108 Zweiter Teil: Organisation des Bundes.
ordnungen und Verfügungen des Kaisers werden im Namen des
Reichs erlassen und bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung
des Reichskanzlers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt.
Meichs · Verfassung Art. 17.)
Der Kaiser überwacht die Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens
durch Reichsbeamte, welche er den Zoll= und Steuerämtern und den
Direktivbehörden der einzelnen Staaten, nach Vernehmung des Aus-
schusses des Bundesrates für Zoll= und Steuerwesen, beiordnet.
(Reichs-Verfassung Art. 36, Abs. 2.)
Die Legislaturperiode des Reichstages dauert 5 Jahre (Geset
vom 19. März 1888, S. 110). Zur Auflösung des Reichstages während
derselben ist ein Beschluß des Bundesrates unter Zustimmung des
Kaisers erforderlich. (Reichs-Verfassung Art. 24.)
Der Tag der Reichstagswahlen wird von dem Bundespräsidium
sestgesetzt. (Reichstagswahl-Reglement § 9, Abs. 1.)
Außerdem ist dem Kaiser in vielen Gesetzen die Erlassung von
Ausführungs-Verordnungen eingeräumt.
8. Das Ernennungsrecht des Kaisers.
Der Vorsitz im Bundesrate und die Leitung der Geschäfte steht
dem Reichskanzler zu, welcher vom Kaiser zu ernennen ist. (Reichs-
Verfassung Art. 15, Abs. 1.)
Der Kaiser ernennt die Reichsbeamten, läßt dieselben für das
Reich vereidigen und verfügt erforderlichen Falles deren Versetzung und
Entlassung (Reichs-Verfassung Art. 18).
Diese Beamten führen den Titel „Kaiserl. Beamten“. (Kaiserl.
Verordnung vom 3. August 1871, S. 318.)
Der Bundesrat bildet aus seiner Mitte dauernde Ausschüsse.
In jedem dieser Ausschüsse werden außer dem Präsidium mindestens
4 Bundesstaaten vertreten sein, und führt innerhalb derselben jeder
Staat nur 1 Stimme. In dem Ausschuß für das Landbeer
und die Festungen hat Bayern einen ständigen Sitz, die übrigen Mit-
glieder desselben, sowie die Mitglieder des Ausschusses für das See-
wesen werden vom Kaiser ernannt; die Mitglieder der anderen Aus-
schüsse werden von dem Bundesrate gewählt. Die Zusammensetzung
dieser Ausschüsse ist für jede Session des Bundesrates resp. mit jedem
Jahre zu erneuern, wobei die ausscheidenden Mitglieder wieder wähl-
bar sind. (Reichs--Verfassung Art. 8.)
Das gesamte Konsulatwesen des Deutschen Reiches steht unter
der Aussicht des Kaisers, welcher die Konsuln nach Vernehmung des
Ausschusses des Bundesrats für Handel und Verkehr anstellt (Reichs-
Verfassung Art. 56, Abs. 1).
S. auch oben Ziffer 2, lit. c.
9. Das Exekutionsvollzugsrecht gegenüber den Bundesstataten.
Wenn Bundesglieder ihre verfassungsmäßigen Bundespflichten
nicht erfüllen, können sie dazu im Wege der Exekution angehalten