648 Dritter Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts.
Der Reichs-Festungs-Baufonds.
Aus den nach dem Reichsgesetz vom 8. Juli 1872 (Reichsgesetzblatt
S. 289.) Art. VI Abschn. 3 reservierten 1½ Milliarden Franken der von
Frankreich zu zahlenden Kriegskosten-Entschädigung war ein Betrag von
510 Millionen Mark zur zeitgemäßen Umgestaltung und Ausrüstung
der Festungen Köln, Koblenz, Mainz, Rastatt, Ulm, Ingolstadt, Spandau,
Küstrin, Posen, Thorn, Danzig, Königsberg, Glogau, *⅜ri5J Memel,
illau, Kolberg, Swinemünde, Stralsund, Friedrichsort, Sonderburg-
üppel, Wilhelmshaven, sowie die Befestigungen der unteren Weser
und der unteren Elbe ausgeschieden worden. (Art. 1 des Gesetzes vom
30. Mai 1873 S. 123.)
Von dieser Summe wurden dem Reichskanzler für die Jahre 1873
und 1874 19 Millionen Taler zur Verfügung gestellt. Die für die
folgenden 10 Jahre zu verwendenden Beträge wurden in tie Reichs-
haushalts-Etats der betreffenden Jahre aufgenommen. (Art. II.
Der im Artikel 1 bezeichnete Betrag wurde, abzüglich derjenigen
19 Millionen, welche zur Verwendung für die Jahre 1873 und 1874
bestimmt worden sind, bis zum 1. Juni 1875 als ein besonderer Fonds
unter dem Namen „Reichs-Festungs-Baufonds" nac Maßgabe
des Gesetzes über den Reichs-Invalidenfonds vom 23. Mai 1873 zinsbar
angelegt und von der Verwaltung des Reichs-Invalidenfonds unter der
oberen Leitung des Reichskanzlers und unter der Kontrolle der Reichs-
Schuldenkommission verwaltet. Der Reichs-Festungs-Bauonds darf
jedoch nicht in Schuldverschreibungen deutscher kommunaler Korpora-
tionen angelegt werden, während auch über den 1. Juli 1876 hinaus
dessen Anlage in Schuldverschreibungen außerdeutschen Staaten, in
Schatzanweisungen des Reichs oder eines Bundesstaates. sowie in
Prioritäts-Obligationen deutscher Eisenbahngesellschaften zulässg ist. Der
durch § 4 des erwähnten Gesetzes vorgeschriebene Gewahrsam ist für
den Reichs-Festungs-Baufonds besonders anzulegen. Eine Außerkurs-
sütm der für diesen Fonds erworbenen Schuldverschreibungen findet
nicht statt.
Die durch Artikel 1 auf den Reichs-Festungs-Baufands ange-
wiesenen Ausgaben werden ausschließlich durch Flüssigmachhung von
Kapitalbeständen bestritten und ist alljährlich im Reichshaushalts-Etat
derjenige Betrag in Einnahme vorzusehen, welcher zu dieem Zwecke
für das Jahr flüssig zu machen ist.
Die Zinseinnahmen des Fonds, welche für jedes Ichr zu ver-
anschlagen und auf den Reichshaushalts-Etat zu bringen snd, dienen
nach Maßgabe der letzteren zur Bestreitung der gemeinschafflichen Aus-
gaben. (Art. II)
Im Falle der Erweiterung der Umwallung einer de: im Art. 1
genannten deutschen Reichsfestungen ist der Verkaufserlös der hierdurch
entbehrlich werdenden, im Besitz der Militärverwaltung befindlichen
Grundstücke zu den Kosten der Erweiterung zu verwenden, und zwar