Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

74 Zweiter Teil: Organisation des Bundes. 
Abgaben giebt, wenn im Bundesrate Meinungsverschiedenheit 
stattfindet, die Stimme des Präsidiums den Ausschlag, wenn 
sie sich für die Aufrechterhaltung der bestehenden Einrichtungen 
ausspricht (Reichs- Verfassung Art. 5, Abs. 2). Die bestehende Ein- 
richtung ist z. B. immer die Präsenzziffer des vorigen Jahres 
(Reichstagsverhandlung v. 11. Januar 1887, Prot. S. 342). In Betreff 
der „bestehenden Einrichtungen“ führte der Abgeordnete Twesten 
in der Reichstagssitzung v. 21. März 1867, Prot. S. 309 I 
aus: „Ich habe gehört, daß von einigen Seiten Anstoß daran 
genommen wird, daß es heißt: wenn es sich um Aufrechthaltung 
der bestesenden „Einrichtungen“ des Bundes handle. Man hat 
gemeint, statt „Einrichtungen“ zu sagen „Gesetze“. Ich glaube aber, 
daß „Einrichtungen“ stehen bleiben müsse. Denn es giebt manche 
Einrichtungen, sowohl im Militärwesen, wie sonst im Staate, die 
nicht ausdrücklich auf Gesetzen beruhen, sondern thatsächlich 
bestehen, auf welche sich aber künftige Gesetze wohl beziehen können, 
und ich meine die Krone Preußens muß in der Lage sein, auch 
dann ein Veto einzulegen, wenn es versucht werden sollte, durch 
die Gesetzgebung Aenderungen an solchen Einrichtungen zu treffen, 
welche bisher nicht auf ausdrücklich gesetzlichen Bestimmungen beruhen.“ 
(S. auch Bismarck im Relchstag 1887, S. 3842.) Das Präsidium kann 
zwar mit seinem Veto in diesen Fällen die Beschlüsse des Bundes- 
rats annullieren, aber keineswegs in Majoritätsbeschlüsse um- 
wandeln. Derartige Konflikte werden durch Kompromisse beseitigt. 
(Stenogr. Bericht 1867, S. 582). 
2. Bei der Beschlußnahme über die zur Ausführung der gemein- 
schaftlichen Gesetzgebung (Reichs-Verfassung Art. 35) dienenden 
Verwaltungsvorschristen und Einrichtungen giebt die Stimme 
des Präsidiums alsdann den Ausschlag, wenn sie sich für 
Aufrechterhaltung der bestehenden Vorschrift oder Einrichtung 
ausspricht (Reichs-Verfassung Art. 37). 
3. Veränderungen der Reichs-Verfassung gelten als abgelehnt, 
wenn sie im Bundesrate 14 Stimmen gegen sich haben 
(Reichs-Verfassung Art. 78, Abs. 1). 
4. Diejenigen Vorschriften der Reichs-Verfassung, durch welche 
bestimmte Rechte einzelner Bundesstaaten in deren Verhältnis 
zur Gesamtheit festgestellt sind, können nur mit Zustimmung 
des berechtigten Bundesstaates abgeändert werden Ceichs- 
Verfassung Art. 78, Abs. 2). 
II. Das Gesetzes-Vorschlagsrecht. 
Ueber die dem Reichstage zu machenden Vorlagen beschließt der 
Bundesrat (Reichs-Verfassung Art. 7, Ziff. 1). Jedes Bundesmitglied ist 
befugt, Vorschläge zu machen, und in Vortrag zu bringen und das 
Präsidium ist verpflichtet, dieselben der Beratung des Bundesrats zu 
übergeben (Reichs-Verfassung Art. 7, Abs. 2).
	        
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