Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

160 Zweiter Teil: Die Organisation des Bundes. 
8. über die Stellung des Antrags auf Eröffnung des Konkurses (8 68), 
9. über den Erlaß einer Anordnung der im § 69 Abs. 1 Satz 2, 
Abs. 2 bezeichneten Art. 
Der Aufsichtsbehörde liegt es ob, den ganzen Geschäftsbetrieb der 
Versicherungsunternehmungen, insbesondere die Befolgung der gesetzlichen 
Vorschriften und die Einhaltung des Geschäftsplans zu überwachen. 
Sie ist befugt, diejenigen Anordnungen zu treffen, welche geeignet 
sind, den Geschäftsbetrieb mit den gesetzlichen Vorschriften und dem Geschäfts- 
plan im Einklange zu erhalten oder Mißstände zu beseitigen, durch welche 
die Interessen der Versicherten gelähroet werden oder der Geschäftsbetrieb 
mit den guten Sitten in Widerspruch gerät. 
Zur Befolgung ihrer nach Abs. 2 erlassenen Anordnungen kann die 
Aufsichtsbehörde die Inhaber und Geschäftsleiter der zternefnungen durch 
Geldstrafen bis zu 1000 Mark anhalten. Solche Geldstrafen werden in 
derselben Weise beigetrieben wie Gemeindeabgaben. Gegen die gemäß § 73 
Abs. 1 erteilten Entscheidungen steht den Beteiligten der Rekurs zu. 
Ueber den Rekurs entscheidet das Aufsichtsamt für Privatversicherung 
in der Besetzung von 3 Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden unter 
Zuziehung von 2 Mitgliedern des Versicherungsbeirats sowie eines richter- 
lichen Beamten und eines Mitglieds eines hochsten Verwaltungsgerichtshofs 
in einem deutschen Bundesstaate. 
Die richterlichen Beamten sowie die Mitglieder höchster Verwaltungs- 
gri tshöfe werden für die Dauer ihres Hauptamts auf Vorschlag des 
undesrats vom Kaiser ernannt. 
Zur Erleichterung des Geschäftsverkehrs des Aufsichtsamts für Privat- 
versicherung mit den feiner Aufsicht unterstehenden Unternehmungen können 
nach Bedarf vom Reichskanzler im Einvernehmen mit der beteiligten Landes- 
regierung aus der Mitte der Landesbeamten besondere Kommissare bestellt 
werden, welche im Auftrag und nach näherer Anordnung des Amtes be- 
stinmten Unternehmungen gegenüber mit der Auslübung der unmittelbaren 
ufsicht betraut werden. 
Die Bestimmung des § 70 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung. 
Zur Mitwirkung bei der Aussicht wird bei dem Amte ein aus Sach- 
verständigen des Verstcherungswesen bestehender Beirat gebildet, dessen 
Mitglieder auf Vorschlag des Bundesrats vom Kaiser auf 5 Jahre ernannt 
werden. (Bekanntmachung vom 20. Mai 1901, S. 215.) 
Die Mitglieder des Versicherungsbeirats sind berufen, das Amt auf Er- 
fordern bei Vorbereitung wichtiger Beschlüsse gutachtlich zu beraten und bei den 
in den §§ 73 bis 76 bezeichneten Entscheidungen mit Stimmrecht mitzuwirken. 
Sie verwalten ihr Amt als unentgeltliches Ehrenamt; für ihre Teil- 
nahme an Sitzungen erhalten sie Tagegelder und Vergütung der Reisekosten 
nach festen, von dem Reichskanzler bestimmten Sätzen. Die Vorschriften des 
§ 16 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 
31. März 1873 (ReichsGesetzbl. S. 61) finden auf sie keine Anwendung. 
Die Bestimmung des # 70 Abs. 4 findet auch hier entsprechende Anwendung. 
Die Zuziehung der Mitglieder des Versicherungsbeirats erfalgt in der 
Regel nach einer im voraus (§ 80) aufgestellten Reihenfolge. Weicht der 
Vorsitzende des Amles aus besonderen Gründen von der Reihenfolge ab, so 
sind diese aktenkundig zu machen. 
 
	        
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