Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

VI. Abschnilt: Der Reichstag. 139 
Das ausgeschlossene Mitglied ist berechtigt, spätestens am folgenden 
Tage schriftlich Einspruch zu erheben, auf welchen der Reichstag jedoch 
nicht vor dem darauffolgenden Tage, ohne Diskussion darüber entscheidet, 
ob der Ordnungsruf oder die Ausweisung gerechtfertigt war. 
§ 61. Wenn in der Versammlung störende Unruhe entsteht, so kann 
der Präsident die Sitzung auf bestimmte Zeit aussetzen oder ganz aufheben. 
Lann sich der Präsident kein Gehör verschaffen, so bedeckt er sein Haupt, 
und ist hierdurch die Sitzung auf eine Stunde unterbrochen. 
Petenten, die nicht Abgeordnete sind, stehen nicht unter dem Schutz 
des Präsidenten. (Sten. Ber. 1867 II S. 613). 
Die Ordnung in den Zuhörerräumen. 
§* 62. Dem Präsidenten des Reichstages steht die Handhabung der 
Polizei im Sitzungsgebäude und in den Zuhörerräumen zu. 
8 63. Wer von der Tribüne Zeichen des Beifalls oder Mißfallens 
giebt, oder sonst die Ordnung oder den Anstand verletzt, wird auf der 
Stelle entfernt. 
8 64. Entsteht eine störende Unruhe auf der Tribünc, so kann 
der Präsident anordnen, daß Alle, die sich zur Zeit darauf befinden, die 
Tribüne räumen. 
VII. Der. Urlaub, das Ausscheiden und die Neuwahl der Mitglieder. 
Die Urlaubsgesuche. 
§ 65. Für die Abwesenheit eines Mitgliedes (inklusive des Präsi- 
denten) bis zur Dauer von 8 Tagen ist der Präsident Urlaub zu erteilen 
berechtigt; für eine längere Zeit darf nur der Reichstag denselben bewilligen. 
Urlaubsgesuche auf unbestimmte Zeit sind unstatthaft. (Sten. Ber. 1867 II, 
S. 191). 
Ueber die Urlaubsgesuche und Abwesenheitssälle wird ein Register 
geführt. 
Das Ausscheiden und die Neuwahl. 
§ 66. Wenn aus irgend einer Ursache die Stelle eines Reichstags- 
4! 
Mitgliedes erledigt wird, so macht der Präsident dem Reichskanzler davon 
Anzeige, damit dieser in der kürzesten Frist die Neuwahl veranlasse. 
VIII. Die Adressen und die Deputationen. 
Die Adressen. 
§ 67. Wird beantragt, eine Adresse an den Kaiser zu richten, und 
haben der oder die Antragsteller dem Reichstage einen formulierten Entwurf 
zu der Adresse überreicht, so findet die weitere Behandlung in derselben 
Art, wie bei allen anderen Anträgen statt. 
Beschließt der Reichstag, die Vorberatung des Entwurfs einer 
Kommission zu übertragen, so wird diese aus dem Präsidenten — bei 
dessen Behinderung dem Vizepräsidenten — des Reichstages als Vor- 
sitzenden und 21 von den Abteilungen zu wählenden Mitgliedern gebildet. 
Liegt ein Entwurf zu einer Adresse nicht vor, so ist dieser von einer 
in gleicher Weise zusammenzusetzenden Kommission zu fertigen und ohne 
weiteren Bericht dem Reichstage zu überreichen.
	        
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