Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

298 Dritter Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts. 
der Reichsverfassung unter die Angelegenheiten, die der Beaufsichtigung 
und Gesetzgebung des Reiches unterliegen, aufgenommen worden ist. 
Die Gesetzgebung des Reiches hat sich indessen bis jetzt darauf 
beschränkt, diejenigen Maßregeln zu treffen, welche zur Abwehr und 
Unterdrückung von Viehseuchen geeignet erschienen. Das Gebiet der 
Medizinalpolizei wird dadurch nur insoweit berührt, als es sich um die 
Beseitigung der den Menschen aus der Uebertragung des Kontagiums 
einzelner Viehseuchen drohenden Gefahren handelt. 
In dieser Beziehung kommt zunächst das Gesetz vom 23. Juni 
1880, bezw. vom 1. Mai 1894, S. 409, sowie die Instruktion hiezu 
vom 27. Juni 1895, S. 358 deren § 80 a durch Bekanntmachung 
vom 1. Juli 1897, S. 590 aufgehoben ist, in Betracht. Dieses Ge- 
setz regelt das Verfahren zur Abwehr und Unterdrückung übertragbarer 
Seuchen der Haustiere, mit Ausnahme der Rinderpest. 
Obwohl der Ausdruck Seuche auf eine Mehrheit von Krank- 
heitsfällen hinweist, besagen die Motive, daß das Gesetz eine solche 
Mehrheit nicht voraussetzt, sowie daß in Ansehung der Uebertragbarkeit 
nicht nur die an den Haustieren selbst sich zeigenden, sondern auch 
die denselben vermöge ihrer Uebertragbarkeit gefährlichen Seuchen anderer 
Tiere (z. B. Milzbrand des Wildes) diesem Gesetze unterstehen. 
Als verdächtige Tiere gelten im Sinne dieses Gesetzes: 
Tiere, an welchen sich Erscheinungen zeigen, die den Aus- 
bruch einer übertragbaren Seuche befürchten lassen (der Seuche 
verdächtige Tiere); 
Tiere, an welchen sich solche Erscheinungen zwar nicht 
zeigen, rüchsichtlich deren jedoch die Vermutung vorliegt, daß 
sie den Ansteckungsstoff ausgenommen haben (der Ansteckung 
verdächtige Tiere). (5 1.) 
Die Anordnung der Abwehr-- und Unterdrückungsmaßregeln und 
die Leitung des Verfahrens liegt den Landesregierungen und deren 
Organen beziehungsweise bezüglich der Pferde und Provianttiere der 
Militärverwaltungen den Militärbehörden ob. (§ 2 Abs. 1 und s§ 3.) 
Gegen Einschleppung einer Seuche vom Ausland dienen die 
Einfuhrverbote bezw. Einfuhr= und Verkehrsbeschränkungen und die 
Viehrevisionen. (§ 6. 7 u. 81; (siehe S. 258.) 
Zur Ermittlung und Unterdrückung im Inlande sind die Anzeige- 
pflicht, die Untersuchung der Tiere und Beaussichtigung der Märkte 
und Schlachthäuser und Ställe durch beamtete Tierärzte und als Schutz- 
maßregeln die Absonderung, Bewachung, Beobachtung, die Beschränkung 
in der Art der Benutzung, Verwertung und des Transports der Tiere, 
das Verbot des gemeinschasftlichen Tränkens, Schwemmens und Weidens 
der Tiere, die Stall-, Gehöfts-, Orts-, Weide-, Feldmark-Sperren, die 
Impsfung, eventuell Tötung, die unschädliche Beseitigung der Kadaver, 
der Streu, des Düngers oder anderer Abfälle der Tiere, Desinfektion 
der benutzten Ställe, Standorte, Transportwägen und Reinigung der
	        
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