Ergebnisse in Baden. Der Allkakholizismus. 119
meindeschulen einführte, die volle Zustimmung dieses Landtages. Höchst bezeichnend
für die Stimmung im Lager der badischen Ultramontanen selbst war die Thatsache, daß
einer der begabtesten ultramontanen Führer feit den sechziger Jahren, der bisherige
Redakteur des ultramontanen Karlsruher „Beobachters“, W. Bissing, schon am 30.No-
vember 1874 in die Redaktion der liberalen (und nationalen) „Konstanzer Zeitung“
eingetreten war mit der Erklärung: er habe schon bisher den Ultramontanen immer
geraten, die Kirchengesetze anzuerkennen, weil er überzeugt sei, daß der Staat andere
Ziele als diese Anerkennung nicht verfolge. Wie er, dachte die übergroße Mehrheit
auch der katholischen Bevölkerung Badens.
Endlich ist ein erfreuliches Ergebnis des Kulturkampfes die Entstehung, Gliede-
rung und staatliche Anerkennung des Altkatholizismus. Früher war berichtet,
wie die „Altkatholiken“, welche sich der Anerkennung des Unfehlbarkeitsdogmas wei-
gerten, im September 1871 in München zusammengetreten waren, um eine beson-
dere Religionsgenossenschaft zu gründen. Ihre Bestrebungen wurden durch die Kirche
von Utrecht gefördert, deren Erzbischof Heinrich Loos im Sommer 1872 namentlich
die bayrischen altkatholischen Gemeinden bereiste, um dort die Firmungen vorzu-
nehmen, was die bayrische Negierung zuließ. Auch die protestantischen Bekenntnisse
begrüßten die mannhaften katholischen Mitstreiter am Evangelium mit lebhafter
Teilnahme. So die Versammlung des Evangelischen Kirchentages in Halle, unter
Vorsitz des Professors Hermann aus Heidelberg, des späteren Präsidenten des preu-
Kischen Oberkirchenrates, Anfang Oktober 1872. Der Präsident des Deutschen Prote-
stantenvereins, Professor Bluntschli aus Heidelberg, erschien sogar persönlich auf
dem zweiten Altkatholikenkongreß in Köln im September 1872. Ebendahin kamen
mehrere anglikanische Bischöfe und der Rektor der geistlichen Akademie in Peters-
burg, Oberpriester Janyschew, alle erfüllt von dem Wunsche, daß die altkatholische
Bewegung zu einer Wiedervereinigung aller christlichen Konfessionen führen möge.
Dadurch wurden jedoch die ohnehin schwierigen Aufgaben dieser Bewegung nur noch
verwickelter und dem frischen, warmen Gefühl der Massen des katholischen Volkes
noch fremdartiger gemacht. Die langen gelehrten Nesolutionen der Altkatholikenkon-
gresse, welche versuchten, die Lehre von der Dreifaltigkeit und andere allen Konfes-
sionen mundgerecht zu machen, gehören sogar zu den unerfreulichsten Erscheinungen
dieser Bewegung. Sehr tüchtig sorgte für die altkatholischen Bestrebungen das neue
Hauptorgan derselben, „Der deutsche Merkur“ in München, und die, allerdings vor-
wiegend gelehrte Thätigkeit so bedeutender Männer, wie Döllinger, Windscheid, Schulte,
Huber, Neinkens, Friedrich, Michelis, Knoodt, Reusch, Herzog und vieler anderer.
Die Hauptbedürfnisse altkatholischer Gemeindebildung wurden von den etwa 400
Abgeordneten zum zweiten Altkatholikenkongreß, der unter Schultes Vorsitz vom
22. September 1872 ab in Köln tagte, richtig erkannt und in Beschlüsse gefaßt. Sie
bezogen sich auf die Einrichtung einer regelmäßigen und genügenden Seelsorge, auf
die staatliche Anerkennung der Rechte der Altkatholiken, als der rechten katholischen
Kirche, auf die Ausbreitung der Agitation in den Volksmassen und betrauten einen
Kolner Ausschuß mit der Vorbereitung der Bischofswahl. An den Staat richtete der