Verwendung der Milliarden für die deutsche Wehrkraft. 125
schen Zuschnitt knapp waren, für die Bedürfnisse des Deutschen Reiches dagegen
schlechterdings nicht mehr zureichten. So vor allem das Generalstabsgebäude, das
Kriegsministerium, die Kriegsakademie, die Militärbildungsanstalten, die Kadetten-
häuser. Für die Zentral-Kadeltenanstalt in Lichterfelde verlangte die Negierung allein
die Baufsumme von 2,460,000 Thaler. Trotz der Fülle der Mittel, welche jene
Milliardenzeit gewährte, und trotz der warmen Fürsprache Noons lehnte der Reichs-
tag jedoch diese Forderungen vorläufig ab. Sie wurden aber, wie wir sehen werden,
später sämtlich in bescheidenerem Umsang bewilligt, weil die Notwendigkeit des Ver-
langens selbst nicht zu bestreiten war.
Dagegen genehmigte der Neichstag ohne Widerspruch und Debatte die Vertei-
lung der fünf Milliarden französischer Kriegsentschädigung unter den ein-
zelnen deutschen Bundesstaaten nach den Beschlüssen, welche der Bundesrat ge-
faßt hatte. Bekannt war, daß Bayern und Württemberg behauptet hatten, sich „ver-
kürzt“ zu fühlen, wenn diese Verteilung nur nach den militärischen Leistungen der
Einzelstaaten vom 16. Juli 1870 bis zum 1. Juli 1871 stattsände, und nicht auch
Gewicht gelegt werde auf andere, namentlich politische Gesichtspunkte. Sie hatten da-
her ursprünglich vorgeschlagen, die sranzösische Kriegsentschädigung zu 3/8 nach den
Kriegsleistungen, zu 3/8 nach der Bevölkerungszahl der Einzelstaaten zu verteilen. Diese
umbillige Forderung wurde von Bayern später dahin ermäßigt, daß ¾/¾ nach der Kriegs-
leistung, /4 nach der Bevölkerungszahl an die Bundesstaaten verteilt werden sollte.
Bundesrat und Reichstag stimmten einhellig zu.
Der nene Leiter der deutschen Flotte, der „Chef der Admiralität“ von Stosch,
hatte von seinem Vorgänger einen Plan zur Erweiterung der deutschen Seemacht
übernommen, den er dem Reichstag vorlegte, jedoch ohne den Plan, wie er selbst ge-
stehen mußte, genauer zu kennen. Er gab bei der Verhandlung im Reichstag bereit-
willig zu, daß der Schwerpunkt der deutschen Macht in der Landarmee liege, daß die
Ausgabe unserer Flotte nicht sei, große Schlachten zu schlagen, sondern unsere Küsten
zu verteidigen. Soweit der Flottengründungsplan einen anderen Standpunkt
vertrete, müsse er abgeändert werden. Einstweilen könne man nur das Angefangene
vollenden. In wenigen Jahren aber werde sich die Negierung über die notwendigen
Anderungen des Planes erklären können. Diese Aussprache deckte sich vollständig mit
den Ansichten des Reichstags, und der Flottenetat wurde daher mit dem Vorbehalte
genehmigt: „daß mit dem Marineetat für 1874 ein Plan über die als notwendig er-
kannten Abänderungen des ursprünglichen Flottengründungsplanes“, berechnet auf
weitere sünf Jahre, „vorgelegt werden solle“. Auch wurde die Seemannsordnung,
welche die Nechtseinheit für die Seeleute des Deutschen Neichs begründete, angenom-
men, nicht minder ein Gesetz, welches die Verpflichtung der Handelsflotte zur Mit-
nahme hilfsbedürstiger Seeleute feststellte; endlich ein Antrag betreffs der Ausdehnung
der Reichsgesetzgebung auf das Gebiet der Seezeichen und des Lotseuwesens.
Schon am 17. März 1872 war auch die Flottenakademie in Kiel begründet worden.
Zu den Vorlagen, welche bestimmt waren, die Befestigung der deutschen Wehrkrast,
zunächst die soldatische Mannszucht zu fördern, ist auch das deutsche Militärstraf-