II. Abschnitt: Die Verf.-Urkunde des Deutschen Reiches. 17
Artikel 24.
Die Legislaturperiode des Reichstages dauert fünf Jahre (Gesetz vom
19. März 1888, S. 110). Zur Auflösung des Reichstages während der-
wesen 10 ein Beschluß des Bundesrates unter Zustimmung des Kaisers
erforderlich.
Artikel 25.
Im Falle der Auflösung des Reichstages müssen innerhalb eines
Zeitraumes von 60 Tagen nach derselben die Wähler und innerhalb eines
Zeitraumes von 90 Tagen nach der Auflösung der Reichstag versammelt
werden.
Artikel 26.
Oöhne Zustimmung des Reichstages darf die Vertagung desselben die
Frist von 30 Tagen nicht übersteigen und während derselben Session nicht
wiederholt werden.
Artikel 27.
Der Reichstag prüft die Legitimation seiner Mitglieder und entscheidet
darüber. Er regelt seinen Geschäftsgang und seine Disziplin durch eine
Geschäfts-Ordnung und erwählt seinen Präsidenten, seine Vizepräsidenten und
Schriftführer.
Artikel 28.
1. Der Reichstag beschließt nach absoluter Stimmenmehrheit. Zur Gültig-
keit der Beschlußfassung ist die Anwesenheit der Mehrheit der gesetzlichen
Anzahl der Mitglieder erforderlich.
2. Bei der Beschlußfassung über eine Angelegenheit, welche nach den Bestim-
mungen dieser Verfassung nicht dem ganzen Reiche gemeinschastlich ist, werden die
Stimmen nur derjenigen Mitglieder gezählt, die in Bundesstaaten gewählt sind, welchen
die Angelegenheit gemeinschaftlich ist.
(Dieser Absatz 2 ist aufgehoben s. Gesetz vom 24. Februar 1873, S. 45.)
Artikel 29.
Die Mitglieder des Reichstages sind Vertreter des gesamten Volkes
und an Aufträge und Instruktionen nicht gebunden.
Artikel 30.
Kein Mitglied des Reichstages darf zu irgend einer Zeit wegen seiner
Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes gethanen Aeuße-
rungen gerichtlich oder disziplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb der Ver-
sammlung zur Verantwortung gezogen werden.
Artikel 31.
1. Ohne Genehmigung des Reichstages kann kein Mitglied desselben
während der Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung
zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, außer wenn es bei Aus-
übung der That oder im Laufe des nächstfolgenden Tages ergriffen wird.
2. Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden
erforderlich.
Boch, Staatsrecht. 2