482 Dritter Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts.
Der Bund übernimmt in Anbetracht der Leistungen der Bayerischen
Regierung für den diplomatischen Dienst desselben durch die unter
Ziffer VII erwähnte Bereitstellung ihrer Gesandtschaften und in Er-
wägung des Umstandes, daß an denjenigen Orten, an welchen Bayern
eigene Gesandtschaften unterhalten wird, die Beratung der Bayerischen
Angelegenheiten dem Bundesgesandten nicht obliegt, die Verpflichtung,
bei Feststellung der Ausgaben für den diplomatischen Dienst des Bundes
der Bayerischen Regierung eine angemessene Vergütung in Anrechnung
zu bringen.
Auch der Abschluß von Auslieferungsverträgen direkt mit dem
Ausland ist von den Bundesstaaten als eigenes Recht mehrfach aus-
geübt worden.
Im Gesandtschaftswesen unterscheidet man zwischen aktivem und
passivem Gesandtschaftsrecht und zwar versteht man unter ersterem die
Abordnung eines Gesandten seitens der politisch unabhängigen Staaten-
vereinigungen, sowie der zu dem Souverain eines andern Landes in
einem Lehens-, Schutz= oder sonstigen politischen Gemeinschaftsverhältnis
stehenden Länder und unter letzterem das Recht, Gesandte anzunehmen.
2. Kapitel.
Die Rangstufen von Gesandten.
Nach den Festsetzungen des Wiener Kongresses vom 19. März 1815
und des Aachener Kongresses vom 21. November 1818 sind folgende
4 Rangstufen der ständigen Gesandtschaften anerkannt worden:
1. die Botschafter oder Großbotschafter, sowie die päpstlichen Legaten
und Nunzien;
2. die eigentlichen Gesandten oder sogenannten bevollmächtigten
Minister, sowie die päpstlichen Internunzien;
3. die Ministerresidenten;
4. die Geschäftsträger;
sodann bestehen noch:
5. die sogenannten unständigen Gesandten und Kommissarien.
I. Die Botschafter.
Die Botschafter sind sowohl hinsichtlich ihrer Amtsbefugnisse,
sowie auch hinsichtlich ihrer Person, Stellvertreter ihrer Souveräns.
Sie können deshalb wegen ihrer Amtshandlungen nicht nur bei der
Regierung, sondern auch bei dem Souverän selbst Zulassung verlangen;
sie sind also mit vollkommenem Repräsentiocharakter ausgestattet. Auch
genießen dieselben im allgemeinen diejenigen Ehrenauszeichnungen, welche
ihrem Souverän im Falle seiner persönlichen Anwesenheit erwiesen
werden würden.