Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

II. Abschnitt: Die Verf.-Urkunde des Deutschen Reiches. 37 
unter III § 5 dieses Vertrags erst mit dem 1. Januar 1872 in Wirk- 
samkeit treten, wird der Ertrag der im Art. 35 bezeichneten gemeinschaft- 
lichen Abgaben für das Jahr 1871 nicht zur Bundeskasse sichen, sondern 
der Staatskasse Bayerns verbleiben, dagegen aber der Beitrag Bayerns 
zu den Bundesausgaben durch Matrikularbeiträge aufgebracht werden. 
V. 
Diejenigen Vorschriften der Verfassung, durch welche bestimmte Rechte 
einzelner Bundesstaaten in deren Verhältnis zur Gesamtheit festgestellt 
sind, insbesondere, soviel Bayern angeht, die unter Ziffer III dieses Ver- 
trags ausgeführten Bestimmungen können nur mit Zustimmung des be- 
rechtigten Bundesstaates abgeändert werden. 
Schlußprotokoll. 
Vom 23. November 1870.7 
Bei der Unterzeichnung des Vertrages über den Abschluß eines 
Verfassungsbündnisses zwischen Sr. Mojestt= dem König von Preußen 
namens des Norddeutschen Bundes und Sr. Majestät dem König von 
Bayern sind die Bevollmächtigten noch über nachstehende vertragsmäßige 
Zusagen und Erklärungen übereingekommen: 
1 
Es wurde auf Anregung der Königlich Bayerischen Bevollmächtigten 
von Seite des Königlich Preußischen Bevollmächtigten anerkannt, daß, 
nachdem sich das Gesetzgebungsrecht des Bundes bezüglich der Heimats- 
und Niederlassungsverhältnisse auf das Königreich Banern nicht erstreckt, 
die Bundes-Legislative auch nicht zuständig sei, das Verehelichungswesen 
mit verbindlicher Kraft für Bayern zu regeln, und daß also das für den 
Norddeutschen Bund erlassene Gesetz vom 4. Mai 1868, die Aufhebung 
der polizeilichen Beschränkungen der Eheschließungen betreffend, jedenfalls 
nicht zu denjenigen Gesetzen gehört, deren Wirksamkeit auf Bayern aus- 
gedehnt werden könnte. 
II. 
Von Seite des Königlich Preußischen Bevollmächtigten wurde an- 
erkannt, daß unter der Gesetzgebungsbefugnis des Bundes über Staats- 
bürgerrecht nur das Recht verstanden werden solle, die Bundes= und 
Staatsangehörigkeit zu regeln und den Grundsatz der politischen Gleich- 
berechtigung aller Konfessionen durchzuführen, daß sich im Uebrigen diese 
Legislative nicht auf die Frage erstrecken solle, unter welchen Voraus- 
setzungen jemand zur Ausübung politischer Rechte in einem einzelnen 
Staate befugt sei. 
III. 
Die Bevollmächtigten kamen dahin überein, daß in Anbetracht der 
unter Ziffer I. statuierten Ausnahme von der Bundes--Legislative der 
Gothaer Vertrag vom 15. Juli 1851 wegen gegenseitiger Uebernahme der 
Ausgewiesenen und Heimatslosen, dann die sogenannte Eisenacher Kon- 
vention vom 11. Juli 1853 wegen Verpflegung erkrankter und Beerdigung 
verstorbener Unterthanen für das Verhältnis Bayerns zu dem übrigen 
Bundesgebiete fortdauernde Geltung haben sollten.
	        
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