XXIX. Abschnitt.
Die Beglaubigung von öffentlichen Urkunden.
Vklas Artikel 4 Ziffer 12 der Reichs-Verfassung unterliegen der
Beaufsichtigung seitens des Reiches und der Gesetzgebung der-
selben die Bestimmungen über die Beglaubigung der öffentlichen
Urkunden.
In Ausführung dieser Aufgabe ist das Gesetz vom 1. Mai 1878,
S. 89, erlassen worden, welches den Legalisationszwang für inländische
öfentliche Urkunden im ganzen Gebiete des Reiches beseitigt hat, da
derselbe in keinem Verhältnisse mehr gestanden ist zu den Vorteilen der
Legalisation, nämlich der Erschwerung der Fälschung und vermehrten
Sicherheit beim Gebrauch öffentlicher Urkunden.
Das Gesetz bestimmt in § 1: daß Urkunden, die von einer in-
ländischen öffentlichen Behörde oder von einer mit öffentlichem Glauben
versehenen Person des Inlandes ausgenommen oder ausgestellt sind,
zum Gebrauch im Inlande einer Beglaubigung (Legalisation) nicht be-
dürfen. Es steht aber davon ab, auch zu normieren, inwieweit und
unter welchen Voraussetzungen inländische öffentliche Urkunden als echt
anzusehen sind.
Hierüber enthalten die Zivilprozeßordnung in den §§ 415 bis 444
und die Strafprozeßordnung in dem § 248 das Nähere. Im übrigen
überläßt dieses Gesetz die Frage, unter welchen Umständen außerhalb
des Prozeßgebietes die betreffende Behörde die Echtheit der ihr vor-
gelegten Urkunden anzuerkennen habe, der Entscheidung des jeweils
bestehenden Rechtes. Demzufolge schließt es auch die Befugnis der
Behörde nicht aus; im Zweifelsfalle eine Legalisation zu fordern, falls
die Behörde nicht, was ihr ebenfalls offen steht, etwa der eigenen Fest-
stellung, ob die Urkunde für echt gelten könne, den Vorzug gibt.
Unter inländischen Behörden sind alle Behörden des Reiches oder
der einzelnen Bundesstaaten zu verstehen, gleichviel, ob sie im In= oder
im Auslande ihren Sitz haben (s. die Motive).
Vocd, Staatsrecht.
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