IX. Abschnitt: Die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten. 183
Die Anstellungs-Urkunde bei den vom Kaiser ernannten Beamten heißt
Bestallungs-Urkunde. (Vergl. Verordnung vom 23. November 1874, S. 135
id vom 9. August 1896, S. 691.) Mit der vorbehaltslosen Annahme der
Anstellungs-Urkunde durch den Angestellten ist die Anstellung perfekt.
Bezüglich der Verjährung der Besoldungsansprüche siehe Bürgerl.
Eesetzbuch §§ 197, 198, 201.
Der Anspruch des Beamten auf Gewährung des mit dem Amte
verbundenen Diensteinkommens (Entgelt für den standesgemäßen Lebens-
unterhalt) beginnt in Ermangelung besonderer Festsetzungen mit dem Tage
des Amtsantritts, in Betreff später bewilligter Zulagen mit dem Tage
der Bewilligung (s. Straf-Gesetzbuch § 359).
§ 5. Die Zahlung des Gehalts erfolgt monatlich im voraus.
§ 7. Hinterläßt ein Beamter, welcher mit der Wahrnehmung einer
in den Besoldungs-Etats aufgeführten Stelle betraut ist, eine Witwe oder
eheliche Nachkommen, so gebührt den Hinterbliebenen für das auf den
Sterbemonat folgende Vierteljahr noch die volle Besoldung des Verstorbenen
(Gnadenquartal) und des Dienstwohnungsrechts (s. nun auch Gesetz vom
20. April 1881, § 8 und 17, S. 85, 5. März 1888, S. 65 und vom 21. April
1886, S. 80. Vergl. § 850 Ziff. 8 der Ziv.-Proz.-Ord., 17. Juni 1887, § 19,
S. 237, 18. Juni 1901, S. 211, 27. Juni 1871, S. 275, 22. Mai 1893,
S. 171, 1. April 1888, S. 131, 8. November 1867, S. 137.)
§ 8. Die Gewährung des Gnadengquartals kann in Ermangelung
der im § 7 bezeichneten Hinterbliebenen mit Genehmigung der obersten
Reichsbehörde (Verordnung vom 27. Dezember 1899, S. 730 und vom 9. Au-
gust 1896. S. 691) auch dann stattfinden, wenn der Verstorbene Eltern,
Geschwister, Geschwisterkinder oder Pflegekinder, deren Ernährer er war, in
Bedürftigkeit hinterläßt, oder wenn der Nachlaß nicht ausreicht, um die
Kosten der letzten Krankheit und der Beerdigung zu decken.
§ 9. In dem Genusse der von dem verstorbenen Beamten bewohn-
ten Dienstwohnung ist die hinterbliebene Familie nach Ablauf des Sterbe-
monats noch 3 fernere Monate zu belassen. "
« Hinterläßt der Beamte keine Familie, so ist denjenigen, auf welche
sein Nachlaß übergeht, eine vom Todestage an zu rechnende 30tägige Frist
zur Räumung der Dienstwohnung zu gewähren.
§ 10. Jeder Reichsbeamte hat die Verpflichtung, das ihm über-
tragene Amt der Verfassung und den Gesetzen entsprechend gewissenhaft
wahrzunehmen und durch sein Verhalten in und außer dem Amte der
Achtung, die sein Beruf erfordert, sich würdig zu zeigen.
§ 11. Ueber die vermöge seines Amtes ihm bekannt gewordenen
Angelegenheiten, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich oder
von seinem Vorgesetzten vorgeschrieben ist, hat der Beamte Verschwiegen-
heit zu brobachten. auch nachdem das Dienstverhältnis gelöst ist.
§ 12. Bevor ein Reichsbeamter als Sachverständiger ein außer-
gerichtliches Gutachten abgiebt, hat derselbe dazu die Genehmigung seiner
vorgesetzten Behörde einzuholen. Ebenso haben Reichsbeamte, auch wenn
sie nicht mehr im Dienst sind, ihr Zeugnis in Betreff derienigen Thatsachen,
auf welche die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit sich bezieht, insoweit
zu verweigern, als sie nicht dieser Verpflichtung in dem einzelnen Falle
durch die ihnen vorgesetzte oder zuletzt vorgesetzt gewesene Dienstbehörde
entbunden sind. (Vergl. §§ 385 und 376 der Ziv.-Proz.-Ord., § 53 der Straf-