114 Zweiter Teil: Organisation des Bundes.
legung bei der Behörde, welche die Bekanntmachung erlassen hat, anzu-
bringen und innerhalb der nächsten vierzehn Tage zu erledigen, worauf die
Listen geschlossen werden. Nur diejenigen sind zur Teilnahme an
der Wahl berechtigt, welche in die Listen aufgenommen sind.
Bei einzelnen Neuwahlen, welche innerhalb eines Jahres nach
der letzten allgemeinen Wahl stattfinden, bedarf es einer neuen Aufstellung
und Auslegung der Wahlliste nicht.
§ 9. Die Wahlhandlung, sowie die Ermittelung des Wahlergebnisses
sind öffentlich (Sten. Bericht 1869, S. 193 und 978).
Die Funktion der Vorsteher, Beisitzer und Protokollführer bei der
Wahlhandlung in den Wahlbezirken und der Beisitzer bei der Ermittelung
des Wahlergebnisses in den Wahlkreisen ist ein unentgeltliches Ehren-
amt und kann nur von Personen ausgeübt werden, welche kein unmittel-
bares Staatsamt bekleiden.
§ 10. Das Wahlrecht wird in Person (d. h. unmittelbar) durch
derderle, in eine Wahlurne niederzulegende Stimmzettel ohne Unterschrift
ausgeübt.
Die Stimmzettel müssen von weißem Papier und dürfen mit
keinem äußeren Kennzeichen versehen sein. ·
8 11. Die Stimmzettel sind außerhalb des Wahllokals mit dem
Namen des Kandidaten, welchem der Wähler seine Stimme geben will,
handschriftlich oder im Wege der Vervielfältigung zu versehen.
§ 12. Die Wahl ist direkt. Sie erfolgt durch absolute Stimmen-
mehrheit aller in einem Wahlkreise abgegebenen Stimmen. Stellt bei
einer Wahl eine absolute Stimmenmehrheit sich nicht heraus, so ist nur
unter den 2 Kandidaten zu wählen, welche die meisten Stimmen er-
halten haben.
Bei Stimmengleichheit entscheidet das Loos.
§ 13. Ueber die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Wahlzettel ent-
scheidet mit Vorbehalt der Prüfung des Reichstags allein der Vorstand
des Wahlbezirks nach Stimmenmehrheit seiner Mitglieder.
Die ungültigen Stimmzettel sind zum Zwecke der Prüfung durch
den Reichstag dem Wahlprotokoll beizufügen. Die gültig befundenen
bewahrt der Vorsteher der Wahlhandlung in dem Wahblbezirke so lange
versiegelt, bis der Reichstag die Wahl definitiv gültig erklärt hat.
Die Anfechtung der Wahl steht jedem Reichstagswahl-
berechtigten zu (Sten. Bericht 18741, S. 721 und Sitzung vom 18. März 1892).
Wahlanfechtungen und von Seiten eines Reichstagsmitglicdes er-
hobene Einsprachen, welche später als 10 Tage nach Eröffnung des
Reichstages und bei Nachwahlen, die während einer Session stattfinden,
später als 10 Tage nach Feststellung des Wahlergebnisses erfolgen,
bleiben unberücksichtigt (Gesch.-Ordnung § 4).
§ 14. Die allgemeinen Wahlen sind im ganzen Bundesgebiete an
dem von dem Bundespräsidium bestimmten Tage vorzunehmen. (Sten.
Bericht 1871. S. 24, 509 und 1874 S. 571, 573).
§ 15. Der Bundesrat ordnet das Wahlverfahren, soweit dasselbe
nicht durch das gegenwärtige Gesetz festgestellt worden ist, durch ein ein-
heitliches, für das ganze Bundesgebiet gültiges Wahlreglement.