XXXI. Abschnitt.
Das bürgerliche Recht.
J. Betreff der Kompetenz des Reiches hinsichtlich des bürgerlichen
Rechts bestimmte die Reichs-Verfassung in Art. 4 Ziff. 13, daß
dem Reiche nur die gemeinsame Gesetzgebung über das Obligationenrecht,
das Handels= und Wechselrecht zustehe. In Anbetracht jedoch der Ent-
wicklung des Einheitsgedankens wurden in den Jahren 1867 (Sten. Bericht
S. 234), 1871, 1872 und 1873 im Reichstag Anträge auf Erweiterung
der Reichskompetenz gestellt und angenommen. Der Bundesrat stimmte
diesen Anträgen zu und am 13. Dezember 1873, S. 379, erging das
Gesetz betreffend die Abänderung der cit. Ziff. 13 dahin, daß das ge-
samte bürgerliche Recht der Reichsgesetzgebung und Beaussichtigung
seitens des Reiches unterliege.
Die Regierung setzte in der Folge eine besondere Kommission zur
Ausarbeitung eines allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches ein und am
18. August 1896, S. 195, wurde das Bürgerliche Gesetzbuch als
Reichsgesetz erlassen, das das gesamte bürgerliche Recht behandelt.
Ausgenommen wurde das Wechselrecht und das Handelsrecht. An
Stelle des bisherigen Handelsgesetzbuches ist indessen am 10. Mai 1897,
S. 437, ein neues sich an das Bürgerliche Gesetzbuch anschließendes
Handelsgesetzbuch ergangen. Als Ergänzung des Bürgerlichen Gesetz-
buches erschienen: das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die
Zwangsverwaltung vom 24. März 1897, S. 139, die Grundbuch-
ordnung vom gleichen Tage, das Gesetz betr. die Angelegenheiten der
freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Mai 1898, S. 371. Das Ver-
lagsrecht ist durch Gesetz vom 19. Juni 1901 S. 217 und das Ver-
sicherungsrecht durch Gesetz vom 12. Mai 1901 S. 139 geregelt worden.
Das bürgerliche Recht wird in den Motiven als der Inbegriff
derjenigen Normen bezeichnet, welche die den Personen als Privat-
personen zukommende rechtliche Stellung und die Verhältnisse, in welchen
die Personen als Privatpersonen unter einander stehen, zu regeln be-
stimmt sind. Das Bürgerliche Gesetzbuch ist also ausschlietzlich privat-
rechtlichen Inhalts und deshalb hier nicht zu behandeln.