216 Dritter Teil’Die einzelnen Materien des Reichsrechts.
den Unterstützungswohnsitz da hat oder nicht. Die vorläufige Unterstützung
erfolgt vorbehaltlich des Anspruchs auf Erstattung der Kosten bezw.
auf Uebernahme des Hilfsbedürftigen gegen den hierzu verpflichteten
Armenverband. Sie besteht in Obdach, Ernährung, Kleidung und
eventuell Krankenpflege. (§ 28.] (Bezüglich der Ausländer §60 unten, S. 218.)
Was Hilfsbedürftigkeit ist, sagt das Gesetz nicht. Dieselbe muß
gegenwärtig oder sofort bevorstehend und erkenntlich sein.
Wenn Personen, welche gegen Lohn oder Gehalt in einem
Dienst= oder Arbeitsverhältnis stehen, oder deren ihren Unterstützungs-
wohnsitz teilende Angehörige, oder wenn Lehrlinge am Dienst= oder
Arbeitsorte erkranken, so hat der Ortsarmenverband dieses Ortes die
Verpflichtung, den Erkrankten die zum Lebensunterhalt erforderliche
Kur und Verpflegung zu gewähren.
Ein Anspruch auf Erstattung der entstehenden Kur= und Ver-
pflegungskosten bezw. auf Uebernahme der Hilfsbedürftigen gegen
einen anderen Armenverband erwächst in diesen Fällen nur, wenn die
Krankenpflege länger als 13 Wochen fortgesetzt wurde, und nur für
den über diese Frist hinausgehenden Zeitraum.
Dem zur Unterstützung an sich verpflichteten Armenverbande
muß spätestens 7 Tage vor Ablauf des 13 wöchentlichen Zeitraums
Nachricht von der Erkrankung gegeben werden, widrigenfalls die Er-
stattung der Kosten erst von dem, 7 Tage nach dem Eingange der
Nachricht beginnenden Zeitraume an gefordert werden kann.
Die Bestimmungen der Absätze 2 und 3 finden keine Anwendung,
wenn das Dienst= oder Arbeitsverhältnis, durch welches der Aufenthalt
am Dienst= oder Arbeitsorte bedingt wurde, nach seiner Natur oder
im Voraus durch Vertrag auf einen Zeitraum von einer Woche oder
weniger beschränkt ist. ,
Schwangerschaft an sich ist nicht als eine Krankheit im Sinne
der vorstehenden Bestimmung anzusehen. (§ 29.)
Muß ein Ortsarmenverband einen hilfsbedürftigen Deutschen,
welcher innerhalb desselben seinen Unterstützungswohnsitz nicht hat,
unterstützen, so hat der Ortsarmenverband zunächst eine vollständige
Vernehmung des Unterstützten über seine Heimats-, Familien= und
Aufenthaltsverhältnisse zu bewirken, und sodann den Anspruch auf
Erstattung der aufgewendeten bezw. aufzuwendenden Kosten bei Ver-
meidung des Verlustes dieses Anspruchs binnen 6 Monaten nach be-
gonnener Unterstützung bei dem vermeintlich verpflichteten Armenverbande
mit der Anfrage anzumelden, ob der Anspruch anerkannt wird.
Ist der verpflichtete Armenverband nicht zu ermitteln, so hat
die Anmeldung behufs Wahrnehmung des erhobenen Erstattungsanspruchs
innerhalb der oben normierten Frist von 6 Monaten bei der zuständigen
vorgesetzten Behörde des beteiligten Armenverbandes zu erfolgen.
Ist nach der Ansicht des unterstützenden Ortsarmenverbandes
der Fall dazu angethan, dem Unterstützten die Fortsetzung des Auf-