IV. Abschnitt: Bundesral. 85
Jedes Bundesmitglied kann so viele Bevollmächtigte zum Bundes-
rat ernennen, wie es Stimmen hat (Reichs-Verfassung Art. 6, Abs. 2). In
der Regel werden auch noch Stellvertreter ernannt. Die Ernennung
ist noch stets widerruflich. Die Namen der Bevollmächtigten wurden
bis 1880 im Reichsgesetzblatt publiziert und werden jetzt aber dem
Kaiser, dem Bundesrat und dem Reichstag mitgeteilt (Sten. Bericht 1867 1,
S. 269 u. Sten. Bericht der preuß. Abg.-Kammer 1867, S. 341).
III. Die Zuständigkeit des Bundesrats.
Der Schwerpunkt der Zuständigkeit des Bundesrates liegt in
seiner Thätigkeit als gesetzgebender Faktor. Art. 5, Abs. 1 der Reichs-
Versassung bestimmt nämlich: Die Reichsgesetzgebung wird ausgeübt
durch den Bundesrat und den Reichstag und Art. 7 der Reichs-
Verfassung bestimmt:
Der Bundesrat beschließt:
1. über die dem Reichstage zu machenden Vorlagen und die von
demselben gefaßten Beschlüsse (Gesetzes-Vorschlags= und An-
ordnungsrecht);
2. Über die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen all-
gemeinen Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen, sofern
sn cht durch Reichsgesetz etwas anderes bestimmt ist (Verordnungs-
recht);
3. über Mängel, welche bei der Ausführung der Reichsgesetze oder
der vorstehend erwähnten Vorschriften oder Einrichtungen hervor-
treten (Vergl. z. B. Reichs-Verfassung Art. 36, Abs. 3 in Betreff des Zoll-
und Steuerwesens, Reichs-Verfassung Art. 7, Abs. 1, ausgenommen Reichs-
Verfassung Art. 63, Abs. 3).
Im Ferneren unterstehen seiner Zuständigkeit folgende An-
gelegenheiten: «
Dem Bundesrate liegt die Aufstellung des jährlichen Reichs—
haushaltsetats ob (Reichs-Verfassung Art. 69) und über die Ver-
wendung aller Einnahmen des Reiches ist durch den Reichskanzler
dem Bundesrate zur Entlastung Rechnung zu legen (Reichs-Verf.
Art. 72).
Wenn in einem Bundesstaate der Fall einer Justizverweigerung
eintritt, und auf gesetzlichen Wegen ausreichende Hilfe nicht
erlangt werden kann, so liegt dem Bundesrate ob, erwiesene,
nach der Verfassung und den bestehenden Gesetzen des be—
treffenden Bundesstaates zu beurteilende Beschwerden über ver—
weigerte oder gehemmte Rechtspflege anzunehmen und darauf
die gerichtliche Hilfe bei der Bundesregierung, die zu der Be—
schwerde Anlaß gegeben hat, zu bewirken (Reich-Verf. Art. 77)
Der Bundesrat prüft die Legitimation (Vollmacht), nicht auch
die Instruktion, seiner Mitglieder und zwar auch dahin, ob
sie vom legitimen Bundesfürsten bevollmächtigt sind, und gibt sich
seine Geschäftsordnung selbst.