I. Abschnitt: Das Staats- und Reichsbürgerrecht. 201
Die Partikularvorschriften, nach welchen die Entlassung aus dem
Staatsverbande mit Rücksicht auf bestehende Privat= und andere Ver-
pflichtungen verweigert oder verzögert werden darf, kommen durch
diesen Paragraphen in Wegfall, während selbstverständlich die An-
wendung prozeßrechtlicher Sicherungemaßregeln nicht ausgeschlossen
werden soll. (Motive.)
Die Entlassungs-Urkunde bewirkt mit dem Zeitpunkte der Aus-
händigung den Verlust der Staatsangehörigkeit.
Die Entlassung wird unwirksam, wenn der Entlassene nicht
binnen 6 Monaten vom Tage der Aushändigung der Entlassungs-Urkunde
an seinen Wohnsitz im rechtlichen Sinne außerhalb des Bundesgebietes
verlegt oder die Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundesstaate
erwirbt. (& 18 und Erkenntnis des Reichsgerichts vom 22. Mai 1886.)
Die Entlassung erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme
gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder,
deren gesetzliche Vertretung dem Entlassenen kraft elterlicher Gewalt
zusteht.
Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Töchter, die ver-
heiratet sind oder verheiratet gewesen sind, sowie auf Kinder, die
unter der elterlichen Gewalt der Mutter stehen, falls die Mutter zu
dem Antrage auf Entlassung der Kinder nach § 14 a, Abs. 2 Satz 2,
der Genehmigung des Beistandes bedarf. (§ 19.) Gesetz vom 18. August
1896, S. 615.)
Deutsche, welche sich im Auslande aufhalten, können
ihrer Staatsangehörigkeit durch einen Beschluß der Zentralbehörde ihres
Heimatsstaates verlustig erklärt werden, wenn sie im Falle eines Krieges
oder einer Kriegsgefahr einer durch das Bundespräsidium für das ganze
Bundesgebiet anzuordnenden ausdrücklichen Aufforderung zur Rück-
kehr binnen der darin bestimmten Frist keine Folge leisten. (5 20)
Deutsche, welche das Bundesgebiet verlassen und sich 10 Jahre
lang ununterbrochen im Auslande aufhalten, verlieren dadurch ihre
Staatsangehörigkeit. Die vorbezeichnete Frist wird von dem Zeit-
punkte des Austritts aus dem Bundesgebiete oder, wenn der Aus-
tretende sich im Besitz eines Reisepapieres oder Heimatscheines befindet,
von dem Zeitpunkte des Ablaufs dieser Papiere an gerechnet. Sie
wird unterbrochen durch die Eintragung in die Matrikel eines Bundes-
konsulats. (§ 2 des Konsulat-Gesetzes vom 8. November 1867, S. 137.) Ihr
Lauf beginnt von Neuem mit dem auf die Löschung in der Matrikel
folgenden Tage. (6 2 des Konsulat-Gesetzes vom 8. November 1867, S. 137.)
Deutsche Schiffe in den Meeren sind wandelnde Territorien (Ge-
bietsteile) des Reichs.
Der hiernach eingetretene Verlust der Staatsangehörigkeit erstreckt
sich zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, deren gesetz-
liche Vertretung dem Ausgetretenen kraft elterlicher Gewalt zusteht,
soweit sich die Ehefrau oder die Kinder bei dem Ausgetretenen be-