Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

16 Erster Teil: Geschichtl. Einleitung und die Verf.-Urkunde. 
Artikel 17. 
Dem Kaiser steht die Ausfertigung und Verkündigung der Reichs- 
gesetze und die Ueberwachung der Ausführung derselben zu. Die An- 
ordnungen und Verfügungen des Kaisers werden im Namen des Reichs 
erlassen und bedürsen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Reichs- 
kanzlers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt. 
Artikel 18. 
1. Der Kaiser ernennt die Reichsbeamten, läßt dieselben für das Reich 
vereidigen und verfügt erforderlichen Falles deren Entlassung. 
2. Den zu einem Reichsamte berufenen Beamten eines Bundesstaates 
stehen, sofern nicht vor ihrem Eintritt in den Reichsdienst im Wege der 
Reichsgesetzgebung etwas anderes bestimmt ist, dem Reiche gegenüber die- 
jenigen Rechte zu, welche ihnen in ihrem Heimatlande aus ihrer dienst- 
lichen Stellung zugestanden hatten. 
Artikel 19. 
Wenn Bundesglieder ihre verfassungsmäßigen Bundespflichten nicht 
erfüllen, können sie dazu im Wege der Erekution angehalten werden. Diese 
Exekution ist vom Bundesrate zu beschließen und vom Kaiser zu vollstrecken. 
V. Reichstag. 
Artikel 20. 
1. Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit ge- 
heimer Abstimmung hervor. 
2. Bis zu der gesetzlichen Negelung, welche im § 5 des Wahlgesetzes 
vom 31. Mai 1869 (Bundesgesetzbl. 1869, S. 145) vorbehalten ist, werden 
in Bayern 48, in Württemberg 17, in Baden 14, in Hessen südlich des 
Main 6 Abgcordnete gewählt (in Elsaß-Lothringen 15, laut Gesetz vom 
25. Juni 1873, S. 161, siehe auch Art. 56 dieses cit. Gesetzes) und beträgt 
demnach die Gesamtzahl der Abgeordneten 397. 
Artikel 21. 
1. Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in den Reichstag. 
2. Wenn ein Mitglied des Reichstags ein besoldetes Reichsamt oder 
in einem Bundesstaat ein besoldetes Staatsamt annimmt oder im Reichs= 
oder Staatsdienste in ein Amt eintritt, mit welchem ein höherer Rang 
oder ein höheres Gehalt verbunden ist, so verliert es Sitz und Stimme 
in dem Reichstag und kann seine Stelle in demselben nur durch neue Wahl 
wieder erlangen. 
Artikel 22. 
1. Die Verhandlungen des Reichstages sind öffentlich. 
2. Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in den öffentlichen 
Sitzungen des Reichstages bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei. 
Artikel 23. 
Der Reichstag hat das Recht, innerhalb der Kompetenz des Reichs 
Gesetze vorzuschlagen und an ihn gerichtete Petitionen dem Bundesrate 
resp. Rcichskanzler zu überweisen.
	        
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