Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

166 Zweiter Teil: Organisation des Bundes. 
und Art. 76 der Hamburger Verfassung vom 13. Oktober 1879 
zugewiesen sind. 
Die Senate des Reichsgerichts entscheiden in der Besetzung von 
7 Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden. (§ 140.) « 
Will das Oberlandesgericht bei der Auslegung einer das Grund- 
buchrecht oder die Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit betreffenden 
reichsgesetzlichen Vorschrift von der auf weitere Beschwerde ergangenen 
Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts, falls aber über die Rechts- 
frage bereits eine Entscheidung des Reichsgerichts ergangen ist, von dieser 
abweichen, so hat es die weitere Beschwerde unter Begründung seiner 
Rechtsauffassung dem Reichsgerichte vorzulegen. Der Beschluß über die 
Vorlegung ist dem Beschwerdeführer mitzuteilen. 
In den Fällen des Abs. 2 entscheidet über die weitere Beschwerde 
das Reichsgericht. 
Die Entscheidungen über Beschwerden erfolgen bei den Landgerichten 
durch eine Zivilkammer, bei den Oberlandesgerichten und dem Reichsgerichte 
durch einen Zivilsenat. 
Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Ausschließung 
und Ablehnung der Gerichtspersonen sowie die Vorschriften des § 137 
des Gerichtsverfassungsgesetzes finden entsprechende Anwendung. (Gesetz 
vom 24. März 1897 § 79 und 81, S. 153 und § 28 des Gesetzes vom 17. Mai 
1898, S. 371) 
Es entscheidet ferner in letzter Instanz: 
in Schadenersatzklagen wegen unlauterem Wettbewerb. (Gesetz vom 
27. Mai 1896 §F 15. S. 149); 
desgleichen über Ersatzansprüche wegen unrichtigen Angaben über 
zum Börsenhandel zugelassene Wertpapiere (Gesetz vom 22. Juni 1896 
§ 47, S. 168) und endlich ist ihm seitens verschiedener kleinerer Bundes- 
staaten die Gerichtsbarkeit letzter Instanz über bestimmte Rechtssachen 
übertragen. 
Die Reichsanwaltschaft in Leipzig. 
Beim Reichsgericht wird das Amt der Staatsanwaltschaft durch 
cinen Oberreichsanwalt und durch 1 oder mehrere Reichsanwälte ausgeübt. 
Der Oberreichsanwalt und die Reichsanwälte sind nicht richterliche 
Beamte, müssen aber Nichterqualifikation haben. Sie werden auf Vorschlag 
des Bundesrats vom Kaiser ernannt und können vom Kaiser jederzeit mit 
Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes einstweilig in den Ruhestand 
versetzt werden. 
Vor der Entscheidung der vereinigten Strassenate über eine Rechts- 
frage oder derjenigen des Plenums, sowie in Ehe= und Entmündungssachen 
und in Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des Rechtsverhältnisses 
zwischen Eltern und Kindern oder die Anfechtung einer Todeserklärung 
zum Gegenstande haben, ist der Ober-Reichsanwalt mit seinen schriftlichen 
Anträgen zu hören. 
Können die Beamten der Staatsanwaltschaft verschiedener Bundes- 
staaten sich nicht darüber einigen, wer von ihnen die Verfolgung zu 
übernehmen hat, so entscheidet der ihnen gemeinsam vorgesetzte Beamte 
der Staasanwaltschaft und in Ermangelung eines solchen der Ober- 
Reichsanwalt.
	        
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