134 Zweiter Teil: Organisation des Bundes.
IV. Die Behandlung der Interpellationen und der Uebersichten der vom
Bundesrate gefaßten Entschließungen auf Beschlüsse des Reichstages.
§ 32. Interpellationen an den Bundesrat müssen, bestimmt sormu-
liert und von 30 Mitgliedern unterzeichnet, dem Präsidenten des Reichs-
tages überreicht werden, welcher dieselben dem Reichskanzler abschriftlich
mitteilt und diesen in der nächsten Sitzung des Reichstages zur Erklärung
darüber auffordert, ob und wann er die Interpellation beantworten werde.
Erklärt der Reichskanzler sich zur Beantwortung bereit, so wird an dem
von ihm bestimmten Tage der Interpellant zu deren näherer Ausführung
verstattet (Sten. Ber. des verfassungsberatenden Reichstags 1871, S. 415—448).
§ 33. An die Beantwortung der Interpellationen oder deren Ab-
lehnung darf sich eine sofortige Besprechung des Gegenstandes derselben
anschließen, wenn mindestens 50 Mitglieder darauf antragen. Die Stellung
eines Antrages bei dieser Besprechung ist unzulässig. Es bleibt aber jedem
Mitgliede des Reichstages überlassen, den Gegenstand in Form eines An-
trages weiter zu verfolgen.
§ 34. Die Uebersicht der vom Bundesrat auf Beschlüsse des Reichs-
tages gefaßten Entschließungen wird zum Druck und zur Verteilung
befördert. «
Binnen 14 Tagen nach erfolgter Verteilung ist jedes Reichstags-
mitglied berechtigt, das Verzeichnis zum Gegenstande von Bemerkungen
zu machen, welche sich jedoch zu beschränken haben
a) auf den Mangel der Erledigung bestimmt anzuführender Punkte,
b) auf die Unvollständigkeit der gegebenen Auskunft.
Diese Bemerkungen sind dem Präsidenten schriftlich einzureichen.
Diejenigen Beschlüsse des Reichstages, welche durch Zustimmung
oder Ablehnung des Bundesrates ihre Erledigung gefunden haben, dürfen
nicht zum Gegenstande der Bemerkungen gemacht werden.
Sind innerhalb der 14tägigen Frist Bemerkungen eingegangen, so
werden diese dem Reichskanzler mitgeteilt und sodann auf die Tages-
ordnung gesetzt.
Die Stellung eines Antrages ist bei der Verhandlung im Plenum
unzulässig, es bleibt aber jedem Mitgliede des Reichstages überlassen, den
Gegenstand in den regelmäßigen Formen der Geschäftsordnung weiter zu
verfolgen.
V. Die Geschäftsvorschriften für die Plenarsitzungen.
a) Die Tagesordnung.
§ 35. Die Tagesordnung für das Plenum wird durch den Präsi-
denten vor dem Schlusse jeder Sitzung für die nächste Sitzung verkündigt.
Wenn sich dagegen ein Widerspruch erhebt, so entscheidet der Reichstag
durch einen Beschluß darüber, ob der Widerspruch begründet ist. Die
Tagesordnung wird sodann den Mitgliedern des Reichstages und des
Bundesrates durch den Druck mitgeteilt.
In der Regel findet in jeder Woche an einem bestimmten Tage
eine Sitzung statt, in welcher an erster Stelle die von Mitgliedern des
Reichstages gestellten Anträge und die zur Erörterung im Plenum ge-
langenden Petitionen erledigt werden (sog. Schwerinstag).