das Unter-
nehmen, Gegenstände, deren Ein-, Aus- oder
Durchfuhr verboten ist, diesem Verbote zuwider
ein-, aus= oder durchzuführen (V.G. 8 134);
2. die Defraudation (NZolldefraude, Zoll-
hinterziehung), d. h. das Unternehmen, die
Eingangsabgaben zu hinterziehen (V.G. 8§ 135);
3. Ordnungswidrigkeiten,, d. h. Zu-
widerhandlungen gegen die Zollgesetze ohne das
in Ziff. 1 u. 2 gekennzeichnete Unternehmen
(V86. 88§ 151, 152, 160, 161; ZollTG. §§ 14,
11 Ziff. 4 Abs. 1). Die Straftaten zu 1 u. 2
werden gemeinschaftlich als Schmuggel be-
zeichnet. Der Begriff des Unternehmens um-
faßt außer der vollbrachten Tat auch den Ver-
such zu dieser. Hervorzuheben ist indes, daß der
obiektive Tatbestand der Zolldefraude stets eine
ÜNberschreitung der Zollinie durch die zgoll-
pflichtige Ware voraussetzt (RG. vom 14. Nov.
1893 — AbgB Bl. 1894, 12). Eine Ausnahme
kann nur Platz greifen bei Verbringung einer
Ware in den Bereich einer exponierten, d. h.
im Zollauslande belegenen Zollstelle (R.
vom 19. März 1886 — Abg BBl. 240). Als
Konterbande gilt nur das Unternehmen der
Verletzung eines Einfuhr= usw. Verbots,
nicht auch das der Verletzung einer Einfuhr= usw.
Beschränkung (RG. vom 8. Juli 1898
— Abg ZBl. 365). Die Strafe der Konterbande
ist ausgeschlossen, wenn Gegenstände, deren Ein--,
Durch= oder Ausfuhr verboten ist, bei dem
Grenzzollamt vom Gewerbetreibenden ausdrück-
lich angezeigt oder von anderen Personen vor-
schriftsmäßig zur Revision gestellt werden (V.G.
§ 139). Im § 136 führt das VG. eine große
Anzahl von Tatsachen an, welche, wie z. B. die
Überschreitung oder Umgehung der zuständigen
Zollstätte beim Transport zollpflichtiger oder
verbotener Gegenstände, oder die Verletzung der
Vorschriften über die Transportkontrolle (s. d.)
an und für sich das gesetzliche Merkmal der
Konterbande oder Defraudation bilden sollen.
Beim Vorhandensein dieser Tatsachen muß der
Angeschuldigte zur Vermeidung der Strafe der
Konterbande oder Defraudation den Nachweis
führen, daß er eine solche nicht habe verüben
können oder nicht beabsichtigt habe. Beim Ge-
lingen dieses Nachweises ist nur eine Ordnungs-
strafe verwirkt (V.ZG. § 137). Die 88 136, 137
haben demnach zugunsten der Zollverwaltung
eine Verlegung der Beweislast zur Folge.
Konterbande und Defraudation haben das Ge-
meinsame, daß sie die Konfiskation (s. Ein-
ziehung III) der Gegenstände, in bezug
auf welche die Straftat verübt ist, nach sich ziehen.
Der insolge der Konsiskation eintretende Verlust
der Gegenstände trifft gemäß § 154 VB6. mit
der daselbst vorgesehenen Ausnahme stets den
Kann die Konfistation selbst nicht
Eigentümer.
Zollverein
und den sog. Bandenschmuggel (s. d.),
sind in den §§ 140—148 V36. verschärfte
Strafen angedroht. Ordnungswidrigkeiten sind
in der Regel mit einer Geldbuße bis zu 150 4
bedroht (V.ZG. § 152; ZollTG. 8§ 14); bei
Verletzung des amtlichen Warenverschlusses ist
das Strafmaximum auf 900 K erhöht (BBBG.
§ 151). Wegen eines weiteren Einzelfalls f.
ZollTG. § 11 Ziff. 4 Abs. 1. Die §8§ 160, 161
VB86. enthalten noch Sondervorschriften für
das unerlaubte Anerbieten oder Gewähren von
Geschenken an Zollbeamte, sowie für die Wider-
setzlichkeit gegen deren Anordnungen. Im § 153
setzt das VZG. für Zollvergehen auch eine sub-
sidiarische Vertretungsverbind-
lichkeit dritter Personen fest. Es haften:
1. Handel- und Gewerbetreibende für ihre Ge-
hilfen, 2. Eisenbahnverwaltungen und Dampf-
schiffahrtsgesellschaften für ihre Angestellten,
3. alle Personen für ihre Ehegatten und Kinder
rücksichtlich der Geldbußen, Zollgefälle und Pro-
zeßkosten, in welche die zu vertretenden Per-
sonen wegen Verletzung der Zollvorschriften
verurteilt worden sind, die sie bei Ausführung
der ihnen vom subsidiarisch Verhafteten über-
tragenen Verrichtungen zu beobachten haben.
Weisen indes die unter Ziff. 1 u. 3 aufgeführten
subsidiarisch Verhafteten nach, daß das Zoll-
vergehen ohne ihr Wissen verübt worden ist,
so haften sie nur für die Zollgefälle. Trefsen
mit einer Konterbande oder Defraudation andere
strafbare Handlungen zusammen, so kommt,
auch im Falle der ideellen Konkurrenz, ab-
weichend von den Regeln des StG#B., die für
erstere bestimmte Strafe zugleich mit der für
letztere vorgeschriebenen zur Anwendung (VB6.
§& 158). Wer also eine Ware aus einer unter
amilichem Mitverschluß stehenden Niederlage
stiehlt, hat die volle Strafe der Zolldefraude
neben der vollen Strafe des Diebstahls ver-
wirkt. Konterbande und Defraudation ver-
jähren in drei Jahren, Ordnungswidrigkeiten
in einem Jahre von dem Tage an gerechnet,
an dem sie begangen sind (V3G. § 164). So-
weit das Zollstrafrecht nicht Sondervorschriften
enthält, kommen die allgemeinen Regeln des
StGB. zur Anwendung. Wegen des Straf-
verfahrens in Zollsachen s. Zollstrafver-
fahren.
Havenstein, Die Zollgesetzgebung des Reiches,
Berlin 1892: Wiesinger, Das Vereinsgzollgesetz vom
1. Juli 1869 mit Erläuterungen, Ansbach 1896;: Hoff=
mann, Deutsches Zollrecht (bisber ist nur erschienen
Bd. 1: Geschichte des deutschen Zollrechts), Leivsig 1902:
Schmidt, Die Fleischbeschau-Zollordnung, Berlin 1903:
Löbe, Das deutsche Zollstrafrecht, Leipzig 1901; serner
in der Zeitschr. für Zollwesen und Reichssteuern: Haus-
bbrand, Zur Sostematik des Zollverwaltungsrechts, 3
S. 1, 33: Derselbe, Zur Revision des Vereinszoll-
aesetzes, 5 S. 4, 65, 211; 7 S. 185, 233:; Behr, JZJoll-
pflicht und freier Aerkehr, 1, 163: Kunckel, Dingüuche
und versönliche Zolloflicht, 2,
33: Hoffmann, Die
vollzogen werden, tritt Wertersatz an ihre Stelle Haftung des Zollauts, 1, 671 Heidecker, Deklaratione-
(B3G. 8§ 155).
von dem Schuldigen eine Geldbuße verwirkt,
welche bei der Konterbande dem doppelten
Wert ihres Gegenstandes gliichkommt,
destens aber 30 K betragen soll, und bei der
Deffrandation nach dem viersachen Betrage der
vorenthaltenen Abgaben bemessen wird (VBV3G.
§& 134, 135). Für zahlreiche Fälle der Konter-
bande und Defrandation, so für den Rückfall
Neben der Konfiskation wird pflicht und Deklarationszwang, 9 S. 82, 122, 162. —
Jollverein. Die deutsche Bundesakte von
1815 ließ jedem der am Bunde beteiligten
min- Staaten sein eigenes Zollsystem.
Das allge-
meine Verkehrsbedürfnis nach einer einhein-
lichen Regelung der Zollverhältnisse führte zu-
nächst zu einer Reihe von Verträgen (Zoll-
anschlußverträgen), durch die mehrere
kleinere Staaten ganz oder für Teile ihres Ge-