III. Abschnitt: Das Armenrecht. 223
ist, ein allgemeines deutsches Heimatsrecht vorzubereiten, übereingekommen,
eine neue Vereinbarung über die gegenseitige Verpflichtung zur Ueber-
nahme von Auszuweisenden abzuschließen, und haben zu diesem Zwecke
Bevollmächtigte ernannt, welche, vorbehaltlich der Genehmigung ihrer
Regierungen, über nachstehende Bestimmungen übereingekommen sind.
Diesem Vertrag sind in der Folge alle übrigen deutschen Staaten mit
Ausnahme von Oesterreich, Liechtenstein", Holnstein-Lauenburg sowie
Luxemburg beigetreten.
Jede der kontrahierenden Regierungen verpflichtet sich,
a) diejenigen Individuen, welche noch fortdauernd ihre Ange-
hörigen (Unterthanen) sind, und
b) ihre vormaligen Angehörigen (Unterthanen), auch wenn sie die
Unterthanenschaft nach der inländischen Gesetzgebung bereits ver-
loren haben, so lange, als sie nicht dem anderen Staate nach
dessen eigener Gesetzgebung angehörig geworden sind,
auf Verlangen des anderen Staates wieder zu übernehmen. (8 1.)
Ein bestimmter Grund der Ausweisung ist nicht verlangt. (Ziff. 1
des Protokolls vom 29. Juli 1858.)
Ist die Person, deren sich der eine der kontrahierenden Staaten
entledigen will, zu keiner Zeit einem der kontrahierenden Staaten als
Unterthan angehörig gewesen (§ 1), so ist unter ihnen derjenige zur
Uebernahme verpflichtet, in dessen Gebiete der Auszuweisende
a) nach zurückgelegtem 21. Lebensjahre sich zuletzt 5 Jahre hindurch
aufgehalten, oder
b) sich verheiratet und mit seiner Ehefrau unmittelbar nach der
Eheschließung eine gemeinschaftliche Wohnung mindestens 6 Wochen
innegehabt hat, oder
e) geboren ist.
Die Geburt (c) begründet eine Verpflichtung zur Uebernahme
nur dann, wenn keiner der beiden anderen Fälle (a und b) vorliegt.
Treffen diese zusammen, so ist das neuere Verhältnis entscheidend. (6 2.)
Chefrauen sind in den Fällen der §§ 1 und 2, ihre Uebernahme
möge gleichzeitig mit derjenigen ihres Ehegatten oder ohne diese in
Frage kommen, von demjenigen Staate zu übernehmen, welchem der
Ehemann nach §§ 1 oder 2 zugehört.
Bei Witwen und geschiedenen Ehefrauen ist, jedoch nur bis zu
einer in ihrer Person eintretenden die Uebernahmeverbindlichkeit be-
gründenden Veränderung, das Verhältnis des Ehemanns zur Zeit seines
Todes und beziehungsweise der Ehescheidung maßgebend.
Die Frage, ob eine Ehe vorhanden sei, wird im Falle des § 1
nach den Gesetzen desjenigen Staates beurteilt, welchem der Ehemann
angehört; im Fall des § 2 aber nach den Gesetzen desjenigen Staates,
wo die Eheschließung erfolgt. (s 3.)
Eheliche Kinder sind, wenn es sich um deren Uebernahme vor
vollendetem 21. Lebensjahre handelt, in den Fällen der §§ 1 und 2